Beitrag RathausReport Juli 2021: Die Kommunalverwaltung in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg

Den Kommunalverwaltungen Bayerns war sowohl von der amerikanischen Besatzungsmacht als auch von der Bayerischen Verfassung eine zentrale Rolle beim Staatsaufbau zugedacht. Die Demokratie sollte von unten nach oben organisiert werden. Zudem stand der Gedanke im Vordergrund, dass die Kommunalverwaltungen am besten wissen, welche Entscheidungen vor Ort für ein prosperierendes Gemeinwesen getroffen werden sollten. Auch die Stadtverwaltung Fürstenfeldbruck war in der NS-Diktatur eine Einrichtung, die den Nationalsozialismus entscheidend mittrug. Ein zentrales Ziel der amerikanischen Militärregierung war daher, die Stadtverwaltung von Nationalsozialisten zu säubern. Die Amerikaner strebten einen Wiederaufbau der deutschen Verwaltung mit politisch unbelasteten Personen und keinen Neuaufbau an.

Vom 20. Mai 1945 existiert eine von der amerikanischen Militärregierung erstellte Liste, aus der die in der Stadtverwaltung Beschäftigten mit Angabe der Mitgliedschaft in der NSDAP hervorgehen. Der von den Amerikanern ernannte Bürgermeister Anton Uhl war kein Mitglied der NSDAP gewesen, genauso wie der stellvertretende Bürgermeister Hans Wachter. Der geschäftsleitende Beamte Simon Feldmeier war NSDAP-Mitglied von Mai 1937 bis zum Kriegsende, der Stadtinspektor Albert Nägele trat der NSDAP im Mai 1933 bei, der Chefarzt des Krankenhauses Dr. Andreas Stoeckle war kein NSDAP-Mitglied, der Assistenzarzt Dr. Franz Wopfner war NSDAP-Mitglied seit Mai 1937, der Schlachthofoberverwalter Wilhelm Leitner trat der NSDAP im Mai 1933 bei, der Kassier der Stadthauptkasse Ludwig Lautenbacher war seit dem Mai 1933 NSDAP-Mitglied, der Leiter der städtischen Berufsschule Josef Nägele trat der NSDAP im Mai 1933 bei, die Leiterin der weiblichen Abteilung der Berufsschule Rosa Eisenmann war der NSDAP ebenfalls im Mai 1933 beigetreten, der Stadtoberinspektor Thomas Mall war ebenfalls NSDAP-Mitglied, der Leiter des Einwohneramtes Hans Hirn war der NSDAP im April 1940 beigetreten, der Leiter der Stadthauptkasse Johann Maurer war seit Mai 1937 NSDAP-Mitglied, der Leiter des Stadtbauamtes Friedrich Hofmann trat der NSDAP im Mai 1933 bei, der Leiter der städtischen Schutzpolizei Johann Edin war seit Mai 1937 NSDAP-Mitglied, sein Stellvertreter Johann Ruiderer trat ebenfalls im Mai 1937 der NSDAP bei, ebenso der zweite Stellvertreter Ignaz Göppel. Der Leiter der Stadtwerke Franz Wagner trat der NSDAP ebenfalls im Mai 1937 bei, sein Stellvertreter in kaufmännischen Angelegenheiten Josef Hickl war seit Mai 1933 NSDAP-Mitglied, der Stellvertreter in technischen Angelegenheiten Franz Keller war ebenfalls NSDAP-Mitglied, der Leiter der Kreis- und Stadtsparkasse Georg Geiß trat der NSDAP im Mai 1933 bei, sein kommissarischer Vertreter Heinrich Perzlmaier war seit Mai 1937 NSDAP-Mitglied und Elsa Schappacher, die kommissarische Leiterin der Zweigstelle Olching war nie NSDAP-Mitglied.

Die Mehrheit der Führungskräfte der städtischen Beschäftigten wies also eine mehr oder weniger starke NS-Belastung auf. Die amerikanische Militärregierung stand also vor der Entscheidung, wen sie entlassen sollte. Die Schwierigkeit bestand darin, dass viele Beschäftigte zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben gebraucht wurden und andere Arbeitskräfte noch nicht zur Verfügung standen. Die Entlassungspraxis der amerikanischen Militärregierung fiel dementsprechend moderat aus. Allerdings ordnete das Detachment I 2 F 3 der Militärregierung im Juli 1945 beispielsweise an, dass bei der Kreis- und Stadtsparkasse folgende Personen entlassen wurden: Franz Weigl, Ursula Otto, Maria Sedlmair, Amalie Socher, Maria Schwojer, Elisabeth Enzberger, Emma Frank, Heinrich Perzlmaier, Georg Geiss, Johannes Niedermaier und Elsa Scheppacher. Der Landrat Dr. Miller und der Bürgermeister Anton Uhl schrieben dazu kurze Zeit später: „Diese Maßnahme hat zur Folge, daß das Unternehmen nicht mehr über das zur Fortführung eines geordneten Wirtschaftsbetriebes notwendige Personal verfügt; denn die noch verbleibenden fachunkundigen Arbeitskräfte (Lehrlinge und Kriegsaushilfen) können die gestellten Aufgaben nicht bewältigen. Wird diese Maßnahme aufrecht erhalten, ist die Schließung der Kreis- und Stadtsparkasse Fürstenfeldbruck unvermeidbar, da geeigneter Ersatz in absehbarer Zeit nicht zur Verfügung steht. Es muß vorsorglich darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Kreis- und Stadtsparkasse Fürstenfeldbruck das maßgebende Geldinstitut für die Abwicklung aller einschlägigen Geschäfte, die in der Wirtschaft und bei den Behörden anfallen, ist. Eine schwere Schädigung, wenn nicht ein völliges Stocken des Wirtschaftslebens wird daher die unausbleibliche Folge der Betriebsschließung sein. Es kann den verantwortlichen und haftenden Personen nicht zugemutet werden, mit ungenügendem und unkundigem Personal den Betrieb aufrecht zu erhalten. Es wird daher gebeten, die nachstehenden Arbeitskräfte solange an ihren Arbeitsplätzen zu lassen, bis geeigneter Ersatz eingearbeitet ist. Geiss Georg, Perzlmaier Heinrich, Frank Emma, Otto Ursula, Schappacher Elsa“. Die Militärregierung ersuchte daraufhin um eine genaue Schilderung der politischen Betätigung des in Frage stehenden Personals sowie um eine anschließende politische Beurteilung, ob die Betreffenden als Nationalsozialisten zu bezeichnen waren. Das Ergebnis dieser Beurteilungen bildet ein Forschungsdesiderat. Bei der Stadt- und Kreissparkase wurden beispielsweise Emilie Ott, Luitgard Kaiser, August Schleinkofer, Otto Waller, Frieda Paintner, Rosa Roth, Anni Weigl, Erich Füger und Adolf Mayer nicht entlassen.

Die Entlassungen der amerikanischen Militärregierung beeinträchtigten auf jeden Fall die Arbeit der Stadtverwaltung, sodass Bürgermeister Uhl im August 1945 an den Landrat schrieb: „Die Entlassung von rund 35 % sämtlicher Beamten und Angestellten der Stadtverwaltung F. Bruck innerhalb kürzester Zeit hat sich in jeder Hinsicht so nachteilig ausgewirkt, dass es nur unter den allergrössten Anstrengungen der noch im Amt Verbliebenen möglich war, den Geschäftsbetrieb noch einigermassen aufrecht zu erhalten. Durch die Einstellung von Ersatzkräften ist dem Personalnotstand auch nicht abzuhelfen, da es in sämtlichen Betrieben in allererster Linie an Spezialkräften mangelt; die zur Anlernung und Einarbeitung von Aushilfskräften notwendige Zeit kann augenblicklich auch nicht aufgebracht werden. Von den ungefähr 25 im Augenblick noch abwesenden (Kriegsgefangenschaft, Lazarettaufenthalt usw.) Beamten und Angestellten ist nach den bisherigen Erfahrungen mit einer Entlassung von rund 60 bis 70 % zu rechnen, sodass im Laufe der nächsten Monate auch nur ungefähr 7 bis 9 Kräfte wieder zur Verfügung stehen werden. Es ist sehr schwer, den Betrieb mit zu wenig und zum Teil ungeschulten Kräften weiterzuführen und in der gleichen Betriebsfähigkeit wie früher aufrecht zu erhalten; eine Wiedereinstellung bereits entlassener Kräfte wäre, wenn die politische Belastung es erlaubt, dringend notwendig“.

Bei der Stadt entlassen wurden beispielsweise Albert Nägele, Josef Nägele, Hans Maurer, Gustav Danke, Thomas Mall, Friedrich Hofmann, Rosa Eisenmann, Ignaz Göppel, Ludwig Lautenbacher, Wilhelm Leitner, Matthias Weikenstorfer, Anton Wagner und Lorenz Gagel. Im Oktober 1945 wurden entlassen Franz Dilger, Adam Mayer, Hans Sturm, Karl Rogg, Franz-Xaver Strixner, Richard Krüger, August Barthel und Michael Buchner. Einige Personen wurden später wiedereingestellt. Nicht entlassen aus der Stadtverwaltung wurden beispielsweise Max Buchwieser, Paula Glück, Edeltraut Märkl, Käthe Rüd, Martin Spannagl, Rosa Steer, Centa Brüglmayr, Richard Lutz, Luitgard Stösser, Maria Heinz und Therese Birk. Bei den Stadtwerken wurden Josef Hickl, Hermann Grischy, Richard Tischler, Karl Meiche, Paul Fuchs, Richard Lutz und Hans Stölzle entlassen.

 

Dr. Gerhard Neumeier

Stadtarchivar