Aus dem Stadtrat vom 23. Juni 2020

Stadt muss rund zehn Millionen Euro Defizit stemmen

Aufgrund der Corona-Pandemie muss die Stadt deutlich den Rotstift bei ihren Ausgaben ansetzen. In der Juni-Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses votierten dessen Mitglieder einstimmig für das von der Finanzverwaltung vorgelegte Einsparungskonzept, das Diskussionsgrundlage für den Nachtragshaushalt ist, der Ende August beraten und beschlossen werden soll.

Laut der aktuellen Hochrechnung des Arbeitskreises Steuerschätzung der Bundesregierung sinken die Steuereinnahmen gegenüber der Prognose vom Herbst 2019 dramatisch. Trotz einiger Unwägbarkeiten wie Ausgang und Dauer der Pandemie und deren weltweiten finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf die deutschen Staatseinnahmen rechnet die Stadt allein für das laufende Jahr mit Steuerausfällen von rund 9,3 Millionen Euro. Hinzu kommen die Defizite, die sich aus dem Betriebsverbot beziehungsweise die Einschränkungen beim Veranstaltungsforum und bei der VHS ergeben. Bislang geht das Veranstaltungsforum von einer Erhöhung des von der Stadt zu tragenden Ausgleichs in Höhe von rund 446.000 Euro aus. Je nachdem wie es mit dem Veranstaltungsbetrieb für das restliche Jahr weitergeht, könnte das Defizit nochmals weiter steigen. Ein Gegenmittel wäre laut Werksleiter Norbert Leinweber Kurzarbeit. Die Volkshochschule wird  aufgrund der Corona-Auflagen für das Wirtschaftsjahr 2020/ 2021, das am 1. September beginnt, einen Zuschuss von 210.000 Euro benötigen. Somit beträgt die voraussichtliche Finanzierungslücke im städtischen Haushalt rund zehn Millionen Euro.

Eine Haushaltssperre soll unbedingt vermieden werden, um die Handlungsfähigkeit der Stadt zu erhalten und die heimische Wirtschaft über städtische Aufträge weiterhin bestmöglich stärken zu können. Dieses Ziel soll gemäß dem Vorschlag der Verwaltung in erster Linie durch Verschiebung beziehungsweise Auslagerung von Investitionen sowie Kürzungen von Ausgaben, die teils sowieso aufgrund der Corona-Einschränkungen nicht getätigt werden können / konnten, erreicht werden. So können zum Beispiel die Beschaffung eines Großflächenmähers, die Neuanlage von einigen Spielplätzen, die Ausübung von Vorkaufsrechten, die Eissporthalle, der Neubau einer Brücke am Deichensteg, die Umgestaltung des Amperufers oder die Erweiterung der Skateranlage zur Entlastung der angespannten finanziellen Situation verschoben werden. Aus diesem Gesamtpaket ergeben sich Einsparungen in Höhe von rund 8,32 Millionen Euro. 

Ob sich die Senkung der Mehrwertsteuer auf den Haushalt auswirken wird, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden, auch wenn man versuchen wird, die eine oder andere Anschaffung bis Ende des Jahres zu tätigen, um den Steuervorteil mitzunehmen. Eine größere Hoffnung liegt auf dem vom Bund und zuletzt auch vom Freistaat Bayern aufgelegten Hilfspaket für die Kommunen. Beide stellen jeweils zwei Milliarden Euro unter anderem zur Abfederung der Steuerausfälle zur Verfügung. Allerdings ist derzeit der Verteilungsschlüssel für die rund 2.000 bayerischen Kommunen noch nicht klar, ebenso wann das Geld fließen wird. „Wenn wir zwei Millionen Euro bekommen würden, könnten wir sehr zufrieden sein“, so OB Erich Raff (CSU). Kämmerin Susanne Moroff sieht eine zusätzliche Kreditaufnahme als allerletztes Finanzierungsmittel, allein um zukünftige Haushalte, aber auch die nächsten Generationen nicht zu belasten. 

„Die Projekte, die man aus dem Haushalt 2020 heraus nimmt, sollen als erstes in den kommenden Haushalt genommen werden, bevor etwas anderes rein kommt“, betonte Finanzreferent Klaus Wollenberg (FDP). In zahlreichen Gesprächen mit der Verwaltung und den Fraktionsvorsitzenden habe man gemeinsam die rund zehn Millionen Defizit ganz gut gemeistert. „Wir stehen nicht am Abgrund“, konstatierte er. 
Andreas Lohde, CSU-Fraktionsvorsitzender, meinte: „Die Botschaft des Tages muss sein: Die Stadt investiert weiter.“ Auch wenn die Situation mit dem Nachtragshaushalt noch spannend werde.
Da in erster Linie Projekte nur verschoben würden, unterstützte auch Jan Halbauer (Grüne) grundsätzlich den Vorschlag. Man dürfe allerdings bei den Themen Umwelt- und Klimaschutz sowie Mobilität nicht stehen bleiben und bei der Ökologie sparen. Die Planung der Umgestaltung der Oskar-von-Miller-Straße und die Errichtung der Fahrradabstellanlage sollten nach seiner Ansicht auf jeden Fall weiterlaufen.
Dieter Kreis stellte stellvertretend für seine ÖDP-Parteikollegin Alexa Zierl, die nicht Mitglied des Ausschusses ist, aber einen Änderungsantrag eingereicht hatte, unter anderem in Frage, ob sich der Aufwand für den Nachtragshaushalt überhaupt lohne, wenn drei Monate später die Beratungen für den Haushalt 2021 starten. Es sei sinnvoller, im bestehenden Haushalt Prioritäten zu setzen. Auch er meinte, dass bei Klima- und Umweltschutz nicht geschoben, sondern investiert werden solle.
Das bislang rein städtische Bauvorhaben am Sulzbogen könnte in der Beratung zum Nachtragshaushalt noch für Diskussionsstoff sorgen. Karl Danke (BBV) erinnerte an den Stadtratsbeschluss, nach dem die Stadt in Eigenregie plant und baut und nicht – wie nun ins Spiel gebracht – man das Gebäude möglicherweise in Erbpacht vergeben könnte. Dass es beim an sich für heuer geplanten Baubeginn ange-sichts Corona Verzögerungen geben kann, sei für ihn dagegen nachvollziehbar. OB Erich Raff (CSU)  meinte hierzu: „Überlegen darf man ja einmal über eine externe Vergabe des Baus aus finanziellen Gründen, wenn der Rest wie die Belegungsrechte und das Eigentum am Grundstück bei der Stadt bleibt.“ Der Bauplan sei fix und fertig in der Schublade, so dass man grundsätzlich  anfangen könnte.

Im Stadtrat wurde dieses Bauvorhaben von Andreas Rothenberger (BBV) erneut angesprochen. Laut Verwaltung soll das Projekt im nächsten Haupt- und Finanzausschuss gesondert besprochen werden. Ebenfalls thematisiert wurde der Bereich Klimaschutz. Dieser sollte von Änderungen ebenso wie der Ausbau von Fuß-/Radwegen ausgenommen werden, betonte Klimaschutz-Referentin Alexa Zierl (ÖDP). Susanne Moroff, Leiterin des städtischen Finanzmanagements, forderte, hier konkrete Projekte zu benennen. Ob diese finanziert werden könnten, wisse man aber nicht. „So kommen wir nicht weiter“, sagte Philipp Heimerl (SPD) zum Vorstoß von Zierl. Er plädierte dafür, mit Augenmaß vorzu-gehen. „Wir sollten nicht ins Klein-Klein verfallen“, sekundierte Andreas Lohde (CSU). Deutlicher wurde Finanzreferent Klaus Wollenberg (FDP), der Zierl scharf kritisierte und von „Unsinn“ sprach. Das Konsolidierungskonzept sei im Haupt- und Finanzausschuss gut vorberaten worden. Es sei ein politisches Statement, das Zierl fordere, hielt Karin Geißler (Grüne) dagegen. Auch Dieter Kreis (ÖDP) wies Wollenbergs Kritik zurück.
Es gehe darum, die Leistungsfähigkeit der Stadt zu sichern, sagte Jan Halbauer (Grüne) und forderte „argumentatorisch abzurüsten“. Letztlich wurde die Verwaltung einstimmig beauftragt, anhand des vorgelegten Konzeptes einen Nachtragshaushalt zu erstellen. 
OB Erich Raff (CSU) schlug vor, den Nachtragshaushalt nicht im Ferienausschuss, sondern in einer Sondersitzung des Stadtrates zu behandeln, damit mehr Stadträte teilnehmen könnten. Auch den Faktor Zeit hatte er im Blick. Falls die Stadt Kredite aufnehmen müsse, weil doch wieder Wünsche aus dem Gremium kommen, muss das Papier auch noch der Kommunalaufsicht vorgelegt werden. Alexa Zierl (ÖDP) hielt nicht viel von diesem Vorschlag, weil dann womöglich der im Ferienausschuss gegebene Proporz nicht mehr eingehalten werden könnte. Die Mehrheit sprach jedoch für eine Sondersitzung aus. 
 

Petition: Finanzieller Rettungsschirm für Kommunen

Der Oberbürgermeister der Stadt Fürstenfeldbruck soll sich nachdrücklich bei der Staatsregierung für einen finanziellen Rettungsschirm für die Kommunen in Bayern einsetzen. Dies fordern Grüne, CSU und SPD in einem gemeinsamen Antrag. Um dem Anliegen mehr Gewicht zu verleihen, soll eine Peti-tion über den Bayerischen Landtag eingereicht werden. Der Antrag wurde auf Vorschlag von Grünen-Fraktionssprecher Jan Halbauer nachträglich noch auf die Tagesordnung des Stadtrates gesetzt und einstimmig beschlossen.
„Die Kommunen brauchen einen Rettungsschirm, der noch in diesem Jahr zum Tragen kommt, damit sie flächendeckend handlungsfähig bleiben“, begründete das Trio seinen Vorstoß. Kommunen seien als Auftraggeber von Investitionen wichtige Impulsgeber für die Wirtschaft. Sie müssten zahlungsfähig bleiben, damit Investitionen und Projekte nicht auf Eis gelegt werden.
Das Herunterfahren des öffentlichen Lebens, des Handels und der Industrie werde zu Steuerausfällen, insbesondere der Gewerbesteuer, führen, die in den laufenden kommunalen Haushalten nicht mehr ausgeglichen werden können. Zur Vermeidung einer massiven Neuverschuldung seien staatliche Finanzhilfen nötig. Mit der Petition solle jetzt ein Zeichen gesetzt werden, sagte Halbauer im Stadtrat.




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