RathausReport Februar 2021: Die Berufsschule

Im Jahr 1865 gründeten die Gewerbetreibenden des Ortes einen Sonntagszeichenkurs auf freiwilliger Basis. Im Jahr 1870 wurde eine „Gewerbliche Fortbildungsschule“ eröffnet. Ein Jahr vor dem Ersten Weltkrieg wurde sie in eine Berufsfortbildungsschule umgewandelt. Im Jahr 1928 wurde eine eigene Berufsfortbildungsschule für Mädchen eingerichtet und im Jahr 1949 wurden beide Schulen zur „Städtischen Berufsschule“ mit den Abteilungen für Gewerbe, Handel und Hauswirtschaft vereinigt, sie wurde im Jahr 1951 vom Landkreis übernommen.

In seiner Sitzung vom 22. Juni 1945 beschloss der Stadtrat, die städtische Berufsschule aufzuheben, in der Begründung hieß es: „Die Aufrechterhaltung einer Berufsschule durch die Stadt Fürstenfeldbruck entspricht nicht einem besonderen Bedürfnis. Bei der günstigen Verkehrslage hat die hiesige fortbildungsschulpflichtige Jugend die Möglichkeit zum Besuche der zahlreichen Münchener Fachschulen“. Im Juni 1946 beantragte die Kreishandwerkerschaft Fürstenfeldbruck, die männliche Berufsschule wieder einzuführen. Im Juli 1946 war der gewählte Stadtrat grundsätzlich bereit, den Schulbetrieb an der männlichen Berufsschule wieder aufzunehmen und beschloss im September 1946, dass der Schulbetrieb bei Vorhandensein geeigneter Lehrkräfte wieder aufgenommen wird. In der Sitzung vom 23. Oktober 1946 beschloss der Stadtrat, die seit dem Einmarsch der amerikanischen Truppen geschlossene weibliche Berufsschule im November 1946 wieder zu eröffnen, als Leiterin wurde Rosa Eisenmann angestellt. Im Jahr 1946 wurde der Berufsschule ein Landeszuschuss von 5000 Reichsmark (RM) gewährt in den nächsten Jahren erhöhten sich diese Zuschüsse laufend.

Die weibliche Berufsschule wurde am 1. November 1946, die männliche Berufsschule wurde im Frühjahr 1947 wieder eröffnet. Zur etwa gleichen Zeit genehmigte die Militärregierung die Wiedereinstellung des Gewerbeoberlehrers Josef Nägele. Nägele wurde am 29. Oktober 1901 in Amberg geboren, er unterrichtete zunächst an der Volksschule Mitterteich und dann an der Berufsschule Mühldorf. Seit dem Mai des Jahres 1936 hatte er die Leitung der Berufsschule Fürstenfeldbruck inne, im Juli 1933 war er Mitglied im NSLB und im Mai 1935 Mitglied der NSDAP geworden, in den Jahren 1943 bis 1945 musste er zur Wehrmacht. Josef Nägele kam aus dem Umfeld des Katholischen Lehrervereins in Bayern und stand in Fürstenfeldbruck im Konflikt mit Hauptlehrer Böck. Im Rahmen des Entnazifizierungsverfahrens wurde er im Jahr 1947 von der Spruchkammer Fürstenfeldbruck als Mitläufer eingestuft. Im Jahr 1949 wurde er erneut mit der Leitung der Berufsschule beauftragt, diese Position bekleidete er wahrscheinlich bis zu seiner Pensionierung. Josef Nägele starb am 25. September 1971 in München.

Im November 1947 wurden zwei hauptamtliche Lehrkräfte an der Berufsschule beschäftigt, es gab Abteilungen für Metzger, Maurer, Bäcker und Müller, Schreiner und Zimmerer sowie Metallhandwerker, die von circa 160 Schülern besucht wurden. Im gleichen Jahr betrugen die städtischen Ausgaben für die Berufsschule knapp 20 000 RM. Im Jahr 1948 waren folgende Unterrichtsfächer vorgeschrieben: Religionslehre, Fachkunde, Fachzeichnen, Rechnen, Schriftverkehr sowie Bürger- und Lebenskunde, in der Abteilung für Kaufleute wurde zusätzlich Plakatschrift und Werbekunde, Betriebs- und Warenkunde sowie Kurzschrift unterrichtet. Ebenfalls im Jahr 1948 betrug die Schülerzahl bereits 211 Schüler, etwas über die Hälfte von ihnen stammte aus Fürstenfeldbruck, die meisten anderen Schüler kamen aus dem Landkreis sowie einige aus München. Im Jahr 1949 wurden als Elternvertreter des Schulausschusses der Ingenieur Josef Schnödt und der Zimmerer Michael Lorenz gewählt. Im Januar 1949 umfasste die städtische Berufsschule 215 Schüler. Die Regierung von Oberbayern bemängelte, dass mehrere Klassen überfüllt waren, beispielsweise die Schreinerklasse mit 60 Schülern und dass neue Lehrlinge nicht mehr angenommen werden konnten. Die Regierung von Oberbayern forderte die Anstellung einer weiteren hauptamtlichen Lehrkraft und die Bereitstellung eines 2. Lehrsaales. Sie riet zu einer Änderung der Trägerschaft und befürwortete die Errichtung einer Kreisberufsschule.

Auch dem Stadtrat war klar, dass die Verhältnisse in der Berufsschule untragbar waren. Der Stadtrat bat am 21. Januar 1949, dass die städtische Berufsschule ab 1. April 1949 als Kreisberufsschule übernommen wird. Die Kreishandwerkerschaft Fürstenfeldbruck konstatierte ebenfalls, dass die Berufsschule ihrem Zweck nicht mehr genügte und führte unter anderem als Begründung an: „Ein Großteil der im Landkreis vorhandenen Lehrlinge kann aber überhaupt nicht die hiesige Schule besuchen, da entweder die Klassen überfüllt sind oder für ihren Beruf keine Fachabteilung eingerichtet werden konnte, zum Beispiel die Angehörigen des Bekleidungsgewerbes, die Maler, Automechaniker usw. So wird zur Zeit für circa 60 Herren- und Damenschneiderlehrlinge überhaupt kein Unterricht erteilt. Die verschiedenen Berufsgruppen des Metallhandwerks (Schlosser, Schmiede, Spengler, Mechaniker, Elektriker usw.) können bisher ohne Spezialisierung auf ihren Beruf nur in einer einzigen Sammelklasse geführt werden. Ein weiterer Nachteil der beschränkten Verhältnisse ist, dass die Jahrgänge eines Berufes nicht getrennt, sondern zusammen am selben Tag und in derselben Klasse die Schule besuchen müssen. Dadurch wird nicht nur die theoretische Ausbildung gehemmt, sondern es werden auch an diesen Schultagen die Lehrbetriebe von sämtlichen Lehrlingen entblösst. Praktischer Unterricht, wie er zu jeder Berufsschule gehört, kann überhaupt nicht erteilt werden“.

Die Kreishandwerkerschaft Fürstenfeldbruck bat das Landratsamt und den Kreistag, die Berufsschule zu unterstützen. Stadt, Berufsschule und Kreishandwerkerschaft regten für die Zukunft an, dass der Landkreis die Errichtung einer Kreisberufsschule im Auge behalten sollte. Im Januar 1950 drängte die Stadt Fürstenfeldbruck darauf, dass der Kreis möglichst die alleinige Trägerschaft übernehmen solle. Zu diesem Zeitpunkt besuchten rund 550 Jugendliche die Berufsschule, davon etwa 150 Mädchen die hauswirtschaftliche Berufsschule, insgesamt bestanden 19 Klassen, die von drei Lehrkräften unterrichtet wurden.

Der Kreistag fasste in seiner Sitzung am 20. September 1950 den Beschluss, dass der Landkreis Fürstenfeldbruck mit Wirkung vom 1. April 1951 die städtische Berufsschule als Kreisberufsschule übernimmt, die Bedingung war, dass die Stadt Fürstenfeldbruck die zum Betrieb einer Berufsschule erforderlichen Räumlichkeiten zunächst für die Dauer von 10 Jahren kostenlos zur Verfügung stellt. Die Stadt stimmte dem in einer Vereinbarung vom 1. Oktober 1950 zu. Der Landkreis baute sofort die frühere Landwirtschaftsschule zum Hauptgebäude der Kreisberufsschule um, der Unterricht wurde nunmehr in drei Gebäuden erteilt, in der Aumühle, in der Jahnhalle und im Knabenschulhaus. Im Jahr 1951 besuchten 1050 Schüler die Berufsschule, wegen der ständig steigenden Schülerzahlen reichten die bisher benutzten Räume in verschiedenen Volksschulen und in der Aumühle nicht mehr aus, deshalb wurde 1955 an der Hans-Sachs-Straße ein eigener Neubau mit Lehrwerkstätten errichtet. Ein eigenes Schulgebäude war bereits im Januar 1951 von einem Bürgerkomitee gefordert worden. Im November 1953 beschloss der Kreistag, einen eigenen Bau für die Kreisberufsschule zu errichten. Der Neubau der Berufsschule wurde im Februar 1955 nach 18 Monaten Bauzeit auf dem Gelände des ehemaligen Wittelsbacher Ausgleichsfonds an der Hans-Sachs-Straße eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Kreisberufsschule 1449 Schüler/innen. Das Hauptgebäude enthielt 17 Lehrsäle und sieben Lehrmittelzimmer. Eine Bäckerei, ein Schreibmaschinenzimmer und ein Physiksaal entsprachen modernsten Anforderungen.

Am Bau waren insgesamt 58 Firmen beteiligt, davon 29 aus Fürstenfeldbruck und 16 aus dem Landkreis, zwei Lehrwerkstätten wurden von den Firmen Karl Sitzmann und Alfons Lammich erbaut. Berufsschuldirektor Josef Nägele gab einen historischen Rückblick auf die Berufsschule. Im September 1955 schrieben sich 503 Berufsschüler/innen an der Schule ein, die Gesamtzahl der Schüler/innen betrug 1558. Bei den Maurern schrieben sich 54 Schüler/innen ein, in der Sparte Metall meldeten sich 80 Lehrlinge an. In die erste Verkäuferklasse schrieben sich 64 zukünftige Verkäufer/innen ein. An der Kreisberufsschule unterrichten 19 haupt- und nebenamtlich tätige Lehrkräfte.

Durch die starke Bautätigkeit in dieser Zeit existierte ein Mangel an Maurerlehrlingen, aber auch andere Berufe hatten Nachwuchsprobleme, wie beispielsweise Bäcker, Metzger, Friseure, Schuhmacher, Schreiner, Zimmerer und Dachdecker. Im August 1956 gab es eine Lehrwerkstätte für das Metallgewerbe, eine Lehrwerkstätte für das Bauhandwerk und eine Lehrwerkstätte für die holzverarbeitenden Berufe. Bei der Abschlussfeier des Jahres 1957 erhielt der Bäckerlehrling Hermann Gruber, der in der Bäckerei Brunnhuber lernte, den Staatspreis für hervorragende schulische Leistungen, Buchpreise für besonders gute Leistungen erhielten zum Beispiel der Malerlehrling Kurt Steffan und die Friseuse Annemarie Lamprecht. Direktor Nägele sagte in seiner Ansprache, die Schule versuche nicht nur berufliches Wissen und die Kenntnis der Naturvorgänge sowie ihre Nutzung in der Technik zu vermitteln, sondern auch zu selbständigem Denken und Urteilen anzuregen, ferner würden Einsicht in die Aufgaben des Staates und in wirtschaftliche Zusammenhänge gegeben.


Bei diesem Text handelt es sich um einen Vorabdruck der Stadtgeschichte Fürstenfeldbrucks 1945 bis 1990.

Dr. Gerhard Neumeier

 




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