Januar 2015 - Fasching in den 1950er Jahren
Der Fasching in der Zeit vor dem Zweiten WeltkriegDer Fasching nach dem Zweiten WeltkriegFazitDer Fasching spielte in unserem Ort schon seit vielen Jahren eine wichtige Rolle. Das „tolle Treiben“ erfreute sich immer größter Beliebtheit, bei allen Bevölkerungsschichten. Die gesellschaftliche Bedeutung des Faschings stand und steht außer Frage. Heute wollen wir einen Blick auf den Fasching in Fürstenfeldbruck in den 1950er Jahren werfen.
Der Fasching in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg
Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurde in Fürstenfeldbruck ausgiebig Fasching gefeiert. Im Februar 1914 veranstaltete beispielsweise der Turnverein Fürstenfeldbruck einen Faschingsball „Sommerfest“, bei der die Kapelle der Unteroffiziersschule musizierte und verschiedene sportliche Vorführungen stattfanden. Ebenfalls im Februar 1914 hielt der Männergesangverein einen Faschingsball unter dem Motto „Fahrendes Volk“ ab. Am Faschingsdienstag des Jahres 1914 traten die Münchner Schäffler dreimal in Fürstenfeldbruck auf. Während des Ersten Weltkrieges war der Fasching ab dem Jahr 1915 entweder verboten oder wurde eingeschränkt. In der Weimarer Republik lebte der Fasching wieder auf und es gab jedes Jahr Faschingsbälle. In der NS-Zeit erlebte der Fasching sogar einen Aufschwung. Im Jahr 1937 veranstalteten verschiedene Vereine und Gruppen ihre Faschingsbälle im Jungbräu. Ab dem Jahr 1936 fuhren wieder Faschingszüge durch die Stadt. Im Jahr 1937 wurde der Faschingszug von der Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF) durchgeführt. An dem Faschingszug beteiligten sich 11 Wagen und eine große Anzahl von Fußtruppen. Im Februar 1937 fand der Bunte Ball der Turner im Jungbräu statt. Am Rosenmontag des Jahres 1937 hielt auch das Haus Weiß einen Faschingsball ab. Im Jahr 1938 war Leonhard Plonner als Hardi I. der Faschingsprinz der Stadt Fürstenfeldbruck. Im gleichen Jahr hielten die Gastwirte einen Gastwirteball ab, desgleichen der Brucker Kunstring. Im Jahr 1938 wurde auch zudem eine Faschingsgesellschaft gegründet. Oftmals führten NS-Organisationen einen Faschingsball durch, beispielsweise der BDM im Jahr 1938. Die Nationalsozialisten instrumentalisierten also auch den Fasching für ihre politischen Ziele.

Der Fasching nach dem Zweiten Weltkrieg
Über die ersten Jahre des Faschings nach dem Zweiten Weltkrieg gibt es keine Quellen, doch es ist anzunehmen, dass auch in den Jahren 1946 bis 1949 der Fasching in Fürstenfeldbruck zu neuem Leben erwachte. Die Heimatgilde proklamierte im November des Jahres 1949 Ludwig Weiß als Präsidenten der Faschingsgesellschaft, zum Faschingsprinzen „Toni I“. wurde der Neffe von Leonhard Plonner bestimmt. Bei der Veranstaltung der Heimatgilde war auch der 1. Bürgermeister, Michael Neumeier, anwesend. Im Januar 1950 bestimmte die Heimatgilde den Elferrat und die Garde. „Toni I.“ hielte seine ersten Reden am 14. Januar 1950 und am 15. Januar 1950 im Jungbräu, an beiden Abenden spielte die Kapelle Hans Rosenfelder aus München. Die Faschingsveranstaltungen litten jedoch an den unzureichenden Saalverhältnissen in der Stadt Fürstenfeldbruck. Am 13. Januar 1951 begann der Fasching mit einer Veranstaltung der Heimatgilde „Die Brucker“ im völlig überfüllten Jungbräusaal. Hierzu war sogar ein eigenes Fürstenfeldbrucker Faschingslied komponiert worden. Die Prinzengarde war mit Schwertern „schwer bewaffnet“ und der Elferrat, an seiner Spitze Präsident Ludwig Weiß, zog in den Saal. Gekrönt mit der Narrenkrone und das Narrenszepter in der Hand bestieg seine Tollität Prinz Schorsch den Thron. Bürgermeister Neumeier übergab dem Prinzen mit seiner Faschingssekretärin den goldenen Riesenschlüssel der Stadt. Helene Westermeier und ihre Tanzgruppe des TuS tanzten den Huldigungswalzer vor. Die Brucker und Bruckerinnen waren vielfältig sowie geschmackvoll gekleidet und sangen immer wieder folgendes Lied: „Selbst der Mond am Himmelzelt hat die Scheibe schief gestellt – Schief schief schief steht unsere Laterne – schief schief schief – wie küssen wir so gerne“. Am 20. Januar 1951 fand der Wohltätigkeitsball des BRK’s im Jungbräusaal statt. Anwesend waren u.a. der 2. Bürgermeister Plonner, Regierungsassessor Hemmel als Vertreter des Landrates, der Leiter des Gesundheitsamtes Dr. Eckart, der Leiter des Flüchtlingsamtes Kühn und Stadtrat Müller. Prinz Schorsch I. zeichnete einige Persönlichkeiten des Brucker Roten Kreuzes mit seinem Orden aus: Dr. Schürmeister, Frau Dr. Backmund, Anton Hoch und Georg Schnetzer. Elferrat Ludwig Berger wurde mit der höchsten Auszeichnung der Faschingsgesellschaft, dem „Silbernen Elephanten“ geschmückt. Am Tag danach fand der Gärtnerball im Bichlerbräu statt. Frau Fink-Rothmund wurde zur Ballkönigin gewählt und die Kapelle Wurmdobler führte musikalisch durch den Abend. Für den Fasching im Jahr 1952 wurde der Jungbräusaal umgebaut und erweitert. Das Fürstenfeldbrucker Tagblatt schrieb am 19./20. Januar 1952: „Gilde und Stadt haben Kosten und Mühen nicht gescheut, um den bereits in den Vorjahren über die Bannmeile der Stadt hinausgedrungenen Ruf des Brucker Karnevals zu festigen und …. Vielleicht zu mehren“. 400 Lampions durchschnitten den Plafond zwischen Goldflitter-Volants. Der Jungbräusaal war ein phantastisch geschmückter Saal, es gab zwei Tanzflächen und einen eigenen Brucker Faschingsschlager von Franz Gickler sowie eine Acht-Mann-Kapelle (Lutzenberger) und eine neue Bar. Am 19. Januar 1952 hielt der Brucker Faschingsprinz Willi I. seine Thronrede und versprach die Errichtung einer Frohsinnsbrücke, zudem sollten die Männer nur noch Kavaliere sein und die Frauen die Adamssöhne betören. Der Hauptmann der Prinzengarde (Dr. Helene Westermeier) wurde zum Obristen befördert. Der Fasching des Jahres 1952 war ein voller Erfolg und hatte wie immer auch seine wirtschaftliche Seite. Profitiert haben vom Fasching vor allem Veranstalter, Wirte, Friseure, Schneiderinnen und die Stadt Fürstenfeldbruck. Es gab 64 Veranstaltungen, darunter 18 Hausbälle und sechs Kindermaskenfeste. Die Gesamtbesucherzahl betrug 10557 Personen, die durchschnittliche Besucherzahl lag also bei 164 Personen, die höchste Besucherzahl betrug 520 Personen. Die Stadt profitierte durch die Vergnügungssteuer, die Getränkesteuer und die Gewerbesteuer. Am Faschingsdienstag drängten sich die „Maschkeras“ in den Straßen und Prinz Willy I. verabschiedete sich von seinem Volk im Café Brameshuber sowie offiziell beim TuS-Kehraus im Jungbräu. Auch in den Jahren 1953 und 1954 waren die Faschingsveranstaltungen gut besucht. Am 6. Januar 1955 traf sich die Brucker Faschingsgesellschaft im berstend vollen Lokal im Hotel Post. Im Jahr 1955 musste der örtliche Karneval auf die bisher gewährte städtische Förderung verzichten. Elf Stadträte sprachen sich gegen eine weitere kommunale Bezuschussung des Faschings aus. Stadtrat Heinz Kopp (SPD) schrieb dazu: „Im übrigen stehen wir auf dem Standpunkt, daß die Gilde als Verein keine besonderen Rechte gegenüber den anderen Vereinen haben kann, um jedesmal beim Fasching erhebliche Unterstützung seitens der Stadt zu fordern … Es gibt genügend andere und größere Probleme für die Stadtverwaltung als ein Zuschuß für den Fasching …“. Der Fasching war also teilweise auch ein Politikum. Beim Faschingsauftakt am 15. Januar präsentierte sich der Jungbräusaal erneut in einem anderen Gesicht. Der Kunstmaler Ernst Crasser war für Entwurf und Ausführung der Dekoration verantwortlich. Bei dieser Veranstaltung waren auch Amerikaner aus dem Fliegerhorst anwesend. Am 13. Februar 1955 fand eine Faschingsgaudie für die 200 Ärmsten der Armen in der Prinzenburg statt, mehrere Brucker Geschäftsleute leisteten dazu ihren Beitrag. Am Ende dieses Faschingsjahres stand u.a. der Gärtnerball unter dem Motto „Frohsinn und Blumen“, bei dem die Kolpingkapelle spielte. Sehr gut besucht war der Ball der Sudetendeutschen Landsmannschaft am 19. Februar 1955, am gleichen Tag hielten die Postbediensteten im Marthabräu ihren Ball und der TuS sein Kindermaskenfest ab. Am 18. Januar 1958 fand der Gärtnerball im vollbesetzten Jungbräusaal statt. Der Höhepunkt des Gärtnerballes war der Einzug des Faschingsprinzenpaares mit dem Elferrat, den Jungelfern, der Faschingsgesellschaft und der Prinzengarde, die zu den Klängen der Kapelle Schwarzmann paradierte. Die Ballkönigin war Christl Hamaleser, das Prinzenpaar gaben Josef Zeller und Liselotte Kraus-Mall. In Fürstenfeldbruck gab es im Jahr 1958 noch 25 Faschingsveranstaltungen, dies bedeutete einen erheblichen Rückgang im Vergleich zum Beginn der 1950er Jahre.
Fazit
Der Fasching war in den 1950er Jahren ein beliebtes Freizeitvergnügen der Bruckerinnen und Brucker. Fasching war und ist ein gesellschaftlich wichtiges Ereignis, Fasching und Politik waren und sind eng verzahnt. Nach dem Ende der NS-Diktatur konnten die Menschen ausgelassen feiern, ohne Angst vor staatlichen Repressionen haben zu müssen, davon machten sie ausführlich Gebrauch. Nicht vergessen werden sollte grundsätzlich auch, dass Bayern nach dem Rheinland die zweitwichtigste Faschingshochburg in Deutschland war und ist. Gerade in Oberbayern und Schwaben gab und gibt es große und bedeutende Faschingsvereine, wie die im Jahr 1893 gegründete Narhalla in München, die im Jahr 1949 gegründete Würmesia im Würmtal oder den im Jahr 1887 gegründeten Augsburger Carnveal Verein (ACV). Zwar waren die Heimatgilde bzw. die Fürstenfeldbrucker Faschingsgesellschaft nicht ganz so groß und bedeutend wie diese Faschingsvereine, dennoch konnte Fürstenfeldbruck in den 1950er Jahren als Faschingshochburg bezeichnet werden.