RathausReport Oktober 2018: Die Leonhardifahrt in der Weimarer Republik und nach dem Zweiten Weltkrieg
Die Leonhardifahrt war und ist eine Prozession zu Pferde, die zu Ehren des heiligen Leonhard von Limoges (6. Jh.) an dessen Gedenktag, dem 6. November, oder an einem benachbarten Wochenende stattfindet. Der heilige Leonhard war der Schutzpatron der landwirtschaftlichen Tiere, heute vor allem der Pferde. Zu Leonhardi wurden und werden Wallfahrten mit Tiersegnung unternommen.
Die Zisterzienser pflegten eine besondere Verehrung des hl. Leonhard. Der Grund hierfür lag wahrscheinlich in der Verbindung des Klosters Fürstenfeld zu Inchenhofen, das sich im Spätmittelalter zu einer großen Leonhardswallfahrt entwickelte. In Bruck wurde die Kapelle des hl. Leonhard am 22. Juli 1440 durch den Freisinger Bischof Nikodemus della Scala eingeweiht. Die Leonhardskirche wurde unter Abt Andreas erbaut.
Im Jahr 1743 gelobten die Einwohner von Bruck anlässlich einer Viehseuche ein jährliches Votivamt, seit diesem Jahr wurde am 6. November das Fest des hl. Leonhard in Bruck begangen. Der genaue Ursprung der Leonhardifahrt in Bruck ist nicht mehr rekonstruierbar. Bis in die Kriegsjahre 1914 – 1918 fand am 6. November ein Umritt um die Leonhardikapelle statt. Die Bauern ritten mit ihren Pferden zur Kapelle und zogen nach dreimaligem Umritt wieder nach Hause. Dieser Leonhardiritt wurde ohne Zeremonie durchgeführt, er trug nicht das zum Ausdruck kommende religiös-feierliche Festgepräge. In diesem Artikel geht es um die Leonhardifahrten in der Weimarer Republik und nach dem Zweiten Weltkrieg.
Die Weimarer Republik
Definitiv überliefert ist eine Leonhardifahrt in Bruck im Jahr 1921. Die nächsten beiden Leonhardifahrten fanden in den Jahren 1927 und 1928 statt. Der Gemeinderat von Fürstenfeldbruck hatte für das Jahr 1929 im Vorfeld kräftig die Werbetrommel gerührt. Vor allem die Geschäftsinhaber wurden zu Spenden aufgefordert. Manche Unternehmen gaben Angebote an den Gemeinderat Fürstenfeldbruck ab, so die Fa. Diringer, Werkstätten für Kostümkunst, aus München. An der Leonhardifeier am 5. November 1929 in Fürstenfeldbruck nahmen 30 Delegationen teil. Die Ansprache hielt der Superior P. Martin vom Kloster Fürstenfeld. Er betonte den Zweck und die Bedeutung der Leonhardifahrten und wies darauf hin, dass das Fest kein Schauspiel, sondern eine kirchliche Feier, eine Prozession und ein Gottesdienst sei.
Die Teilnehmer waren beispielsweise die Geistlichkeit, der Bürgermeister mit Gemeinde-und Kirchenverwaltung, die Marthabrauerei, der Ökonomenverein, die Schule, die Gemeinde Maisach, das Forstamt, die Gastwirtevereinigung, der Burschenverein Biburg, die Schloßbrauerei Kaltenberg, die Gemeinde Olching, die Gemeinde Malching, die Törringsche Gutsverwaltung, die Gemeinden Germering, Puchheim, Alling, Aich und Puch sowie das Pachtgut Fürstenfeld. Auf der Freitreppe des Rathauses wurde ein Altar errichtet. Die kirchliche Feier wurde durch das gemeinsam gesungene „Großer Gott, wir loben Dich“ beendet. Das hl. Meßopfer wurde vom Ortspfarrer zelebriert, es wurde vom Männergesangverein mit geistlichen Liedern von Haydn und Schubert verschönert.
Die Veranstaltung war auch ein großes Heimatfest. Die Leonhardikapelle bekam ein grünes Kleid und ein Vordach aus Fichtenreisern, außerdem wurde ein Bild des hl. Leonhard aufgehängt. Alle Häuser, an denen die Leonhardifahrt vorbei ging, waren festlich geschmückt. Die Bevölkerung nahm großen Anteil.
Am 1. Oktober 1930 richtete der 1. Bürgermeister Anton Uhl an die Bevölkerung und an die verschiedenen Organisationen: „Skt. Leonhardstag! Dieses Wort hat bei unserer altbayerischen Bevölkerung wahre Zauberkraft. Besonders dort, wo eine Kultstätte dieses Heiligen sich befindet, wird sein Namenstag feierlich begangen. Auch in Fürstenfeldbruck ist dieser alte, schöne Brauch in den letzten Jahren wieder aufgelebt und führte zur Durchführung von wohlgelungenen Leonhardifahrten. Der glänzende Verlauf dieser Veranstaltungen, an denen stets die gesamte Bevölkerung des Bezirks und der weiteren Umgebung freudigen Anteil nahm, ermutigt uns auch für das heurige Jahr die Werbetrommel zu rühren, damit die Leonhardifahrten in Fürstenfeldbruck erhalten bleiben als Sinnbild der Heimatliebe und Treue. Wir geben uns dabei der sicheren Hoffnung hin, dass sich nicht nur die bisherigen bewährten Kräfte wieder zur Verfügung stellen, sondern dass wir auch auf die äusserst wertvolle Mitarbeit seitens noch Fernestehender rechnen dürfen, wenn wir den Versuch unternehmen, dem hl. Leonhard, dem Beschützer unserer Pferde, zu seinem Namensfest auch heuer wiederum eine Huldigung darzubringen“ … .
Zunächst gingen die Zusagen zur Teilnahme, meistens aus wirtschaftlichen Gründen, spärlich ein. An der Leonhardifahrt im Jahr 1930 nahmen dann jedoch 40 Delegationen teil. Neben denjenigen Gruppen, die schon im Jahr 1929 teilgenommen hatten, waren in diesem Jahr beispielsweise auch die Reitergruppe der Gemeinde Jesenwang, die Schuljugend Mammendorf, die Reitergruppe der Gemeinde Kottgeisering und die Schule sowie die Musikkapelle aus Emmering beteiligt. Der Zug zählte 40 Festwagen. Das Quartier für maximal 202 Pferde stellten Hirsch, Reitmeier, Hartmann, der Fürstenfelderhof, Bichler, Marthabräu, Landsbergerhof und Greif bereit, also vorwiegend Brauereien und Gaststättenbetriebe. Ab 9 Uhr strömte am 11. November 1930 eine große Menschenmenge vom Bahnhof kommend in Richtung Ortsmitte. Die Festansprache hielt Domkapitular Prälat Dr. Hartig aus München, die Feldmesse las H. H. Geistl. Rat Graßl. In den nächsten 19 Jahren kam die Leonhardifahrt nicht zustande, in der NS-Zeit vorwiegend aus politischen Gründen.
Die Leonhardifahrt im Jahr 1949
Im September 1949 beschloss der Stadtrat einstimmig, die Leonhardifahrt wieder durchzuführen. Es wurde ein Organisationsausschuss gebildet, dem der 2. Bürgermeister Plonner sowie die Stadträte Brück, Hetterich, Hornberger und Weiß angehörten. Stadtpfarrer Dr. Martin Mayr konnte bald die Zustimmung des erzbischöflichen Ordinariats mitteilen, auch die Vertreter des Landkreises sagten zu.
Bald warb die Stadt Fürstenfeldbruck auf dem Land, um die Bereitschaft der bäuerlichen Bevölkerung zur Beteiligung zu wecken. Die Leonhardifahrt sollte am 5. November 1949 stattfinden, für den gleichen Tag war die Eröffnung der Landwirtschaftsschule sowie eine Getreide-und Gartenbauausstellung geplant. Um 7 Uhr begann das Votivamt, nach dem Leonhardiumritt und dem Festgottesdienst vor dem neuen Rathaus fand eine Führung durch das Kloster statt, die Veranstaltung endete mit einem sogenannten großen Brucker Nachmittag. Teilnehmer des Zuges waren unter anderem der Landjugendverband, der Bayerische Bauernverband, der Ökonomenverein, die Schulen, die Kreishandwerkerschaft, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, der Trachtenverein, die Marthabrauerei und das Hotel Post. Die Pferde trugen Weizenstroh an Mähne und Schweif. Sämtliche wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Vereinigungen Fürstenfeldbrucks sagten ihre Unterstützung und Beteiligung zu. Ernst Crasser zeichnete für den Linolschnitt des Plakates verantwortlich und der Truhenwagen der Brucker Heimatgilde wurde von Kunstmaler Sonner aus Olching entworfen und ausgeführt. An der Leonhardifahrt im Jahr 1949 nahmen mehrere tausend Menschen teil. Der Festgottesdienst wurde von Stadtpfarrer Dr. Martin Mayr in Anwesenheit von Prälat Pfanzelt aus Dachau zelebriert. Mayr sagte, dass dies eine Wallfahrt im Dienst einer hohen Idee sei.
Dr. Gerhard Neumeier
Stadtarchivar
Leonhardifahrt 1921. Foto: Stadtarchiv
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