Sitzung Stadtrat August 2020

Nicht nur Wohnen, sondern auch Gewerbe auf dem BayWa-Areal

Die BayWa AG will innerhalb von Fürstenfeldbruck umziehen und sucht für den Bereich Landmaschinen-Technik seit Ende 2015 eine geeignete Fläche. Noch ist das Unternehmen aber nicht fündig geworden. Gleichzeitig führt die Stadtverwaltung seit rund zwei Jahren Gespräche mit einem Investor, der den rund 8.000 Quadratmeter großen bisherigen Standort an der Hubertusstraße weiterentwickeln will. Dieser plant dort den Neubau einer Wohnanlage mit einem Lebensmittelmarkt und einer Tiefgarage. Die entsprechende Bauvoranfrage stand Ende August im Stadtrat auf der Tagesordnung.

Derzeit ist das Gewerbegrundstück komplett versiegelt. Dort befinden sich mehrere, zum Teil leerstehende Gebäude und ein siebengeschossiges Lagergebäude. An das Gewerbegebiet schließt im Osten ein Wohngebiet mit viergeschossigen Gebäuden an. An dieser Nachbarbebauung orientiert sich die geplante Bebauung mit vier Gebäudezeilen mit rund 91 Wohnungen. Diese Zeilen öffnen sich zur Hubertusstraße beziehungsweise zum Gewerbegebiet.

Die Stadt wünscht sich dort dagegen eine stärkere Durchmischung mit gewerblichen Nutzungen. Dabei soll sich das Gewerbe zur Hubertusstraße orientieren und überdacht werden. Insgesamt ließen sich dadurch Nutzungskonflikte zwischen Gewerbe und Wohnen verbessern und sowohl für die bestehende als auch die neue Bebauung könnte eine qualitativ hochwertigere Wohnsituation entstehen, die gleichzeitig den Bedarf an Wohnraum deckt.

Wirtschaftsförderin Aliki Bornheim wies zudem darauf hin, dass die gewerbliche Nutzung durch einen Vollsortimenter – der nach Sachlage nicht zwingend erforderlich sei, gleichwohl er den Komfort der Wohnnutzung steigern würde – dem Entwicklungsziel einer stärkeren gewerblichen Differenzierung im Stadtgebiet nicht dienlich sei. Zumal in Fürstenfeldbruck derzeit nahezu keine freien Gewerbeflächen mehr zur Verfügung stehen. Insgesamt würde die Bedeutung Fürstenfeldbrucks als Wirtschaftsstandort nicht mehr Schritt halten mit der als Wohnstandort.

Die Bauverwaltung befürchtet zudem eine Konkurrenzsituation zu dem bestehenden, nur rund 170 Meter entfernten Lebensmitteldiscounter an der Landsberger Straße. Daher sollte auf die Ansiedelung verzichtet werden.

Zwar wurden mehrere städtebauliche Alternativen geprüft, der Investor hält jedoch an seinem Konzept im Grundsatz fest. Seitens der Verwaltung wurde vorgeschlagen, die notwendige Änderung des Bebauungsplans in Aussicht zu stellen, sofern die dargestellten Planungsvorgaben berücksichtigt werden. Dieser Vorgehensweise schloss sich nach dem vorberatenden Planungs- und Bauausschuss auch der Stadtrat ohne Diskussion einstimmig an.

Am Kugelfang: Lösung für Radler erst später

Das Verfahren für den Bebauungsplan „Kugelfang West“ ist abgeschlossen. Der Stadtrat hat die Planung nach abschließender Abwägung der öffentlichen und privaten Belange mehrheitlich beschlossen. Zuletzt hatte das Gremium vor allem die Anbindung des Radverkehrs in dem Gewerbegebiet diskutiert. Thema war ein etwa 100 Meter langer Abschnitt nördlich der Fraunhoferstraße. Der Stadtrat hat bei zwei Gegenstimmen beschlossen, dass es dort vorerst keinen eigenen Radweg geben soll.

Der Bund Naturschutz hatte in einer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass es sich bei der Straße Am Kugelfang um eine überörtliche Fahrradroute von Fürstenfeldbruck nach Maisach und weiter bis Markt Indersdorf handele. Solange diese Radroute nicht wie früher über die Maisacher Straße und den Sommerkeller geführt werden könne, müsse mit Konflikten zwischen LKW- und Radverkehr gerechnet werden. Daher sollte die Notwendigkeit von Radwegen oder Schutzstreifen diskutiert werden. Das Stadtbauamt betonte dagegen, dass es sich um eine Sackgasse handele und von einer geringen Verkehrsbelastung auszugehen sei. Die Mitglieder des vorberatenden Fachausschusses waren jedoch anderer Meinung. Im Juni hatten sie gefordert, die Planung nochmals zu überdenken.

Jetzt stellte Stadtplaner Markus Reize dem Gremium drei Varianten vor: Ausweisung einer Fahrradstraße, Abmarkierung eines 1,5 Meter breiten Schutzstreifens oder Vorhalten eines 2,5 Meter breiten Gehwegs mit Radfahrer frei. Georg Stockinger (FW) hinterfragte angesichts der Kosten den Bau eines Radwegs, denn dort seien unter der Woche nur selten Radler unterwegs. Sein Fraktionskollege Markus Droth sah dies ähnlich. Andreas Lohde (CSU) sprach von einem „Treppenwitz“, weil der asphaltierte Radweg dann abrupt enden würde. Er könnte sich dort einen Schutzstreifen vorstellen. Dieter Kreis (ÖDP) plädierte für einen auf 1,75 Meter verbreiterten Schutzstreifen.

Thomas Brückner (Grüne) wünschte sich eine einheitliche Lösung für Radfahrer für die gesamte Strecke vom Kreisverkehr an der Maisacher Straße bis zum Stadtrand. Dem schloss sich Christian Götz (BBV) an, wobei ihm die Idee der Ausweisung einer Fahrradstraße gefiel. Davon hielt Verkehrsreferent Mirko Pötzsch (SPD) jedoch wegen des LKW-Verkehrs in diesem Bereich wenig.

OB Erich Raff (CSU) trat angesichts der Kosten dafür ein, dort erst einmal einen Grünstreifen anzulegen. Dieser könne bei Bedarf entsprechend umgebaut werden. „Wo sind denn die Bienenretter jetzt?“, so seine rhetorische Frage in Richtung der Befürworter eines Radwegs. Auf Vorschlag von Brückner soll sich der Runde Tisch Radverkehr mit der Gesamtsituation in dem Bereich befassen.

Kindertagesstätten: Härtefallklausel diskutiert

Aufgrund der Corona-Pandemie hatte der Freistaat Bayern Mitte März ein Betretungsverbot für Kinder in Kindertageseinrichtungen erlassen. Insbesondere für Eltern, die in Bereichen der systemrelevanten Infrastruktur tätig sind, wurde auch in Fürstenfeldbruck eine Notfallbetreuung des Nachwuchses angeboten. Nachdem die Kriterien für die entsprechende Berechtigung immer weiter ausgeweitet wurden, besuchten zunehmend mehr angemeldete Kinder zunächst an vereinzelten Tagen die städtischen Betreuungseinrichtungen wieder. Ab 1. Juli waren dann fast alle da.

Anfang Juni wurde bekanntgegeben, dass der Freistaat Bayern nun einen pauschalierten Ersatz von Elternbeiträgen für die Monate April, Mai und Juni gewährt. Ziel ist es, Eltern und Träger von Kindertageseinrichtungen finanziell zu entlasten. Voraussetzung ist, dass die Kinder an keinem einzigen Tag des jeweiligen Monats die Notfallbetreuung besucht und die Eltern keinen Beitrag gezahlt haben oder diesen bis Ende Oktober zurückerstattet bekommen.

In Fürstenfeldbruck ist entsprechend der städtischen Kindertageseinrichtungssatzung (KTGS) stets der volle Monatsbeitrag zu zahlen. Weil dies der Stadtverwaltung unverhältnismäßig erscheint, stand das Thema nun auf der Tagesordnung des Stadtrates. Daher hat das zuständige Amt „Bildung, Familie, Jugend, Sport“ vorgeschlagen, dies KTGS rückwirkend um eine Härtefall-Klausel zu ergänzen: „Ist durch eine behördliche Anordnung die Inanspruchnahme der Einrichtung zeitweise nicht möglich, wird monatlich bis zum einschließlich fünften Tag des Besuchs der Einrichtung die Hälfte der Betreuungsgebühr, des Tee- und Spielgeldes und ab dem sechsten Tag der vollständige Betrag erhoben.“ Im aktuellen Fall würde dies insgesamt rund 11.700 Euro weniger Einnahmen an Gebühren bedeuten, rechnete Amtsleiter Michael Maurer vor.

In der Diskussion hielt Franz Neuhierl (FW) diese Lösung für rechtlich nicht haltbar und plädierte für eine tagesgenaue Abrechnung. Für diesen Weg sprachen sich auch Willi Dräxler und Christian Götz (beide BBV) sowie Philipp Heimerl (SPD) aus. Markus Droth (FW) und Lisa Rubin (BBV) schlossen sich mit Blick auf die Transparenz ebenfalls an. Maurer betonte, das Vorgehen sei rechtlich geprüft worden. Eine tagesgenaue Abrechnung sei zwar machbar, aber mit enormem Verwaltungsaufwand verbunden. Ähnlich sah dies OB Erich Raff (CSU). „Die Stadt muss ausbaden, was der Freistaat verbockt hat“, ärgerte sich Alexa Zierl (ÖDP). Sie forderte, dass sich die Stadt beim Freistaat oder beim Städtetag für eine entsprechende Lösung einsetzen soll. Vize-Bürgermeister Christian Stangl (Grüne) regte eine komplette Übernahme durch die Stadt an. Die Rede war von insgesamt rund 123.000 Euro. Letztlich sprach sich das Gremium bei zwei Gegenstimmen für eine tagesgenaue Abrechnung aus.

Der Stadtrat beschließt einen Nachtragshaushalt

Die Folgen der Corona-Pandemie haben auch Fürstenfeldbruck getroffen. Die Stadt muss mit deutlich weniger Steuereinnahmen rechnen. Daher hatte die Finanzverwaltung bereits im Juni ein Einsparungskonzept erarbeitet, das dem Stadtrat jetzt als Diskussionsgrundlage für den Nachtragshaushalt diente. Dieser wurde in der August-Sitzung des Gremiums nach kontroverser Diskussion bei sechs Gegenstimmen angenommen.

„Bei der Gewerbesteuer hat sich die aktuelle Entwicklung verbessert“, konnte Susanne Moroff, Leiterin des städtischen Finanzmanagements, dem Gremium berichten. Einige Firmen hätten heuer unerwartete Nachzahlungen für zurückliegende Jahre zu leisten. Zudem wird die Stadt wohl mit zwei Millionen Euro Erstattung für Gewerbesteuer-Ausfälle aus dem vom Bund beschlossenen Konjunkturpaket erhalten. Im Nachtragshaushalt ist das voraussichtliche Gewerbesteuer-Aufkommen deshalb mit 15 Millionen Euro eingeplant. Im Juni war die Verwaltung noch von 12,5 Millionen Euro ausgegangen.

Seit der Vorberatung unverändert geblieben sind der Rückgang bei der Einkommenssteuer in Höhe von 2,5 Millionen Euro auf 24,2 Millionen Euro und die Erhöhung des Defizitausgleichs für das Veranstaltungsforum um rund 446.000 Euro. Auch die von den Ämtern und Sachgebieten erarbeiteten Budgetkürzungen von rund 3,1 Millionen Euro stehen nach wie vor.

Im Vergleich zur Prognose nach unten korrigiert werden musste dagegen der Ansatz für die Umsatzsteuer, die wegen der coronabedingten Konsumflaute rund 354.000 Euro weniger beträgt. Und auch Einnahmen aus einem Grundstücksverkauf in Höhe von 1,5 Millionen Euro werden nicht fließen.

Alles in allem konnte die Verwaltung ein ausgeglichenes Ergebnis präsentieren. Die noch im Juni dargestellte Finanzierungslücke konnte kompensiert werden. Die erforderliche Kreditaufnahme liegt unverändert bei rund 2,68 Millionen Euro. „Die Handlungsfähigkeit bleibt erhalten“, sagte Moroff und betonte, dass auch weder Gebühren noch Steuern erhöht werden müssen. Finanzreferent Klaus Wollenberg (FDP) bat um Zustimmung. Sollte der Nachtragshaushalt nicht angenommen werden, drohe eine Haushaltssperre.

Erwartungsgemäß gab es auch Kritik. SPD-Fraktionssprecher Philipp Heimerl beklagte, dass es keine Sondersitzung des Stadtrates gegeben habe, um das umfangreiche Zahlenwerk angemessen zu diskutieren. Zudem sind seiner Meinung nach zu viele Projekte im sozialen Bereich dem Rotstift zum Opfer gefallen. Als Beispiel führte er den Sozialen Wohnungsbau und hier das Vorhaben Am Sulzbogen an. Dies sei für die SPD kein gangbarer Weg. „Wohnen ist eine Lebensnotwendigkeit.“ Auch andere Themen wie Eishalle oder Westpark wurden gestrichen. Christian Götz (BBV) beklagte zwar ebenfalls manche Sparmaßnahme. Diese Kröte müsse man aber schlucken, sagte er. Markus Droth (FW) sprach von einem „Nothaushalt in schwieriger Zeit“. Die Zeit sollte genutzt werden, um „Gestaltungskonzepte“ zu erarbeiten.

Andreas Lohde (CSU) warb für breite Unterstützung des Papiers. Ausgaben seien wo möglich reduziert worden und wo nötig werde investiert. Vize-Bürgermeister Christian Stangl (Grüne) gab sich optimistisch, dass alles besser komme, als derzeit prophezeit werde. Alexa Zierl (ÖDP) forderte, dass geschobene Projekte im kommenden Jahr dann priorisiert angegangen werden sollen. Karin Geißler (Grüne) setzte sich dafür ein, dass die Planungskosten für die Eishalle in Höhe von 80.000 Euro und auch die Sanierung der Treppe am Bahnhof Fürstenfeldbruck (100.000 Euro) doch wieder aufgenommen werden. Ihr Antrag wurde jedoch mit 14:16 Stimmen abgelehnt. Manches könne heuer ohnehin nicht ausgeführt werden, betonte Moroff. So sei für die Eishalle noch nicht einmal ein Standort gefunden.

 




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