RathausReport Mai 2017: Die Kommunalwahl im Jahr 1952

Nachdem der erste Bürgermeister von Fürstenfeldbruck, Anton Uhl (1877 – 1952), nach dem Zweiten Weltkrieg im Juni 1945 von der amerikanischen Besatzungsmacht kommissarisch eingesetzt wurde und die beiden nachfolgenden Bürgermeister, Hans Wachter (CSU, 1891 – 1953) sowie Michael Neumeier (SPD, 1880 – 1962) in den Jahren 1946 und 1948 noch vom Stadtrat gewählt wurden, kam es bei der Kommunalwahl im Jahr 1952 aufgrund des kurz zuvor geänderten Wahlrechts zur ersten direkten Wahl des Bürgermeisters durch die Bevölkerung. Zudem wurde der Stadtrat gewählt.

Die Kommunalwahl am 30. März 1952

Diese Wahl fand zu einem Zeitpunkt statt, zu dem sich die drei Jahre zuvor gegründete Bundesrepublik Deutschland langsam konsolidierte.

Das Ergebnis:                                                                                                                           (in %)

CSU                                                                                                                                            27,3
Überparteiliche Wählergemeinschaft der Alt- und Neubürger:                                       22,3
SPD:                                                                                                                                           18,6
Bayernpartei:                                                                                                                             12,5
UAF – Freunde der Stadt:                                                                                                       10,5
Gemeinschaft:                                                                                                                          7,7
KPD:                                                                                                                                           1,2

Die Wahlperiode der Jahre 1948 bis 1952 begann mit der Währungsreform des Jahres 1948, das Kapitalvermögen der Stadt war laut Bürgermeister Michael Neumeier (SPD) restlos dem Währungsschnitt zum Opfer gefallen. Fehlende finanzielle Möglichkeiten prägten seither die Arbeit des Stadtrates. In diesem Zeitraum wurde das neue Knabenschulhaus errichtet. Zur Behebung der Wohnungsnot hat die Stadt Grundstücke gegeben und durch Zuschüsse an Wohnungsbaugenossenschaften wurde der Bau von 146 Wohnungen ermöglicht. Die Stadt förderte das Gesundheitswesen durch die Generalüberholung des städtischen Krankenhauses und ermöglichte den Wiederaufbau des städtischen Familienbades. Auch der Eisenbahnhaltepunkt Buchenau wurde errichtet. Das wirtschaftliche Hauptproblem war die Erhaltung und Erweiterung der Leistungsfähigkeit der Stadtwerke, das Kraftwerk Obermühle wurde umgebaut. Das Vermögen der Stadt hatte sich um eine Million DM erhöht.

Im Wahlkampf nannte der Bezirks- und Ortsvorsitzende der Bayernpartei, Dr. Lorenz Lampl, die Kanalisation und das Wohnungsbauprogramm als vordringlichste Aufgaben. SPD und Gemeinschaft gingen eine Wahlkoalition ein. Ein Kandidat der SPD, Heinz Kopp, wandte sich gegen die Auffassung von Dr. Bauer von der Überparteilichen Wählergemeinschaft, dass die Parteipolitik aus dem Kommunalparlament zu verbannen sei. Für Kopp waren die wichtigsten Aufgaben des nächsten Stadtrates das Schulwesen, der Straßenbau und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Zudem wies er daraufhin, dass der beherrschende Teil der Überparteilichen Wählergemeinschaft aus der ehemaligen NSDAP stamme. Die Überparteiliche Wählergemeinschaft sprach sich gegen Partei- und Günstlingswirtschaft aus.

Interpretation

Wie wirkte sich der Wahlkampf auf die Ergebnisse der Kommunalwahl aus?

Die Wahlbeteiligung war auf 77 Prozent gesunken. Das Ergebnis der Kommunalwahl im Jahr 1952 war ein politischer Paukenschlag, denn die neugegründete „Überparteiliche Wählergemeinschaft der Alt- und Neubürger“ wurde mit über einem Fünftel der Wählerstimmen bald nach ihrer Gründung zweitstärkste politische Kraft im Stadtrat von Fürstenfeldbruck. Dieses Ergebnis war ein Hinweis darauf, dass Teile der Fürstenfeldbrucker Bevölkerung mit den bisherigen politischen Parteien wie CSU, SPD, Bayernpartei weiterhin unzufrieden waren. In dieser lokalen politischen Partei „Überparteiliche Wählergemeinschaft der Alt- und Neubürger“ gaben die ehemaligen NSDAP-Mitglieder den Ton an, die sich jedoch jetzt an die demokratischen politischen Spielregeln hielten. Ab der Kommunalwahl des Jahres 1952 hatte sich aufgrund der neuen Gemeindeordnung vom 18. Januar 1952 das Wahlrecht geändert. Nun wurde der Erste Bürgermeister von der Bevölkerung direkt gewählt. Mit dem Rechtsanwalt Dr. Fritz Bauer stellte die „Überparteiliche Wählergemeinschaft der Alt- und Neubürger“ den ersten Bürgermeister, der sich in der Stichwahl gegen Leonhard Plonner (CSU) durchgesetzt hatte, beide Kandidaten waren ehemalige NSDAP-Mitglieder. Dr. FritzBauer wurde in der Stichwahl von der SPD unterstützt.

Der neue Bürgermeister

Fritz Bauer wurde am 23. Dezember 1912 in Kaufbeuren geboren. Er studierte Jura in München und legte im Jahr 1937 seine Dissertation über die „Eheanfechtungsgründe des deutschen bürgerlichen Gesetzbuches“ an der juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität zu Erlangen vor.

Dr. Bauer wurde im Jahr 1940 NSDAP-Mitglied, zudem war er Mitglied im NS-Rechtswahrerbund und in der NS-Volkswohlfahrt. Nach dem Jurastudium hat er am Oberlandesgericht München und später am Finanzamt München gearbeitet. 1941 wechselte er zur Verkehrsverwaltung und wurde nach Berlin versetzt, er war als Beauftragter des Reichsverkehrsministeriums beim Oberkommando der Wehrmacht tätig. Später war er Tarifdezernent in Riga und 1942 wurde er nach Smolensk versetzt. Von dem Fürstenfeldbrucker Ortsgruppenleiter und Lehrer Heinrich Böck sowie von Kreisleiter Franz Emmer wurde Dr. Bauer bescheinigt, dass er politisch einwandfrei sei. Die Spruchkammer Fürstenfeldbruck stufte ihn im Februar 1947 im Rahmen seines Entnazifizierungsverfahrens als Mitläufer ein. Dr. Bauer vertrat anwaltlich prominente Fürstenfeldbrucker Nationalsozialisten wie Kreisleiter Franz Emmer, NS-Frauenschafts-führerin Franziska Heitmeyer,

Entenmaler Franz Gräßel und Apotheker Hans Kolb in den Spruchkammerverfahren.Ende der 1940er Jahre startete Bauer seine politische Karriere in Fürstenfeldbruck. Im November 1950 kandidierte er erfolglos für die Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung (WAV) für den Bayerischen Landtag. Zusammen mit dem Apotheker Hans Kolb (1902 – 1962) und dem Vorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft, dem Ingenieur Eduard Chwalibog (1904 – 1972), gründete Dr. Fritz Bauer die „Überparteiliche Wählergemeinschaft der Alt- und Neubürger“ für die Stadtrats- und Kreistagswahlen 1952. Auf der 13-köpfigen Liste der „Überparteilichen“ befanden sich acht ehemalige NSDAP-Mitglieder. Die „Überparteilichen“ errangen bei der Stadtratswahl einen großen Erfolg und zogen mit fünf Sitzen in den Stadtrat ein. Dr. Fritz Bauer wurde zum Ersten Bürgermeister gewählt, ein Amt, welches er bis 1962 durch zweimalige Wiederwahl in den Jahren 1956 und 1960 bekleidete.

Im Jahr 1962 trat Bauer als Erster Bürgermeister zurück, vorgeblich aus gesundheitlichen Gründen. Zudem war er über seine Amtszeit als Erster Bürgermeister hinaus bis 1972 Stadtrat, in den Jahren von 1956 bis 1960 sowie im Jahr 1972 war er Kreisrat, 1972 war er zweiter Stellvertreter des Landrates.

Dr. Fritz Bauer starb am 22. Juli 1990 in Fürstenfeldbruck.

Dr. Gerhard Neumeier




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