Oktober 2016: Die Marthabrauerei 1945 – 1980

Brauereien spielten in Fürstenfeldbruck vom 16. bis 19. Jahrhunderte eine dominierende Rolle im Wirtschaftsleben. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs existierte nur noch die Marthabrauerei. Heute soll es um deren Entwicklung nach 1945 bis zur Übernahme durch die Schlossbrauerei Kaltenberg im Jahr 1980 gehen.


Gründung und die Familie Mayr

Die Marthabrauerei wurde im Jahr 1573 am Marktplatz, der heutigen Hauptstraße, gegründet. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts war sie im Besitz der Familie Mayr. Heinrich Mayr war bestrebt, die Brauerei technisch auf dem neuesten Stand zu halten, so beantragte er im Jahr 1892, den Jungbräukellersaal mit Bogenlampen elektrisch auszustatten. Das Hauptabsatzgebiet der Marthabrauerei erstreckte sich im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert auf den Landkreis Fürstenfeldbruck. Nach dem Tod von Heinrich Mayr im Jahr 1901 ging die Brauerei an seine Ehefrau Julie Mayr über, nach deren Tod 1916 übernahm die Tochter Julie die Geschäfte. In den Jahren der Weimarer Republik folgten die Beschäftigtenzahlen den gesamtwirtschaftlichen Zyklen der ersten Demokratie in Deutschland, sie schwankten zwischen 15 und 18 Personen. In den Jahren 1931 bis 1935 litt die Brauerei unter der Wirtschaftskrise, in den Jahren danach konnte sie einen Aufschwung nehmen. Im Jahr 1938 produzierte sie fast 10.000 Hektoliter Bier. Mit Kriegsbeginn ging es mit der Brauerei langsam bergab, im Jahr 1943 hatte sie nur noch sechs Beschäftigte und stieß lediglich knapp 7.000 Hektoliter Bier aus.
 
Die Jahre 1945 bis 1960

Im August 1945 lastete die Brauerei ihre Kapazität nur zu 42 Prozent aus, ein Viertel des Absatzes ging an die amerikanische Militärregierung, drei Viertel des Bieres wurde an die Zivilbevölkerung verkauft. Die Marthabrauerei besaß zu diesem Zeitpunkt u.a. eine Dampfmaschine, zwei Elektromotoren und zwei kleine Kühlmaschinen. Im Juni 1946 hatte die Brauerei bei elf Beschäftigten einen Produktionswert von 30.000 Reichsmark die Gesamtsumme der Löhne und Gehälter betrug knapp 2.000 Reichsmarkt. Es wurden 15 Doppelzentner Malz, 60 Kilogramm Hopfen und 18 Tonnen Kohle sowie andere Brennstoffe verbraucht. Die Hauptabnehmer waren Gastwirte und die amerikanische Militärregierung, das Einzugsgebiet erstreckte sich auf die Stadt Fürstenfeldbruck und auf den Landkreis Fürstenfeldbruck. Zu Beginn des Jahres 1951 verkaufte die Brauereibesitzerin Julie Mayr dem Landratsamt insgesamt 22 Tagwerk Grund für soziale und caritative Zwecke, sie gab das Gelände unter der Bedingung ab, dass es für den sozialen Wohnungsbau verwendet wird. 
Eine wichtige Frage ist die nach der Kundschaft der Marthabrauerei. Auffällig war, dass die Debitoren –  und damit die Kundschaft – zur Mitte der 1950er Jahre aus Fürstenfeldbruck und vor allem aus dem westlichen Landkreis Fürstenfeldbruck kamen, also beispielsweise aus Landsberied, Adelshofen, Nassenhausen, Jesenwang, Aich, Puch, Moorenweis und Mammendorf, einige waren aus den nahe gelegenen Orten Emmering sowie Schöngeising. Nur ganz wenige Debitoren kamen aus dem östlichen Teil des Landkreises, wie beispielsweise aus Puchheim oder Olching. Dies deutet daraufhin, dass die Marthabrauerei im Osten des Landkreises auf scharfe Konkurrenz stieß, wahrscheinlich auf die Brauerei Maisach und auf die Münchner Brauereien. In den 1950er Jahren konnte sich die Marthabrauerei auf dem gewohnten Niveau halten, die Konkurrenz der nahe gelegenen Münchner Brauereien war jedoch groß, die Marthabrauerei konnte mit den finanziellen sowie technischen Möglichkeiten der Brauereien Hacker-Pschorr, Augustiner, Spaten oder Löwenbräu in München wahrscheinlich nicht mehr mithalten. In den Jahren 1958 bis 1960 beliefen sich die Bilanzen auf ca. 513.000 DM bis ca. 578.000 DM, der Gewinn betrug im Jahr 1959 ca. 100.000 DM. Julie Mayr starb am 11. Februar 1960 in Fürstenfeldbruck.
 
 
Die Jahre 1960 bis 1980
 
Die Brauereibesitzerin bestimmte die Erzbischöfliche Klerikalstiftung der Erzdiözese München-Freising zur Erbin der Marthabrauerei. Die Erzbischöfliche Finanzkammer sollte aus den Erträgen der Brauerei die Priesterkandidaten der Erzdiözese unterstützen, dies war der Wunsch der Stifterin Julie Mayr gewesen. Ab dem Jahr 1960 gehörte die Marthabrauerei also der Katholischen Kirche. Im Jahr 1961 wurden das Landwirtschaftsgebäude und die Flaschenwäscherei an der Augsburger Straße abgerissen, im Garten wurde bald darauf eine Mälzerei gebaut und statt dem Mittelbau des Landwirtschaftsgebäudes wurde eine Flaschenfüllerei sowie das Sudhaus errichtet. Im Herbst des Jahres 1963 konnte die Marthabrauerei dann eine völlig neu gebaute und eingerichtete Brauerei sowie eine Mälzerei an der Augsburger Straße beziehen. Bis dato war die Marthabrauerei gezwungen, im Fuhrfassbetrieb zu arbeiten. Außerdem waren die damals erforderlichen arbeitstechnischen, hygienischen und biologischen Erfordernisse nicht mehr gegeben. Im Jahr 1966 wurde auch die Marthabräu-Gaststätte am Stammhaus modernisiert. Dort wurden eine Großküche, die Metzgerei und neue Sanitäranlagen eingebaut. Diese Modernisierungen bescherten der Marthabrauerei einen kurz- und mittelfristigen Aufschwung. Im Zeitraum zwischen 1966 und 1970 stieg die Fürstliche Brauerei Thurn und Taxis ein. Der Bierausstoß hatte sich im Jahr 1970 im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Diese Entwicklung brachte jedoch auch Schwierigkeiten mit sich, denn die vorhandenen 50 Tanks mit einem Fassungsvermögen von je 148 Hektolitern reichten nicht mehr aus, um eine genügende Lagerzeit des Bieres zu gewährleisten, deshalb wurden neue Tanks mit einem Fassungsvermögen von 300 Hektolitern installiert. Im Zuge dieser Modernisierungen wurden auch zwei elektrische, vollautomatisch-arbeitende Kältemaschinenanlagen eingebaut. Im Jahr des 400-jährigen Bestehens 1973 wurde die seit fast 20 Jahren stillgelegte Sommerkeller-Halle wieder eröffnet, in diesem Jahr beschäftigte die Marthabrauerei 34 Mitarbeiter. Einschließlich der alkoholfreien Getränke wurden rund 40.000 Hektoliter Getränke ausgestoßen. 
Bis zum November 1975 war die Zahl der Mitarbeiter auf 40 Personen angewachsen. In den Jahren 1971 bis 1975 hatte die Marthabrauerei acht neue Gaststätten eröffnet, hauptsächlich im Augsburger Raum. Pro Beschäftigten wurden mehr als 1.300 Hektoliter ausgeschenkt, der bayerische Landesdurchschnitt lag bei 1.000 Hektolitern und der Bierausstoß der Brauerei war auf 50.000 Hektoliter pro Jahr angewachsen. 
Das Absatzgebiet der Marthabrauerei umfasste nun die Stadt Fürstenfeldbruck, den Landkreis Fürstenfeldbruck und erstreckte sich bis Garmisch-Partenkirchen sowie bis in den Stuttgarter Raum. Das Unternehmen braute kein „Billigbier“, verwendet wurden Gerste aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck und Holledauer Hopfen, die gute Bierqualität erforderte jedoch einen angemessenen Marktpreis. Im Jahr 1976 konnte die Marthabrauerei ihr Absatzgebiet nochmals ausweiten, nun gehörten auch der Schwarzwald und die Steiermark zu dem Einzugsgebiet, der Bierausstoß hatte auf 70.000 Hektoliter zugenommen. 
Die Mitarbeiterzahl erhöhte sich im Vergleich zum Jahr davor jedoch nicht, die Beschäftigtenzahl der Marthabrauerei hatte sich bei ungefähr 40 bis 50 Personen eingependelt. Die Erzbischöfliche Klerikalstiftung war mit dem Brauen von Bier in einer harten Wettbewerbssituation - wie sie in den 1960er und 1970er Jahren im Braugewerbe überall in Deutschland herrschten. Sie hatte deshalb nach einem Partner gesucht, der in der Regensburger Thurn- und Taxis-Brauerei gefunden worden war. Diese zog sich jedoch zu einem unbekannten Zeitpunkt wieder zurück, da sie sich in der Geschäftsführung neben der Klerikalstiftung nicht durchsetzen konnte. Im Oktober 1980 kaufte die „Königlich Bayerische Bierbrauerei – Irmingard Prinzessin von Bayern KG“ in Kaltenberg (Landkreis Landsberg), vertreten durch Prinz Luitpold von Bayern, die Marthabrauerei. Zwischen 1976 und 1980 muss es also mit der Marthabrauerei bergab gegangen sein. Der Hauptgrund war, dass die Marthabrauerei nur noch zu 40 Prozent ausgelastet war – ihr fehlten also die Kunden und sie geriet wahrscheinlich deshalb in finanzielle Schwierigkeiten. Laut dem Braumeister Dieter Heiler hatte sich kurz vor dem Kauf durch Prinz Luitpold eine Münchner Großbrauerei für die Übernahme der letzten Braustätte in Fürstenfeldbruck interessiert. Die Marthabrauerei wechselte für einige Millionen DM den Besitzer, das Grundstück wurde von der Katholischen Kirche für einen Zeitraum von 20 Jahren gepachtet.
 
 


 Marthabräuhalle nach dem Brauerei-Neubau




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