Januar 2016 - Nationale und internationale Zuwanderungen nach 1945

Neben den Zuwanderungen aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck, aus dem Großraum München, aus Bayern und aus der Bundesrepublik Deutschland kamen seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges viele Flüchtlinge, Vertriebene, „Gastarbeiter“ und andere Zuwanderer, Flüchtlinge und Asylsuchende nach Fürstenfeldbruck. Die Herkunftsgebiete waren heterogen, von den deutschen Flüchtlingen und Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland, Schlesien, Polen, Ungarn, Jugoslawien, Rumänien, der Sowjetunion sowie der sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR seit den Jahren 1944/45, den sog. „Gastarbeitern“ aus den Ländern Südeuropas und des Maghreb seit dem Jahr 1955, den Spätaussiedlern aus der Sowjetunion und den anderen Staaten des Warschauer Paktes seit der Mitte der 1970er Jahre, den Zuwanderern aus den neuen Bundesländern seit dem Jahr 1990, den Flüchtlingen und Asylsuchenden infolge der Jugoslawienkriege seit den 1990er Jahren, den Zuwanderern aus Polen, Rumänien, Bulgarien u.a. seit deren Beitritten zur EU bis hin zu den Flüchtlingen aus dem Nahen und Mittleren Osten wie beispielsweise aus dem Irak sowie Syrien und aus Afrika sowie aus anderen Staaten in jüngster Zeit.

In diesem Beitrag wird auf drei Zuwanderungsgruppen bzw. drei Fluchtwellen näher eingegangen, erstens auf die Flüchtlinge und Heimatvertriebenen infolge des Zweiten Weltkrieges, zweitens auf die „Gastarbeiter“ seit dem Jahr 1955 sowie drittens – aus aktuellem Anlass – auf die Flüchtlinge bzw. Zuwanderer aus dem Nahen und Mittleren Osten sowie aus anderen Staaten, beispielsweise in Afrika, in den Jahren 2013 bis 2015.

 
Flüchtlinge und Heimatvertriebene 1945 – 1960

Bei einer Einwohnerzahl von knapp 12000 Personen lebten im Jahr 1950 in Fürstenfeldbruck ca. 2000 Flüchtlinge, es waren vorwiegend Deutsche, sie kamen aus der Tschechoslowakei (Sudetenland), Ober- und Niederschlesien, Westpreußen, Ostpreußen, Pommern, Polen, den baltischen Ländern, der Sowjetunion, Rumänien sowie aus Jugoslawien. Die beiden wichtigsten und bedeutendsten Herkunftsorte dieser Flüchtlinge waren Breslau und Königsberg, auch aus den Kreisen Jägerndorf, Asch, Hohenstadt und Reichenberg im Sudetenland kamen viele Flüchtlinge. Im Jahr 1930 waren etwas über 90 Prozent der sudetendeutschen Bevölkerung katholisch, dies hat die spätere Integration erleichtert. Diese Flüchtlinge waren grosso modo gut ausgebildet, dies galt für die Flüchtlinge aus allen Herkunftsgebieten. Die meisten erwachsenen Flüchtlinge, die in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Fürstenfeldbruck ankamen, waren verheiratet und hatten zum Zeitpunkt ihrer Flucht oft schon ein gemeinsames, längeres Leben hinter sich. Diese Tatsache war in der ersten Zeit nach der Ankunft in Fürstenfeldbruck für das soziale, kulturelle und private Leben nicht zu unterschätzen, denn die private Ehegemeinschaft, noch dazu eine langjährige, erleichterte das Leben in der Fremde nach dem Verlust der Heimat. Das zunächst größte Problem für die Flüchtlinge war die Wohnungsnot, der knappe Wohnraum musste also, um die Perspektive zu wechseln, von den Einheimischen mit den Flüchtlingen und Heimatvertriebenen geteilt werden. Die Stadt Fürstenfeldbruck entwickelte einige Aktivitäten, um die Wohnungsnot zu beheben und wies beispielsweise Bauland, vor allem im Westen der Stadt, aus. Dennoch wurden viele Flüchtlinge bei der einheimischen Bevölkerung einquartiert. Das enge Zusammenleben von Einheimischen und Flüchtlingen war janusköpfig, einerseits kam es hierdurch zu Konflikten, denn auf der Seite der Einheimischen herrschte teilweise Ablehnung, andererseits wuchs mit der Zeit das Verständnis zwischen Einheimischen und Flüchtlingen, viele Einheimische zeigten, je später desto mehr, gegenüber den Flüchtlingen Hilfsbereitschaft. Im Jahr 1949 waren in der Bizone 60 Prozent aller Einheimischen der Auffassung, dass das Verhältnis zwischen einheimischer und zugewanderter Bevölkerung schlecht sei, ob diese Größenordnung auch für Fürstenfeldbruck zutraf muss zunächst offen bleiben. Die berufliche Integration hing vom Einzelfall ab, die vollständige berufliche und vor allem die adäquate berufliche Integration dauerte bis in die 1950er Jahre, bei der gesellschaftlichen Integration spielten die Vereine, vor allem die Sportvereine wie beispielsweise der TuS, eine sehr große Rolle.
 
Die „Gastarbeiter“ 1955 – 1990

Mit dem ersten Anwerbeabkommen Deutschlands mit Italien im Jahr 1955 wanderten nach und nach Menschen aus Italien nach Fürstenfeldbruck und wollten vor allem der wirtschaftlichen sowie sozialen Not aus dem Mezzogiorno entkommen, zum geringeren Teil kamen die Zuwanderer auch aus Mittel- und Norditalien. Vor allem in den 1960iger Jahren kamen die Italiener und Italienerinnen nach Fürstenfeldbruck, in den 1960er und in den 1970er Jahren holten viele Pionierwanderer ihre Ehepartner, Kinder, weitere Verwandte, Arbeitskollegen, Freunde und Nachbarn nach. Zeitversetzt galt dies auch für die Migranten aus anderen Teilen Südeuropas, ab dem Anfang der 1960er Jahre kamen zunächst Griechen, Spanier, Portugiesen und Türken nach Fürstenfeldbruck, ab dem Jahr 1968 auch Migranten aus Jugoslawien. Oftmals verrichteten die Zuwanderer aus diesen Ländern zunächst sog. „einfache“ Arbeiten, in den 1970er Jahren eröffneten die ersten ausländischen Gaststätten in Fürstenfeldbruck, zum Beispiel das „Venezia“. Die Heiratskreise blieben zunächst geschlossen, nach und nach wurde auch interkulturell geheiratet. Von den sog. „Gastarbeitern“ in Deutschland gingen im Laufe der Jahrzehnte wieder 80 Prozent zurück in ihre Heimatländer, auch für Fürstenfeldbruck ist diese Größenordnung plausibel. Die Migranten aus Südeuropa siedelten sich in den 1970er Jahren vor allem im Westen der Stadt an, denn in dieser Zeit wurden dort große Wohnblöcke, zum Beispiel am Drudenbogen, errichtet. Die sprachliche Integration verlief unterschiedlich gut. Heute lebt oftmals schon die zweite oder gar dritte Generation dieser ehemaligen Migranten in Fürstenfeldbruck, die Mehrzahl ist sozioökonomisch, gesellschaftlich und kulturell gut in Fürstenfeldbruck integriert. 
 
Flüchtlinge und Asylsuchende 2013 – 2015

Seit dem Ausbruch des Syrienkrieges im Jahr 2011 kamen und kommen Kriegsflüchtlinge aus Syrien nach Fürstenfeldbruck. Im Sommer des Jahres 2013 lebten im Landkreis Fürstenfeldbruck knapp 400 Asylsuchende aus Syrien und anderen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie aus Afrika und Ex-Jugoslawien. In Fürstenfeldbruck wurden im November 2012 Wohncontainer im Industriegebiet Hasenheide für knapp 70 Asylsuchende aufgestellt. Die Große Kreisstadt Fürstenfeldbruck lehnte zur Jahresmitte 2013 eine Aufstockung auf 120 Plätze ab. Als mögliche Unterkünfte wurden zu diesem Zeitpunkt der Squash-Palast am Bahnhof Buchenau, die alte Landwirtschaftsschule und der Fliegerhorst diskutiert. Im November 2013 lehnte die Bundeswehr die Forderung des Landratsamtes ab, leer stehende Gebäude der Luftwaffe für Kriegsflüchtlinge zu öffnen. Im September 2014 öffnete der Fliegerhorst seine Pforten für die Flüchtlinge. Im September 2015 wohnten in der Erstaufnahmeeinrichtung am Fliegerhorst etwa 800 Asylbewerber, am Jahresende 2015 lebten dort ca. 1200 bis 1600 Flüchtlinge bzw. Asylbewerber, die Einwohnerzahl in Fürstenfeldbruck beträgt momentan knapp 36 000 Personen. Die Stadt Fürstenfeldbruck unterstützt die Kriegsflüchtlinge im Rahmen ihrer Möglichkeiten und fordert die Solidarität der anderen Kommunen im Landkreis ein. Zum Teil gibt es in den Unterkünften der Flüchtlinge auf dem Fliegerhorst Konflikte, die in erster Linie auf kulturelle Unterschiede und auf die Enge der Räumlichkeiten zurückzuführen sind. 
 
Fazit

Die unterschiedlichen Zuwanderungswellen sind einerseits vergleichbar, andererseits nicht. Jede historische Situation ist singulär und doch gibt es strukturelle Gemeinsamkeiten. Unterschiede in Sprache, Wirtschaft, Kultur, Schule führten und führen zu Unterschieden in Ausmaß und Geschwindigkeit der Integration. Zu allen Zeiten wurde auch um Begriffe gestritten, „Flüchtlinge“, „Vertriebene“, „Heimatvertriebene“, „Wirtschaftsflüchtlinge“, „Kriegsflüchtlinge“, „Migranten“, „Zuwanderer“, „Asylanten“ usw., dahinter verbergen sich, auch in Fürstenfeldbruck, unterschiedliche politische und gesellschaftliche Positionen, oftmals hatte und hat der Status der Migranten juristische sowie weitere Konsequenzen.  
 



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