März 2015 - Schneider und Schuhmacher in der Nachkriegszeit
Schneider und Schuhmacher in der Nachkriegszeit
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war die Erfüllung der Grundbedürfnisse wie Wohnung, Nahrung und Kleidung eine wichtige Aufgabe von Wirtschaft und Politik. Nach den Bäckereien und Metzgereien im letzten Rathaus-Report betrachten wir heute die Schneider und Schuhmacher.
Die Situation der Bekleidungshandwerke 1945 bis 1950
Die Zahl der Schneider und Schuhmacher in Fürstenfeldbruck stieg in den Jahren 1945 bis 1950 im Vergleich zum Jahr 1937 an, nicht zuletzt aufgrund der schlechten Arbeitsmarktsituation in dieser Zeit. Im Jahr 1937 hatte es in Fürstenfeldbruck 39 selbständige Schneider gegeben, darunter beispielsweise Fanny Albertshofer, Maria Glück, Karolina Mall, Rosa Seitz, Wilhelm Imsland und Franz Steinbrecher. Im gleichen Jahr betätigten sich insgesamt 15 Schuhmacher als selbständige Handwerker, zum Beispiel Wilhelm Buck, Hans Hurtner und Josef Scherer. Auch die Fluktuationsintensität nach dem Krieg war hoch. Das Schneiderhandwerk litt in der Nachkriegszeit stark unter der Konkurrenz der kostengünstigeren Konfektionsware. Sowohl Schneider als auch Schuhmacher setzten ihre Produkte vorwiegend an private Haushalte ab. In beiden Handwerkszweigen war der Anteil des Handelsumsatzes am handwerklichen Gesamtumsatz vergleichsweise hoch. Technische Rationalisierungen spielten bei den Schneidern und Schuhmachern in diesem Zeitraum eine geringe Rolle, auch der Anteil der Motorenbetriebe war ebenfalls vergleichsweise gering. Auffällig war auch der hohe Anteil an Ein-Personen-Betrieben, bei den Schneidern war dies noch ausgeprägter als bei den Schuhmachern. Beide Handwerkszweige hatten vergleichsweise keine hohe Kapitalintensität.
Die Schneider
Im Jahr 1950 gab es in Fürstenfeldbruck 27 Damenschneidereien, 20 Schneidereien, eine Herrenschneiderei, eine Maßschneiderei und eine Flickschneiderei, insgesamt waren dies 50 selbständige Schneidereien, eine große Zahl. Der Anteil der Frauen war im Vergleich zu allen anderen Handwerken sehr groß. Das Bekleidungshandwerk war eine Domäne der Frauen. Eine Damenschneiderei betrieben beispielsweise Melanie Miller in der Angerstraße 33, Thea Probst in der Augsburgerstraße 11, Edith Richter in der Dachauerstraße 40, Frieda Hoffmann in der Feuerhausstraße 1, Ani Herkommer in der Holzstraße 20, Josefa Gauland in der Josef-Spitalstraße 9 und Elisabeth Heinzinger in der Kapuzinerstraße 5. Schneidereien betrieben z. B. Walter Kiefer in der Aicherstraße 14, Josef Manhart in der Augsburgerstraße 7, Ladislaus Wolf in der Kapuzinerstraße 15 Wilhelm Kontusch in der Kirchstraße 2, Benno Zotz in der Maisacherstraße 64 und Georg Stimpfl in der Röntgenstraße 5. Die Schneidereien waren über das ganze Stadtgebiet verteilt, Schwerpunkte waren die Augsburgerstraße, die Kapuzinerstraße, die Maisacherstraße und die Schöngeisingerstraße. 46 Prozent der Schneider/innen bezahlten im Jahr 1950 keine Gewerbesteuer, bei diesen Betrieben ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass es sich um Ein-Personen-Betriebe handelte. Die Einkommen vieler Schneider/innen lag also unter dem Einkommen der abhängig beschäftigten gelernten Arbeitern und Handwerkern, dies betraf vor allem die Frauen. Die Schneidereien mit den höchsten Gewerbesteuerzahlungen waren Josef Manhart (310 DM), Jan Knape (216 DM) und August Schwarz (120 DM). Auch diese Schneidereien hatten höchstens 1-2 Beschäftigte. Im Vergleich zu den Bäckereien (Durchschnittliche Gewerbesteuerzahlung im Jahr 1950: 1371,5 DM) und den Metzgereien (526,7 DM) war die ökonomische Lage der Schneider deutlich schlechter. Die Ertragssituation bei den einzelnen Handwerkszweigen war also sehr unterschiedlich. Dies spiegelt auch die Bedürfnislage der Bevölkerung wider, denn das Essen hatte in der Mangelsituation der Nachkriegszeit einen deutlich höheren Stellenwert als Kleidung. Walter Kiefer wurde in Breslau geboren (3. Juli 1921), Thea Probst war aus Fürstenfeldbruck (5. August 1908), Rosa Bosch stammte aus Schönhofen (20. September 1878), Stefan Oswald war gebürtig in Emmering (12. April 1902), Anni Herkommer wurde in Dünzelbach geboren (23. März 1918), Hermann Hausdorf stammte aus Ottendorf/CSR (18. April 1906), Hella Märkl wurde in Würzburg geboren (24. September 1921) und Anna Scherer war gebürtig in Fürstenfeldbruck (3. Juli 1891). Das Schneiderhandwerk gehörte zu denjenigen Handwerkszweigen, in denen sich Flüchtlinge häufig selbständig machten, ein Grund hierfür war der vergleichsweise geringe Kapitalbedarf bei der Betriebsgründung Auffällig war, dass viele Schneiderinnen sehr jung selbständig waren. Die meisten von ihnen waren zudem ledig und mussten ihren Lebensunterhalt alleine bestreiten. Wie dies angesichts der nicht vorhandenen oder sehr geringen Gewerbesteuerzahlungen gegangen ist, bleibt ein Forschungsdesiderat.
Die Schuhmacher
Im Jahr 1950 existierten in Fürstenfeldbruck 15 Schuhmachereien und drei Schuhgeschäfte. Dies waren beispielsweise Johann Schöpf in der Augsburgerstraße 26, August Skoff in der Dachauerstraße 21, Friedrich Hoch in der Goethestraße 1, Max Brunner in der Hauptstraße 1 a, Josef Steinhauser in der Hauptstraße 33, Oskar Popp in der Kirchstraße 1, Benno Hirschbein in der Maisacherstraße 6, Konrad Englschalk in der Pucherstraße 3, Georg Vogg in der Pucherstraße 32, Franz Buck in der Schöngeisingerstraße 25 und Johann Pleil (Schöngeisingerstraße 25). Die durchschnittliche Höhe der Gewerbesteuerzahlung im Jahr 1950 betrug 26,8 DM, lag also ein wenig über der durchschnittlichen Gewerbesteuerzahlung der Schneider. Die Mehrzahl der Schuhmacher waren also ebenfalls Ein-Mann-Betriebe. Somit waren die Schuhmacher genau wie die Schneider zu denjenigen Handwerkszweigen zu rechnen, die vergleichsweise schlecht verdienten. Auch bei den Schuhmachern gab es sehr viele Personen, die entweder keine oder nur eine geringe Gewerbesteuerzahlung leisten konnten. Die höchsten Gewerbesteuern zahlten Max Brunner (1063 DM), Franz Buck (225 DM) und Konrad Englschalk (150 DM). Robert Barthel wurde in Laufen geboren (11. September 1897), Alfons Hillebrand erblickte in Lana das Licht der Welt (8. August 1890), Max Brunner stammte aus Tunzenberg/Niederbayern (25. Januar 1890), Josef Steinhauser wurde in Wangen geboren (22. August 1890), Oskar Popp war gebürtig in Berlin (21. November 1907), Franz Lemke stammte aus Stojentin/Pommern (5. August 1906), Georg Vogg wurde in Schönenberg/Günzburg geboren (17. Januar 1914), Wilhelm Buck war aus Fürstenfeldbruck (26. Mai 1901) und Johann Pleil stammte aus Oberhals/CSR (11. August 1903). Auch die selbständigen Schuhmacher gehörten zu denjenigen Handwerksbetrieben, in denen vergleichsweise häufig Flüchtlinge vertreten waren, deren Leistung ist umso höher einzuschätzen. Das selbständige Schuhmacherhandwerk in Fürstenfeldbruck war ausschließlich männlich geprägt.
Fazit
Die ökonomische und soziale Lage der meisten selbständigen Schneider und Schuhmacher in Fürstenfeldbruck in der Nachkriegszeit war schlecht oder sehr schlecht. Dies lag vor allem daran, dass diese Handwerkszweige am unteren Ende der Bedürfnispyramide der Bevölkerung standen, Nahrung und Wohnung hatten Vorrang. Außerdem waren beide Handwerke übersetzt, d. h. es gab zu viele Betriebe für eine zu geringe Nachfrage.