Diese Ministranten!

Am 1. Mai 1944 wurde ich als Ministrant in der Pfarrkirche St. Magdalena in Bruck aufgenommen. Eine der beiden in der Stadt verbliebenen Maria Ward Schwestern war Sakristanin, Mesner Asam war Soldat. Sie lehrte uns die lateinischen Antworten des Ministranten bei der Messfeier. Der Altardienst war hierarchisch eingeteilt. Unterste Stufe: ministrieren beim Rosenkranz. Nach dem Einzug begann der Priester das Rosenkranzgebet, die Gläubigen setzten es fort und er ging in den Beichtstuhl. Wir armen Teufel, natürlich keine Ahnung von dem Rosenkranzgebet, mussten eine halbe Stunde untätig an den Altarstufen knien – stinklangweilig. Was Wunder, dass wir uns gegenseitig mit Grimassen bedachten. Wir fanden das lustig und zum Lachen, nicht aber die Beter in den ersten Bankreihen. Sie zeigten uns natürlich beim Priester an, auf uns prasselte dann eine Donnerwetter herab, nicht nur in Worten.

Höchste Stufe war das Tragen und Schwingen des Weihrauchfasses. Natürlich gab es keine spezielle Weihrauchkohle wie heute, sondern nur Holzkohle. Die musste kurz vor dem Auftritt noch einmal kräftig geblasen werden, dass die Glut nicht erlosch. Nicht selten warf ein Witzbold dem Rauchfassträger dabei einige grüne Lorbeerblätter auf die Glut. Der konnte sie nicht mehr entfernen, denn sein Auftritt war gefragt. Wenn er dann vor dem Altar kräftig sein Rauchfass schwang barsten in der Hitze die Saftbahnen der Blätter. Das knallte, so schön, sehr zum Unwillen des Zelebranten. Auch hier folgte dann in der Sakristei das schon gewohnte Donnerwetter.

Zu dieser Zeit fanden noch öfters Prozessionen in der Kirche statt. Dabei mussten die zwei unmittelbar vor der Geistlichkeit gehenden Ministranten läuten; das aber in andächtigen, gebührenden Abständen. Einmal war mir das zu langweilig und ich läutete in immer kürzerem Abstand auf den Anderen, der es mir gleichtat. Beim Auszug mussten wir vor der Sakristeitüre Spalier stehen für die Priester. Kaplan Metzger war wegen der „Bimmlerei“ wütend auf mich. Er schlug mir seine, schon gelöschte Kerze, so heftig auf den Kopf, dass sie entzwei brach – sehr zum Missfallen der Sakristanin.

Im Krieg mussten auch die Bronzeglocken von St. Magdalena abgenommen und abgeliefert werden. Dazu wurde ein großes Loch in den Turm geschlagen und die Glocken per Seilzug heruntergelassen. Das Loch blieb unverschlossen. Wenn wir entdeckten, dass die Türe zum Turmaufgang unverschlossen war, schlichen wir uns hinauf bis zum Loch und bewarfen die Passanten unten mit kleinen Steinchen, die am Loch lagen. Es dauerte oft geraume Zeit, bis jemand uns Übeltäter entdeckte. Zwar rasten wir sofort hinab, aber nicht schnell genug. An der Türe wartete schon das gewohnte Donnerwetter auf uns.

In der Aufzugstüre an der Nordfassade von St. Magdalena stand bis in die 70er Jahre die Figur des Salvator mundi, die jetzt in der Kirche gegenüber der Kanzel inmitten der Apostel steht. Wieder einmal war die Tür zum Turmaufgang unverschlossen. Diesmal erkundeten wir den Kirchenspeicher und kamen bis zu der Aufzugstür. Wir konnten sie nicht öffnen, weil uns daran eine Flügelschraube an einem Gewinde hinderte. Einer entfernte sie und schob das Gewinde langsam durch die Türe, die ein anderer vorsichtig öffnen wollte, da sah er zum Glück, dass an der Eisenstange mit dem Gewinde die Christusfigur       befestigt war, die schon bedenklich wackelte und hinab zu stürzen drohte. Gott sei Dank gelang es, die Stange fest zu halten, die Türe wieder zu schließen und die Flügelschraube aufzudrehen. Diesmal hätte der Scherz großen Schaden verursacht.






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