Fürstenfeldbruck im Winter 1950/51

Es gab viel Schnee. Für mich als "Migrant" aus Mittenwald, (Vater wurde berufsbedingt an die Polizeischule in FFB versetzt) war ein Winter ohne reichlich Schnee nicht denkbar. Meine Erkundungen über ein dementsprechendes Skigebiet liefen hier gegen null. Für einen Jungen, der schon das Dammkar im Karwendelgebirge bezwungen hatte, eine Enttäuschung. Einzig am Nikolausberg, einer Anhöhe neben dem Bahngleis nach München, rutschten ein paar Kinder den Hang hinunter. Etwas hinterhalb versteckte sich das Restaurant-Café Rodelbahn, in dem die damals noch omnipräsenten Amerikaner gegen 15 Uhr ihr Mittagsessen zelebrierten. Rechts davon ging ein Hohlweg steil nach oben bis zur Ziegelei. Der im tiefverschneiten Hohlweg aufgestaute Pulverschnee ließ meinem Frust eine Entscheidung folgen: Morgen Nachmittag fahr ich dort runter. Tags darauf schnappte ich mir meine Skiausrüstung und ging über die Münchner Straße zur Ziegelei. Die Skier angeschnallt und ich stürzte mich, voll mit Adrenalin, in diese hohle Gasse. Wie auf Daunenfedern schwebte ich den Hohlweg hinunter und nahm immer mehr Fahrt auf, da es immer steiler wurde. Plötzlich, unten am Bahndamm die Kühlerhaube eines großen Amischlittens. In dem Hohlweg gab es keine Möglichkeit abzuschwingen und so musste ich geradeaus weiter. Der Ami musste mich gesehen haben, denn er riss den Wagen nach links und ich konnte gerade noch das Heck streifen und flog seitlich in einen Graben, der voll mit Pulverschnee gefüllt war und mich relativ sanft auffing.

Als ich wieder Luft bekam, hörte ich, wie sich eine Autotür öffnete und eine weibliche Stimme rief: „Please Bob, halt ma amoi schneu mei Handtäsch.“ Dann stand sie vor mir: ein hübsches Ding um die zwanzig; blonde lange Haare und blaue Augen. „Sog amoi, spinnst du, du konnst doch net do abi fahr'n.“ „Host doch g'seng, dass' geht; schleich di“, fauchte ich und versuchte den Schnee aus meinem Gesicht zu bringen. Da lachte sie auch noch, was mich noch wütender machte. „Hast da weh do?“, fragte sie lächelnd. „Na, zupf di, mir feit nix.“ Noch lachend stieg sie ins Auto und sie fuhren oberhalb des Restaurants auf den Parkplatz.

Meine Skier geschultert, schmelzender Schnee im Genick und eine zerrissene Hose, machten zu Hause keinen guten Eindruck und Mama Prabst schlug nicht zum ersten Mal die Hände über dem Kopf zusammen. Papa Prabst sagte voll Stolz: „Er is halt a Bua.“






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