Die Russische Revolution von 1917 im Fürstenfeldbrucker Wochenblatt

Vor 100 Jahren vollzog sich in mehreren Phasen die Russische Revolution, eines der wichtigsten und folgenreichsten Ereignisse der Menschheitsgeschichte. Die Darstellung und Analyse dieser Revolution im Fürstenfeldbrucker Wochenblatt, der damals einzigen Tageszeitung in Fürstenfeldbruck, kann zeigen, inwieweit die Menschen in einer bayerischen Kleinstadt über die Vorgänge in einem großen europäischen Agrarland, welches sich mit Deutschland im Krieg befand, informiert wurden. Das Fürstenfeldbrucker Wochenblatt wurde während des Ersten Weltkrieges, wie alle Printmedien, von staatlicher Seite zensiert.

Das Wochenblatt

Die Zeitung erschien zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Verlag und im Druck der Buchdruckerei Albert Sighart, verantwortlich für die Redaktion war Franz Paul Sighart. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg erschien die Zeitung dreimal wöchentlich. Im Untertitel führte die Zeitung die Zeile „Amtliches Publikations-Organ des K. Amtsgerichtes, sowie aller übrigen K. Behörden und des Magistrates Fürstenfeldbruck“. Das Fürstenfeldbrucker Wochenblatt hatte als Schwerpunkte die nationale Berichterstattung, die Artikel über Bayern, Berichte aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck, amtliche Verlautbarungen des Bezirksamtes Fürstenfeldbruck und einen Anzeigenteil. Das Verbreitungsgebiet der Zeitung umfasste das damalige Bezirksamt Fürstenfeldbruck, welches weitgehend deckungsgleich mit dem heutigen Landkreis Fürstenfeldbruck war. Das Blatt hatte eine konservative Grundausrichtung mit starken Sympathien für die katholische Kirche und das Zentrum. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges berichtete die Zeitung in vollem Umfang im Sinne des kriegführenden Deutschlands und verhielt sich damit so wie fast alle anderen Zeitungen in Bayern und Deutschland. Nochmals hervorzuheben ist allerdings, dass die Zeitung einer äußerst restriktiven staatlichen Zensur unterlag.

Die Februarrevolution von 1917 im Wochenblatt

Die Leserinnen und Leser erfuhren über die Vorgeschichte der Februarrevolution 1917 in Rußland nichts, weder berichtete die Zeitung über die Proteststimmung in Rußland zu Beginn des Jahres 1917 noch über die Streiks und Demonstrationen in Petrograd, der damaligen Hauptstadt Rußlands. Erst am 17. März 1917 machte das Fürstenfeldbrucker Wochenblatt auf der ersten Seite mit der Überschrift „Große Umwälzung in Rußland. Die russische Regierung gestürzt – Alle Minister eingesperrt. – Der Zar hat abgedankt“ auf. Weiter schrieb die Zeitung: „Die Petersburger Telegraphenagentur meldet: In Petersburg ist die Revolution ausgebrochen. Ein aus 12 Duma-Mitgliedern bestehender Exekutivausschuß ist im Besitz der Macht. Alle Minister sind in das Gefängnis gesetzt. Die Garnison der Hauptstadt, 30 000 Mann, hat sich mit den Revolutionären vereinigt. Am Donnerstag (Mittwoch ?), am 3. Tag der Revolution, war die Ordnung in der Hauptstadt wieder hergestellt … Die Bevölkerung von Petersburg, die über die vollständige Unordnung und Desorganisation im Transportwesen und in der Verpflegung aufgebracht ist, war schon seit langem erregt und murrte dumpf gegen die Regierung, die sie für alle Leiden die sie erduldete verantwortlich machte. Die Regierung, die die Unruhen voraussah, ergriff umfassende Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung. Unter anderem schrieb sie die Auflösung des Reichsrates und der Duma vor, aber diese beschloß, am 11. März, dem Kaiserlichen Ukas nicht Folge zu leisten und die Sitzungen fortzusetzen und setzte sofort einen Vollziehungsausschuß aus 12 Mitgliedern unter dem Vorsitze des Präsidenten Rodsianko ein. Dieser Ausschuß erklärte sich als vorläufige Regierung. Er stützte sich auf die in Aufruhr befindliche Bevölkerung der Hauptstadt und auf die Garnison von Petersburg…“.

Die Oktoberrevolution von 1917 im Wochenblatt

Über die Ereignisse in Rußland in den nächsten Monaten erfuhr die Leserschaft des Wochenblattes nichts. Am 10. November 1917 berichtete die Zeitung auf der ersten Seite in einer kleinen Notiz: „Umsturz in Rußland. Nach einer Meldung der Petersburger Telegraphen-Agentur hat der militärische Ausschuß des Arbeiter- und Soldatenrates infolge militärischer Maßnahmen des Militärgouverneurs von Petersburg die Verhandlungen zur Beilegung des Konfliktes abgebrochen und seinen Truppen den Befehl gegeben, der Regierung nicht zu gehorchen. Gegen 5 Uhr abends gaben die Regierungsbehörden den Befehl, die Brücken zwischen den Arbeitervierteln und dem Zentrum der Hauptstadt zu zerstören. Die Stadt wird von den der Regierung treuen Truppen bewacht“. Weiter hieß es: „Wien, 8. Nov. Aus dem Kriegspressequartier wird gemeldet: Unsere Radiostationen im Nordosten haben heute folgenden verstümmelten Funkspruch abgenommen, der von Petersburg an alle Armeen gesandt wurde: „Aufruf des kriegsrevolutionären Komitees (in offener Sprache). Der Anfang der Depesche fehlt. – Die politischen Gefangenen werden unverzüglich befreit. Die ehemaligen Minister Kornowalow, Kischkin, Tereschtschenko, Maljantowic, Nikitin usw. wurden von dem Revolutionskomitee ins Gefängnis gesetzt. Kerenski entfloh … In Petersburg hat die Arbeiter- und Soldatenrevolution gesiegt …“.Am 22. November 1917 berichtete die Fürstenfeldbrucker Zeitung auf der ersten Seite: „Die Zustände in Rußland. Stockholm, 19. Nov. Die letzten Nachrichten aus Rußland betonen häufiger als bisher, daß Kerenski das Spiel verloren hat. Gestern abend traf, nach „Stockholms Tidningen“, sein Privatsekretär in Stockholm ein, dem es gelungen war, mit einem falschen Paß aus Rußland zu entfliehen. Auch er bestätigte die Behauptung anderer Reisender, daß Kerenski geflohen ist und daß die Bolschewiki Petersburg beherrschten …“. Die Zeitung berichtete erst dann ausführlicher über die Vorgänge in Rußland, als Deutschland als Kriegsgegner davon unmittelbar betroffen war. Das Wochenblatt schrieb am 1. Dezember 1917: „Das russische Waffenstillstandsangebot eingetroffen. Berlin, 29. Nov. Reichskanzler Dr. Graf v. Hertling machte heute im Reichstage folgende Mitteilung: Die russische Regierung hat gestern von Zarskoje-Selo aus ein von dem Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten, Herrn Trotzki, und dem Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare, Herrn Lenin, unterzeichnetes Funkentelegramm an die Regierungen und die Völker der kriegführenden Länder gerichtet, worin sie vorschlägt, zu einem nahen Termin in Verhandlungen über einen Waffenstillstand und einen allgemeinen Frieden einzutreten …“. Am 8. Dezember 1917 berichtete das Fürstenfeldbrucker Wochenblatt über die Vereinbarung der zehntägigen Waffenruhe mit Rußland.

Fazit

Die Informationen, die die Fürstenfeldbrucker Bevölkerung über die Russische Revolution 1917 durch das Fürstenfeldbrucker Wochenblatt erhielten, waren sehr spärlich. Dies war sicherlich auch der Zensur in Deutschland geschuldet. Den Journalisten der Zeitung war offensichtlich nicht klar, welche Tragweite die damaligen Ereignisse in Rußland hatten – und diese war zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht abzusehen.




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