Der Turn- und Sportverein (TuS) 1945 bis 1956

Der größte und wichtigste Verein in Fürstenfeldbruck in den Jahren 1945 bis 1990 war der Turn- und Sportverein Fürstenfeldbruck. Gegründet im Jahr 1885, erlebte der Verein in der NS-Zeit einen relativen Niedergang und Bedeutungsverlust, obwohl Sport in der Ideologie der Nationalsozialisten eine wichtige Rolle spielte. Unmittelbar nach Kriegsende mussten die Schützen des TuS ihre Waffen abgeben. Am Ende des Jahres 1945 erteilte die amerikanische Militärregierung der „Turn- und Sportgemeinschaft“ die erneute Erlaubnis zur Aufnahme der Vereinstätigkeit. Zur gleichen Zeit erhielt der Verein seinen bis heute gültigen Namen: Turn- und Sportverein. Im November 1945 bestand die Fußballabteilung bereits wieder aus sieben Mannschaften mit 77 Spielern, es herrschte jedoch ein Mangel an entsprechender Sportkleidung.

Das Vereinsleben nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erwachte erst allmählich wieder und war von der materiellen Not der Nachkriegszeit geprägt. Der politisch unbelastete Zahnarzt Ferdinand Stanglmaier übernahm die Leitung des Vereins, im Jahr 1946 übernahm Willi Rollenmüller die Vereinsleitung. Der Verein musste sich auch mit der Rolle seines Vorsitzenden Leonhard Plonner in der NS-Zeit auseinandersetzen, denn Karl Sporrer bezeichnete Plonner im Januar 1946 als absoluten Nazi-Aktivisten. Im August 1946 schrieb der 2. Bürgermeister Michael Neumeier Leonhard Plonner an und teilte ihm mit, dass ihm auf Anordnung der amerikanischen Militärregierung ab sofort jegliche Tätigkeit innerhalb des Turn- und Sportvereins untersagt war. Die Stadt Fürstenfeldbruck unterstützte den Verein in der Nachkriegszeit mit bescheidenen Mitteln, so wurden dem TuS von der Stadtverwaltung und von den Stadtwerken im Juni 1946 je 100 RM zur Beschaffung von Ehrenpreisen für die Leichtathletik-Bezirks- und Stadtmeisterschaften zur Verfügung gestellt. Im November 1946 erklärte sich die Stadt mit dem Vorschlag des TuS zur Vergrößerung des Sportplatzes an der Schöngeisingerstraße auf die Größe einer normalen Anlage mit einer 400-Meter-Aschenbahn einverstanden. Im Juni 1948 führte der TuS ein Rad-Rundstreckenrennen durch, an dem die Münchner und Augsburger Spitzenklasse teilnahm. Im August 1949 ersuchte der TuS den Stadtrat um Überlassung eines Sportplatzes an der Jahnhalle, der Stadtrat gab dem Gesuch statt und stellte dem Verein das städtische Grundstück im unmittelbaren Anschluss an die Molkerei zur Verfügung, der Platz wurde bis auf weiteres und kostenlos überlassen. Im Februar 1949 bat der TuS den Stadtrat, ihm bei der Beschaffung eines Sportplatzes behilflich zu sein, nachdem durch den Ausbau des Obermühlprojektes der Verein seinen angestammten Sportplatz verloren hat. In den letzten Monaten hatte der TuS Gastrecht beim Sportclub (SC) gefunden, dort war jedoch nach Auffassung des TuS die Platzmiete kaum erschwinglich, deshalb bat der TuS die Stadt, das unmittelbar hinter der Jahnhalle liegende Gelände zur Ausübung seines Spielbetriebes pachtweise benutzen zu dürfen.

Im Jahr 1949 konnte die Jahnhalle zudem wieder als Übungsstätte des TuS benutzt werden, der TuS durfte die Jahnhalle an drei von fünf Werktagen benutzen, die anderen beiden Tage waren dem Box-Club Piccolo und der German-Youth-Association-Basketballabteilung vorbehalten. In diesem Jahr bestand die neue Vorstandschaft aus Anton Ertl und Georg Heid, Schriftführer war der städtische Angestellte Max Buchwieser, Hauptsportwart sowie Festwart war Hermann Grischy und das Amt des Kassenwarts übte Martin Spannagl aus. Zu dieser Zeit hatte der TuS die Abteilungen Turnen, Leichtathletik, Handball, Schwimmen und Radsport, dort war Hans Dillitzer technischer Leiter. Im Dezember 1949 nahm der TuS das Kinderturnen wieder in sein Winterprogramm auf. In der Nachkriegszeit verdankte der TuS seinen Wiederaufstieg engagierten Vereinsmitgliedern wie beispielsweise Toni Ertl, Hermann Grischy, Martin Spannagl, Paula Reumschüssel, Anni Heid, Anni Velten, Hans Dillitzer, Max Buchwieser, Robert Rüd, Ludwig Keller, Gustl Skoff und Karl Glück. Im Frühjahr 1950 gab das Landratsamt die Anlage an der Schöngeisinger Straße für die geplante Erweiterung des Sportplatzes frei und der TuS bekam vom Bayerischen Sportverband die Zusage eines Zuschusses aus Mitteln des Bayerischen Fußball-Totos, daraufhin wurde das Sportplatzprojekt beim Jugendheim verwirklicht. Im August 1950 feierte der TuS sein 65jähriges Bestehen, zu diesem Anlass richtete der Verein auch das Amper-Würm-Bezirksturnfest aus, teilnehmende Vereine waren beispielsweise der TV Alling, der TV Emmering, der TSV Moorenweis und der TV Olching, hinzu kamen Vereine aus Landsberg, Diessen, Herrsching, Gauting, Starnberg, Berg, Wolfratshausen und Penzberg. An den Wettkämpfen beteiligten sich über 400 Turnerinnen und Turner. In diesem Jahr 1950 wurde auch eine Basketballabteilung gegründet. Im Januar 1951 wurde die Schützenabteilung des TuS, die im Jahr 1939 gegründet worden war, wieder gegründet. Eines der bekanntesten Vereinsmitglieder war Robert Rüd, der u.a. zweimaliger Deutscher Polizei-Zehnkampfmeister war und im Jahr 1950 als Betreuer der Leichtathletikmannschaften fungierte. Weitere über die Grenzen der Stadt hinaus bekannte Vereinsmitglieder waren die Turnerin Helma Brandner und der mittlerweile 60 Jahre alte Radsport-Altmeister Hans Dillitzer. Im Juni 1951 erklärte sich der Stadtrat damit einverstanden, dass das durch die am 1. Juli erfolgende Auflösung des GYA (German-Youth-Association) freiwerdende Jugendheim an der Schöngeisinger Straße dem TuS und dem Kreisjugendring zur Weiterverwendung an die organisierte und nichtorganisierte Fürstenfeldbrucker Jugend zur Verfügung gestellt wird. Hierzu gab es im Stadtrat vorher eine kontroverse Debatte, da sich auch beispielsweise das Arbeitsamt und das Rote Kreuz um die Zuteilung von Räumen in dem freiwerdenden Jugendheim beworben hatten. Am 31. August erfolgte dann die Heimübergabe der Stadt an den TuS.

Ab dem 1. Juli 1951 war der TuS wieder im Besitz seines eigenen Sportplatzes „Auf der Lände“. Im November 1952 hielt der TuS eine Gedenkfeier für Friedrich Ludwig Jahn ab. Jahn setzte sich jedoch nicht nur für Einheit, Freiheit und Vaterland ein, er war auch ein früher Antisemit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. „Mit seinen Werken „Deutsches Volkstum“ und „Deutsches Turnen“ offenbarte Jahn sein völkisches Denken und war zugleich Begründer der deutschen Turnersprache“. Im November 1952 hielt der TuS seine Jahreshauptversammlung ab, von den 450 Vereinsmitgliedern waren 150 Mitglieder erschienen, ein Vertreter der Stadt fehlte. Im Jahr 1952 hatte Fürstenfeldbruck 12461 Einwohner, etwa jeder 28. Einwohner war also Mitglied des Turn- und Sportvereines. Im November 1953 wurde Georg Heid zum Hauptvorstand gewählt und hatte dieses Amt bis in das Jahr 1962 inne. Die TuS-Mitglieder wählten den Stadtrat Fridolin Brück zum 1. Vorsitzenden und Gustl Skoff zum 2. Vorsitzenden, Hauptsportwart wurde Martin Spannagl, zum Kassier wurde Fritz Reumschüssel, zum 1. Schriftführer Max Buchwieser, zum Jugendwart Matthias Müller und Heckel zum Pressewart gewählt. Im Jahr 1955 wurde der TuS anlässlich seines 70jährigen Bestehens und anlässlich des 10jährigen Jubiläums des Bayerischen Landessportverbandes ausgewählt, als federführender Verein ein großes Sportfest auszurichten, das Kreis-Turn- und Sportfest Oberbayerns. Mehr als 5000 Turner und Sportler aus 16 Fachverbänden trugen die Wettbewerbe in Fürstenfeldbruck aus, dies war das größte sportliche Ereignis in der Geschichte der Stadt. Im Jahr 1955 hatte der TuS die Abteilungen Turnen, Faustball, Leichtathletik, Handball, Basketball, Schwimmen, Schießen und Radsport. Im September 1955 wurde das Schul- und Kinderturnen in das Sportprogramm des TuS aufgenommen, 500 Kinder folgten dem ersten Aufruf. Im Jahr 1956 hatte der Verein 200 aktive und jugendliche Mitglieder sowie 500 Buben und Mädchen.

Bei dem Text handelt es sich um einen Auszug aus dem Buch „Fürstenfeldbruck 1945 bis 1990. Von der Kleinstadt zum Mittelzentrum“, das kürzlich erschienenen und unter anderem im Rathaus für 39,30 Euro erhältlich ist.

Dr. Gerhard Neumeier
Stadtarchivar




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