Meine Raucherkarriere begann im Emmeringer Hölzl

Wir Kinder von der „Kern Siedlung“ (äußere Stadelberger Straße, Dirnaglstraße, äußere Feldstraße und Apotheker Gelb Straße) verbrachten unsere Freizeit in den warmen Monaten des Jahres im Emmeringer Hölzl. Bis Ende des Zweiten Weltkrieges, kannten wir weder Tagesausflüge noch Urlaubsaufenthalte an Ferienorten.

Am Amper-Ufer schlang sich eine ganz bestimmte Pflanze an Sträucher und Bäumen empor, deren Namen wir nicht, aber deren Eigenart wir kannten. Bei den im Winter abgestorbenen Trieben umschlang eine harte Schale den schwammartigen, porösen Kern. Die ehemalige Saftbahn in der Mitte des Kerns wirkte wie eine Luftröhre. Wir schnitten einen Stängel auf Zigarettenlänge ab und entzündeten den dürren Kern mit einem Zündholz. Den Rauch zogen wir durch den mittleren Luftkanal ein und genossen ihn. Es war für uns die einzige Art zu rauchen, denn Zigaretten und Tabak waren Mangelware und selbst für Erwachsene nur schwer zu „organisieren“. Es hatte für uns den großen Vorteil, dass diese Art von Zigaretten ausreichend zur Verfügung stand und unsere Eltern davon nichts merkten, denn deren Strafen für unsere Missetat hätten wir, bei den damaligen Erziehungsmethoden, körperlich schwer zu spüren bekommen.

Nach Kriegsende änderte sich unsere Raucherei grundlegend. Die amerikanischen Besatzungssoldaten waren starke Raucher und hatten Zigaretten im Überfluss. Da es noch keine Filterzigaretten gab, rauchten sie die Zigarette, aus gesundheitlicher Vorsicht, nicht ganz zu Ende, sondern warfen etwa das letzte Viertel der Zigarette samt Glut weg. Diese Stummel, von uns Hugo genannt, sammelten wir mit großem Eifer. Die Glut zerdrückten wir, entnahmen den Tabak und trockneten ihn. Dann drehten wir uns mit Zeitungspapier eine Zigarette und rauchten diese. Natürlich waren wir außerstande unsere Hände im Zaum zu halten, wenn wir an einem Jeep vorbei gingen, in dessen offenem Handschuhfach eine Zigarettenschachtel lag.
 

Wir Gymnasiasten mussten zur Schule nach München fahren. Damals ging nur früh ein Zug dorthin und am Abend einer zurück. Wenn der Zug aus Geltendorf in Bruck ankam, war er natürlich schon übervoll. Uns blieben nur Trittbretter und Puffer. Bevorzugt war bei uns das Bremserhäusl, an der Stirnseite eines Wagons. Darin konnten wir ungestört rauchen. Wir jugendliche Raucher waren so eingebildet, dass wir glaubten, aus unserem Bremserhäusl würde es stärker rauchen, als aus dem Kamin der Dampflok.

Als die Besatzungssoldaten ihre Familien nachholten und sich mit diesen in die von ihnen beschlagnahmten Siedlungen zurückzogen, versiegte für uns auch die Hugo-Quelle. So war ich wieder einmal ohne Tabak. Da holte ich mir von der Tabakpflanze unseres Mieters im Garten das unterste, schon braune Blatt, zerrieb und rauchte es in meiner Pfeife. Das bekam mir aber schlecht. Mir wurde hundeübel, ich schwitzte und kam vor Angst fast um, denn jeden Augenblick konnte die Mutter heimkommen. Oh je, dann wäre es mir erst schlecht ergangen. Glück muss der Mensch haben. Meine Mutter verspätete sich und kam erst, als ich alle Spuren meiner Übelkeit beseitigt hatte. Das war das Ende meiner jugendlichen Raucherkarriere.






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