September 2016 - Die Niederbronner Schwestern in Fürstenfeldbruck

Am 28. August 1849 gründete die Tochter einer Landarbeiterfamilie, Elisabeth Alphonsa Maria Eppinger in ihrem Heimatort Bad Niederbronn im Elsass mit Unterstützung des dortigen katholischen Pfarrers Johannes David Reichard und mit der Zustimmung des Straßburger Bischofs Andreas Räß einen Frauenorden mit dem Namen „Congregatio Sororum a Divino Redemptore“, also die „Schwestern vom Göttlichen Erlöser“. Aufgrund des Gründungsortes ist der Orden vor allem unter dem Namen „Niederbronner Schwestern“ bekannt. Diese Gemeinschaft der Niederbronner Schwestern wurde im Jahr 1854 vom französischen Staat anerkannt und im Jahr 1866 erfolgte die Bestätigung durch Papst Pius IX.

Der Orden widmete und widmet sich der Kranken- und Altenpflege, der Erziehung, der Pastoral- und der Seelsorge, der Obdachlosenarbeit sowie der Ausbildung von jungen Frauen. Bald nach der Gründung im Jahr 1849 breitete sich die Kongregation über das Elsass hinaus aus, so beispielsweise in die bayerische Pfalz, nach Baden und nach Würzburg, seit dem Jahr 1857 mit dem Vinzentium auch in München sowie in Österreich und Ungarn. Das Stammkloster in Niederbronn war bald zu klein geworden, deshalb erwarb der Orden im Jahr 1857 im benachbarten Oberbronn ein großes Herrschaftsgebäude mit Gut, dies ist bis heute das Generalmutterhaus der Kongregation.
Im September 1858 hielt sich die Gründerin, Mutter Alphonsa Maria Eppinger, in München auf. Bei dieser Gelegenheit kam es zu einer Begegnung mit Pfarrer Gunzelmann und mit dem Bürgermeister von Fürstenfeldbruck, Otto Müller, die Alfphonsa Maria Eppinger um Schwestern für das Krankenhaus in Fürstenfeldbruck und die Übernahme der ambulanten Krankenpflege baten. Dieses Gespräch war von Erfolg gekrönt, und so kamen am 18. Januar 1859 die ersten Schwestern vom Göttlichen Erlöser nach Fürstenfeldbruck, ab diesem Zeitpunkt kümmerten sich die Niederbronner Schwestern im Fürstenfeldbrucker Krankenhaus um die Patienten.
Seit dem Jahr 1880 leitete die Oberin Schwester Columba die kleine Gemeinschaft, sie gründete im Jahr 1908 eine Jungfrauenkongregation und erbat für die Zusammenkünfte der Mädchen und jungen Frauen die Nutzung eines alten Lagerschuppens an der Kirchstraße, der sich auf dem Grundstück der Familie Kalb befand. Im Jahr 1908 übergab Betty Kalb den Niederbronner Schwestern das gesamte Grundstück als Schenkung, verbunden mit der Auflage, ein caritatives Werk für die weibliche Jugend zu schaffen. Die finanzielle Not und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhinderten zunächst den Bau eines entsprechenden Hauses.
Seit dem Jahr 1917 waren die Niederbronner Schwestern in der ambulanten Krankenpflege tätig, im Jahr 1924 übernahmen sie die Betreuung der Insassen des Bürgerheimes und im Jahr 1927 die des Josefstiftes. Im Jahr 1926 konnte das seit dem Jahr 1920 in Neumarkt in der Oberpfalz bestehende Provinzmutterhaus dem Wunsch der Vorstandschaft des weiblichen Jugendvereins „Weiße Rose“ entsprechen und die Errichtung eines einstöckigen Jugendheimes verwirklichen. Dieses erhielt den Namen „Jugendheim St. Sofia“. Es handelte sich um ein Werk des Bayerischen Jugendsozialwerkes, wobei der Maßnahmeträger die Niederbronner Schwestern waren.
Im März des Jahres 1927 kam Schwester Maria Clemens von Neumarkt nach Fürstenfeldbruck. Sie war Handarbeitslehrerin und bot Näh- und Handarbeitskurse an, außerdem begann sie im Jugendverein mitzuarbeiten. Ebenfalls im Jahr 1927 wurden dem Jugendheim eine Oberin und eine Küchenschwester zugeteilt. Zunächst wurden versuchsweise Kochschülerinnen angenommen. Seit dieser Zeit betrieben die Niederbronner Schwestern also ein katholisches Mädchenjugendheim mit privater Nähschule. Zur Einrichtung einer Haushaltungsschule erfolgte in den Jahren 1931/32 ein erster Anbau, außerdem wurden damit einige Zimmer für ältere und alleinstehende Menschen eingerichtet. Ab diesem Zeitpunkt hieß das Haus „Theresianum“, benannt nach der damaligen Provinzoberin Mutter Marie Theres.
 
Die Gründung des Theresianums im Jahr 1932
Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise und der Arbeitslosigkeit in Deutschland errichteten die Niederbronner Schwestern im Jahr 1932 in Fürstenfeldbruck an der Kirchstraße 27 das neu erbaute Theresianum. Die Schülerinnen der geplanten Hauswirtschaftsschule sollten auf der Grundlage echter Religiosität erzogen und durch eine gediegene Ausbildung auf ihr künftiges Leben vorbereitet werden. „Auf Pflichttreue, Fleiß, Ordnung, Einfachheit und gutes Benehmen wird besonderer Wert gelegt, um die Zöglinge zu befähigen ihre spätere Aufgabe in der Familie oder im Berufsleben möglichst vollkommen erfüllen zu können.“
Der Lehrplan setzte sich aus den theoretischen Fächern Haushaltskunde, Nahrungsmittellehre, Rechnen mit Buchführung, Wirtschaftskunde, wirtschaftlicher Schriftverkehr, Deutschkunde, Gemeinschaftskunde, Religion, Säuglings-, Kinder- und Krankenpflege, Erste Hilfeleistung mit praktischen Übungen bei Unfällen, Gartenbau, Blumenpflege, Singen und Turnen zusammen. Praktische Fächer waren Kochen, Backen und Einmachen, Verzieren und Anrichten der Speisen, Servieren, Handarbeit, Wäsche- und Kleideranfertigung, Wäsche- und Kleiderausbesserung und Feinnadelarbeit. Als Wahlfächer standen Stenographie, Maschinenschreiben, Musik und Fremdsprachen gegen besondere Vergütung zur Verfügung. Das Eintrittsalter der Schülerinnen lag bei 15 Jahren, der Unterricht wurde von staatlich geprüften Lehrkräften erteilt. Zur praktischen Ergänzung des theoretischen Unterrichts wurde der Haushaltungsschule ein Alters- und Ledigenheim angegliedert. Entstehen sollte eine Hauswirtschaftsschule mit Internat, eine Berufsfachschule mit dem Ausbildungsziel „Geprüfte Hauswirtschafterin im städtischen Bereich“. Das Hauptproblem lag – in den wirtschaftlich äußerst schwierigen Zeiten nicht überraschend – in der aufwändigen Finanzierung.
 
 
Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit
Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Haushaltungsschule von den Nationalsozialisten geschlossen und im Haus eine Kinderlandverschickung aus dem Ruhrgebiet untergebracht. In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde auch Essen an der Pforte des Theresianums an Bedürftige ausgegeben, im Jahr 1947 waren es beispielsweise 2200 Portionen. Die ambulante Krankenpflege nahm nach dem Krieg einen immer größeren Raum ein, im Jahr 1949 umfassten die Tätigkeiten der Niederbronner Schwestern fast 8000 Dienstleistungen in diesem Bereich.
In den Jahren 1951/52 erfolgte ein zweiter An- und Umbau, sodass 90 Schülerinnen in dem Internat untergebracht werden konnten. Am 15. Oktober 1952, dem Festtag der Heiligen Teresa von Avila, wurde die neue Hauskapelle geweiht. Teresa von Avila, der Heilige Josef und der Heilige Alfons Maria von Liguori waren die Patronin beziehungsweise die Patrone der Niederbronner Schwestern.
 
1950er Jahre bis zur Gegenwart
Im Jahr 1957 wurde der Vereins- und Nähsaal zum Kindergarten umgebaut. Die Kinderpflegerinnenschule, die mittlerweile der Haushaltungsschule angegliedert worden war, hatte nun einen Übungskindergarten. Neben dem Bereich der Ausbildung für junge Frauen wurden nach dem Zweiten Weltkrieg Maschinenschreib- und Stenokurse abgehalten, vorwiegend für Kriegsversehrte, denen der Wiedereinstieg in das Berufsleben erleichtert oder neu ermöglicht werden sollte. Im Jahr 1965 wurde eine Stallung mit Garage errichtet, im Jahr danach erfolgte der Bau einer Kinderspielhalle.
Im Jahr 1977 wurde mit der Erweiterung und Sanierung des Schulgebäudes begonnen, dies vor allem deshalb, um den staatlichen Anforderungen Genüge zu leisten, die für die praktischen Fächer der Hauswirtschaftslehre geeignete Räume verlangten. Im Jahr 1979 wurde ein Altenwohnheim mit Pflegeabteilung eingerichtet, damals mit 85 Betten, bisher waren es 17 Betten.
Im Jahr 1979 beschloss das Mutterhaus der Schwestern, das Brucker Krankenhaus wegen Personalmangel, sprich wegen mangelndem Nachwuchs, aufzugeben, damals waren noch sieben Schwestern ansässig. Als eine weitere Begründung führte das Mutterhaus an, dass von den 1200 Schwestern in der bayerischen Provinz 600 über 60 Jahre alt seien. Bei der Verabschiedung im Juni 1979 sagte Landrat Grimm: „Der Beschluss des Ordens, die Schwestern aus dem Kreiskrankenhaus abzuziehen, ist eine schmerzliche Entscheidung für den Landkreis und die Patienten.“ Die Kreisbehörde habe mit allen Mitteln versucht, die Schwestern zu halten, aber das Mutterhaus habe sich nicht umstimmen lassen.
Die Einweihungsfeier des neuen Theresianums fand am 15. Oktober 1980 statt. Hinzu kam ein Wohnheim für Schwestern, in dem auch die Ruhestandsschwestern untergebracht waren und sind. Weihbischof Mathias Defregger aus München weihte das neue Haus ein. Bei dieser Feier betonte Dekan Thomas Bachmair die Seelsorgearbeit der Niederbronner Schwestern.
 
Dr. Gerhard Neumeier



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