Juli 2014 - Zwei Aspekte zu Fürstenfeldbruck im Ersten Weltkrieg
Kriegsausbruch und MobilmachungDie Marktverwaltung im KriegsregimeDer Erste Weltkrieg beeinflusste auch das Leben an der sog. „Heimatfront“. Anlässlich des 100. Jahrestags des Attentats von Sarajewo am 28. Juni 2014 sollen heute zwei Aspekte des Krieges in Fürstenfeldbruck beleuchtet werden.
Kriegsausbruch und Mobilmachung
Seit dem Attentat von Gavrilo Princip, Nedeljko Cabrinovic und Trifko Grabez - Princip war Mitglied der Schüler- und Studentenvereinigung Mlada Bosna - auf den österreichischen Thronfolger Erzherzog Ferdinand und dessen Ehefrau am 28. Juni 1914 in Sarajewo, das vom serbischen Militärgeheimdienst vorbereitet wurde, ohne dass die serbische Regierung involviert gewesen wäre, begleitete das Fürstenfeldbrucker Tagblatt das Geschehen propagandistisch im Sinne der politischen und militärischen Führung Deutschlands.
Am 1. August 1914 wimmelten die Kioske mit Bekanntmachungen aus München. Anfang August 1914 erfolgten schließlich die gegenseitigen Kriegserklärungen der beiden Bündnissysteme, Österreich-Ungarn und Deutschland auf der einen Seite sowie Russland, Frankreich und England auf der anderen Seite. Auf beiden Seiten wurde sofort mobil gemacht. „Die Metapher „Mobilmachung“, lieferte die semantische Verbindung zwischen Kriegsfront und Heimatfront“. Gleich nach Beginn des Krieges war auch Fürstenfeldbruck von der Mobilmachung des deutschen Kaiserreiches an den drei Tagen vom 2. bis zum 4. August 1914 betroffen.
Doch bereits viel früher wurden vorbereitende Kriegsmaßnahmen getroffen. So schrieb beispielsweise das Königliche Bezirksamt Fürstenfeldbruck am 27. März 1907 an den Bürgermeister in Bruck: „Im Falle der Mobilmachung wird Ihnen von der zuständigen Telegraphenanstalt der Mobilmachungsbefehl zugehen und haben Sie sodann, ohne weitere Nachricht von diesseits abzuwarten, den Mobilmachungsbefehl sofort vor allen anderen Geschäften ortsüblich bekannt zu machen. Sodann ist das Weitere zum Vollzuge der Pferdeaushebung und den anderen für die Mobilmachung Bezug habenden Geschäften zu veranlassen…“.
Im Verlauf der nächsten Jahre erfolgten mehrere Konkretisierungen. Am 14. März 1914 wies das Bezirksamt Fürstenfeldbruck den Magistrat von Fürstenfeldbruck die Zahl der Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften an, die im Falle einer Mobilmachung in Fürstenfeldbruck unterzubringen waren. Etwa zur gleichen Zeit wurde ein namentliches Verzeichnis aller Boten, die nach Erklärung des Zustandes drohender Kriegsgefahr und bei der Mobilmachung zu stellen sind, erstellt. Auf der Liste standen beispielsweise der Schreinermeister Jakob Asam, der Kaufmann Franz Böswirth, der Magaziner Thomas Dilger, der Kaufmann Otto Müller, der Obergärtner Willibald Morgott, der Malermeister Karl Stetter, der Bader Georg Zehrer, der Hafnermeister Hyazinth Buck, der Kaufmann Johann Huber und der Dentist Karl Schöllhorn. Dies zeigt die enorme Bedeutung der Kommunikation von oben nach unten im Kriegsfall auch im lokalen Rahmen.
Auch die Information der Bevölkerung spielte eine Rolle, denn der Schutzmann Xaver Hörmann und der Steinmetzmeister Xaver Mall hatten die Aufgabe, sofort nach Eintreffen des Mobilmachungsbefehls die Ortschaften Ludwigshöhe, Weiherhaus und Gelbenholzen durch Ausschellen und Ausrufen zu verständigen. Zur Sicherung der Bahn-, Telegraphen- und Telefonanlagen gegen böswillige Zerstörungen wurde ein besonderer Bewachungsdienst eingerichtet. Auch der Schutz der Eisenbahnen bei drohender Kriegsgefahr und im Mobilmachungsfalle wurde geregelt. Am 6. August 1914 schrieb der Magistrat des Marktes Fürstenfeldbruck an das königliche Rentamt zu diesem Thema: „Der Ausbruch des Krieges bedingt eine große Anzahl von Schutzwächtern für die Eisenbahn, Brücken, Telegraphen- und Telefonanlagen. Leider konnten wir die Mehrzahl derselben nicht bewaffnen, nachdem in den hiesigen einschlägigen Geschäften kein Revolver mehr zu bekommen war.
Wir ersuchen nun ganz ergebnst um gütige leihweise oder käufliche Überlassung der eingezogenen und beim k. Rentamte hinterlegten Schusswaffen“. Es gab eine Auswahl bei den Mitgliedern der Bahnschutzwache, den körperlich untaugliche, halb blinde, taube oder greisenhafte Personen durfte nicht stattfinden, in erster Linie waren bei der Auswahl gediente Soldaten zu berücksichtigen. Am 24. September 1914 wurde der Bahnschutz wieder aufgehoben. Auf lokaler Ebene schlug sich also bereits der Kriegsbeginn in vielfacher Weise nieder. Der gesellschaftlichen Mobilmachung diente die Tatsache, dass der Verband deutscher Brieftaubenliebhabervereine im Mai 1914 seine Brieftauben für den militärischen Nachrichtendienst zur Verfügung gestellt hat.
Die Marktverwaltung im Kriegsregime
Die Kommunalverwaltungen spielten in den Kriegsanstrengungen eine wichtige Rolle. Die Dienststellen des Marktes Fürstenfeldbruck griffen jedoch nur in einem gewissen Umfang in das Leben der Bevölkerung von Fürstenfeldbruck ein. „Bei den Überlegungen der Berliner Beamten, die 1914/15 die Grundlagen der Zwangsbewirtschaftung gelegt hatten, spielten Dezentralisierung und kommunale Selbstverwaltung eine große Rolle“. Wie sahen diese Vorgänge in Fürstenfeldbruck konkret aus?
In der ersten Sitzung des Magistrats Fürstenfeldbruck im Ersten Weltkrieg, am 10. August 1914, wurden folgende Themen behandelt: Gegen die Verehelichung des Kutschers Georg Manhart mit der Dienstmagd Therese Pfaffenzeller wurde keine Erinnerung erhoben, auf dem Anwesen des Engelbert Neumayer in Puch lastete ein Darlehen der Sparkasse, er verkaufte ein Teil des Grundstückes und dieses wurde aus dem Pfandverbande entlassen, es wurde ein Antrag auf Verleihung des Heimatrechtes an den Bahngehilfen Ferdinand Egenhofer gestellt sowie ein weiterer Antrag bewilligt, gegen die Unterbringung der Taglöhnerstochter Johanna Lacher ins Kloster der Frauen zum guten Garten in München wurde keine Erinnerung erhoben, der Magistrat schloss sich den Ausführungen des Bürgermeisters vom 8. Juli des laufenden Jahres zu dem gegen ihn gerichteten Vorentscheidungsantrag des Justizrates Dr. Blättner von München namens der Hausiererseheleute Huber voll und ganz an und der Mühlenbauer Georg Kirndörfer wurde für die Kriegsdauer als Maschinist im Elektrizitätswerk Schöngeising zu einem Taglohn von vier Mark angestellt. Noch waren also die Auswirkungen des Krieges kaum im Magistrat Fürstenfeldbruck angekommen, mit einer Ausnahme.
Bei der Magistratssitzung vom 7. September 1914 wurde festgestellt, dass infolge der Mobilmachung die Aufstellung der Nachtwächter wieder notwendig geworden sei. In der Sitzung vom 8. März 1915 wurde die Zeichnung von Kriegsanleihen behandelt, in der Zeit vom 7. September 1914 bis zum 8. März 1915 beschäftigte sich der Magistrat nicht mit dem Krieg, sondern erörterte ausschließlich lokale und „normale“ Vorgänge wie Baugesuche, Verehelichungsbewilligungen, Einbürgerungsangelegenheiten, Heimatrechtsbewilligungen, Verteilung der Referate und vieles mehr. Am 26. April 1915 beschloss der Magistrat, dass dem Reservelazarett für den Wasserverbrauch eine Ermäßigung von fünf Prozent gewährt wurde. Auf der Sitzung vom 5. Juli 1915 wurde einigen Familien die Familienunterstützungen genehmigt, doch auf in Friedenszeiten wurden solche Unterstützungsleistungen gewährt. In der Sitzung vom 20. Dezember 1915 wurden die Zuzugsbestimmungen ins deutsche Reich erörtert und dessen Ausführungen diskutiert.
Auf der Sitzung vom 13. März 1916 wurde beschlossen, eine Kommission einzurichten, die sich mit der Erledigung verschiedener Fragen der Lebensmittelversorgung beschäftigen sollte, die Kommission bestand aus Bürgermeister Sinzinger, Magistratsrat Hirschauer und den beiden Gemeindebevollmächtigten Bichler und Lindinger. Am 18. März 1916 wurde zur Erledigung des bezirksamtlichen Auftrages vom 16. März 1916 die Zeichnung von 150 000 Mark aus der Sparkasse für die Kriegsanleihe beschlossen. Am 23. März geht aus den Magistratsprotokollen hervor, dass die Sparkasse zur teilweisen Zahlung der von den Einlagen gezeichneten Kriegsanleihen ein Darlehen in der Höhe von 50 000 Mark benötigte und dass dies durch Hinterlegung von Wertpapieren bei der k. Reichsbank – Darlehenskasse – aufgenommen wurde. Am 10. April 1916 wurde beschlossen, dass ab dem 1. Januar 1916 pro Kopf und Tag den im Vereinslazarett Krankenhaus untergebrachten Verwundeten ein Betrag von 15 Pfennigen an das Rote Kreuz bezahlt wurde.
Am 1. Mai 1916 entschloss sich der Fürstenfeldbrucker Magistrat, dass für die Kinder gefallener Gemeindeangehöriger bei der Sparkasse Fürstenfeldbruck ein Betrag von je 20 Mark angelegt wurde, bis zu diesem Zeitpunkt kamen 20 Kinder in Betracht. Am 26. Juni 1916 war der Magistrat der Meinung, dass eine Sammlung von Gold- und Silbersachen von Haus zu Haus für den Vaterlandsdank wenig Erfolg versprechen würde, nachdem das Rote Kreuz derartige Sachen bereits seit Kriegsbeginn sammelte. Am 5. August 1916 stellte der Magistrat fest, dass hilfsbedürftige geistige Berufe in Fürstenfeldbruck nicht vorhanden sind. Am 18. Oktober 1916 wurde dem k. Frauenbund Fürstenfeldbruck zur teilweisen Deckung der Kosten für die Kriegsgärten ein Zuschuss von 25 Mark gewährt. Auf der Sitzung am 21. Januar 1918 stellte das Ortskomitee des Roten Kreuzes einen Antrag auf Verlagerung des Vereinslazaretts aus dem Krankenhaus, nachdem das Krankenhaus die hiesigen zur Verfügung gestellten Räume für eigene Zwecke dringend benötigte.
Schon lange mussten Kranke auf dem schlecht heizbaren Gang untergebracht werden. Das Reservelazarett wurde von dem Vereinslazarett beschickt und nahm den Charakter eines Gefangenenlazaretts ein. Auf der Sitzung vom 27. Juni 1918 sprach der Magistrat von einer Wohnungsnot in Fürstenfeldbruck, auf der Sitzung vom 2. Juli 1918 beschloss der Magistrat die Errichtung eines Mieteinigungsamtes. Die zweite Kammer der lokalen Selbstverwaltung, das Gemeindebevollmächtigtenkollegium, stimmte den Beschlüssen des Magistrats zu, genehmigte sie oder nahm davon Kenntnis. Der Magistrat der Marktgemeinde Fürstenfeldbruck beschloss erstaunlich wenige Angelegenheiten, die mit dem Krieg in unmittelbarem Zusammenhang standen.
Die Bevölkerung von Fürstenfeldbruck hatte es zwar nicht mit einer ausufernden Bürokratie während des Krieges zu tun, allerdings war vom Magistrat auch wenig Hilfe zu erwarten. Es ist anzunehmen, dass in Bayern die Entscheidungen, Direktiven, Anordnungen, Maßnahmen und Gesetze der staatlichen Stellen wie die der Bezirksämter oder die der Ministerien einen größeren Einfluss auf das Leben in den Kommunen hatten als die kommunalen Selbstverwaltungen.