Sitzung des Planungs- und Bauausschusses vom Februar 2023

Wohnraumförderung auch für die Mittelschicht? 

In Fürstenfeldbruck gibt es einen Engpass bei günstigen Mietwohnungen. Zumal die Zahl der Sozialwohnungen – wie fast überall – auch hier zurückgeht. Denn bei immer mehr geförderten Wohnungen läuft die Bindungsfrist aus. Die Folge: In der Regel erhöhen die Eigentümer dann die Miete. Vor diesem Hintergrund hat die Stadt bereits vor Jahren beschlossen, dass sich Bauherren im Gegenzug für neu geschaffenes Baurecht mit inzwischen bis zu 40 Prozent am geförderten Wohnungsbau beteiligen oder Belegungsbindungen für von der Stadt unterzubringende Men-schen eingeben. Dies kommt vor allem Personen mit geringen finanziellen Mitteln zugute. CSU und Grüne wollen jetzt aber nicht mehr nur die unteren Einkommensschichten, sondern auch die Mittelschicht unterstützen. In einem gemeinsamen Antrag fordern sie, das Konzept der „Sozialgerechten Bodennutzung“ (SoBoN) zu überarbeiten. Vorgeschlagen werden verschiedene Vorgehensweisen wie etwa eine „Brucker Modell Miete“ in Anlehnung an das Münchner Modell mit Mie-ten zwischen 7,50 und elf Euro pro Quadratmeter, Einheimischen-Modelle oder förderfähige Ei-entumswohnungen. 
„Es geht nicht um das kleine Häuschen mit Jägerzaun im Grünen, sondern um Wohnraum generell“, betonte der CSU-Fraktionsvorsitzende Andreas Lohde im Planungs- und Bauausschuss. „Die Wohnungsnot ist im Mittelstand angekommen“, ergänzte Mitstreiter Jan Halbauer (Grüne). Er trat dafür ein, sich unter Beibehalten der SoBoN mit dem Brucker Einheimischen-Modell auf den Weg zu machen, den andere Kommunen schon lange gegangen seien. Als Beispiel führte er Kirchheim bei München an. 
Bedenken äußerten Adrian Best (parteifrei) und Mirko Pötzsch (SPD). Sie warnten davor, die SoBoN zulasten der sozial Schwachen aufzuweichen. Auch Alexa Zierl (ÖDP) betonte, dass es keine Verschlechterung für diejenigen geben dürfe, die von der bisherigen Regelung profitiert hätten. Sie verwehrte sich gegen eine Halbierung der Förderung oder eine Verkürzung der Bele-gungsrechte. Ihr Änderungsantrag fand jedoch keine Mehrheit. Christian Götz (BBV) erinnerte ebenso wie Markus Droth (FW) an die Möglichkeit, durch Baugenossenschaften Wohnraum zu realisieren. 
„Das Thema ist sehr komplex“, betonte Markus Reize vom Stadtbauamt. Eine detaillierte Stellungnahme nehme viel Zeit in Anspruch. Die Verwaltung arbeite aber bereits an einer ausführlichen Beschlussvorlage. Die Verwaltung begrüße ausdrücklich das Ziel, Wohnraum auch für mittlere Einkommensgruppen zu schaffen. Letztlich wurde der entsprechende Grundsatzbeschluss bei zwei Gegenstimmen gefasst. Die Verwaltung wurde beauftragt, die Möglichkeiten ergebnisoffen zu prüfen. Irene Weinberg (BBV) regte an, dann auch eine Aufstellung über bestehende Sozialwohnungen, Vergabekriterien und Wartezeiten vorzulegen. 

Kritik an neuer Wohnanlage

An der Ecke Kronprinz-Rupprecht-/Neufeldstraße ist der Neubau von drei Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 22 Wohnungen, einer gemeinsamen Tiefgarage und zwölf oberirdischen Stellplät-zen geplant. Vorgesehen sind jeweils drei Stockwerke plus Dachgeschoss. Es soll ansprechend gestaltete Freiflächen mit einem Spielplatz geben. Da das Vorhaben von der Höhe und der Fläche her zur Gebäudeklasse 4 zählt, wurde es kürzlich im Planungs- und Bauausschuss (PBA) behandelt. 
Aufgrund der beengten Platzverhältnisse müsste die Zufahrtsrampe der Tiefgarage entgegen den Vorschriften mit einer Steigung von 23 Prozent anstatt der maximal möglichen 15 Prozent ausgeführt werden. Hierfür wurde vom Bauherrn eine Abweichung beantragt und ein entsprechendes Gutachten eingereicht. Zudem liegen ein größerer Teil der Tiefgarage sowie Außenanlagen und ein Nebengebäude für Fahrräder auf einem Streifen im Norden des Baugrundstücks an der Bundesstraße 471, der eigentlich nicht bebaut werden darf. Hierfür ist per Gesetz die Zustimmung des für diese Bundesstraße zuständigen Staatlichen Bauamts Freising erforderlich. Darüber hinaus rät die Immissionsschutzstelle des Landratsamts wegen der Nähe zu der Bundesstraße zu einer schalltechnischen Untersuchung. 
Laut Stadtbauamt fügt sich das Projekt aber insgesamt in die nähere Umgebung ein. „Es bestehen aus städtebaulicher Sicht keine Bedenken“, heißt es in der Sitzungsvorlage. Auch die Erschließung sei gesichert. Daher wurde das Vorhaben als planungsrechtlich zulässig eingestuft. „Es besteht Anspruch auf Genehmigung“, betonte Markus Reize vom Stadtbauamt. 

Mitglieder des PBA sahen dies jedoch anders. „Wollen wir das so haben?“, fragte Georg Jakobs (CSU) angesichts der in seinen Augen massiven Verdichtung. Die Kronprinz-Rupprecht-Straße sei zudem ohnehin schon durch Verkehr belastet. Derzeit würden sich dort lediglich fünf Wohneinhei-ten befinden, rechnete Christian Götz (BBV) vor. Auch ihm ist die geplante Bebauung zu viel. Zudem sorgte er sich um den Baumbestand, der weitgehend verschwinden würde. Er forderte eine überarbeitete Planung ohne den an der Lärmschutzwand zur Bundesstraße liegenden Baukörper sowie wenigstens den teilweisen Erhalt der Bäume. Und er störte sich an den Anwohner-Stellplät-zen mit Ausfahrt auf die „Fahrrad-Achse“ Neufeldstraße. Um die Sicherheit dort sorgten sich ne-ben Verkehrsreferent Mirko Pötzsch (SPD) auch Theresa Hannig (Grüne) und Hans Schilling (CSU). Die Straßenverkehrsbehörde der Stadt sei involviert gewesen, betonte Reize. Alexa Zierl (ÖDP) warnte davor, einen Präzedenzfall für den gesamten Straßenzug zu schaffen. Sie schlug vor, nicht zuzustimmen, sondern in die Bauleitplanung einzusteigen. Markus Droth (FW) fragte gezielt nach weiteren rechtlichen Möglichkeiten. Karl Danke (BBV) regte an, erneut mit dem Bauwerber zu sprechen. 
Ungeachtet dessen, dass dort Baurecht besteht, beschloss der PBA einstimmig, dass hinsichtlich der Masse der Bebauung, der Positionierung der Gebäude und der Parkierung nochmals Gespräche geführt werden. Sollten diese nicht erfolgreich abgeschlossen werden, wird die Stadt in ein Bauleitverfahren eintreten. 

 

Am Hochfeld entsteht ein neues Wohnquartier 

Es ist eine der größten Entwicklungsflächen in Fürstenfeldbruck: das Hochfeld im nördlichen Stadtgebiet zwischen der Wilhelm-Busch- und der Peter-Rosegger-Straße. Dort soll ein neues Quartier entstehen. Der Planungs- und Bauausschuss (PBA) befasste sich in seiner Februar-Sitzung mit dem zugehörigen städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerb. Das Gremium stimmte den von einem Arbeitskreis formulierten Kriterien für die Auslobung bei nur einer Gegenstimme von Karl Danke (BBV) zu. Das letzte Wort hatte dann der Stadtrat. Dort gab es bei vier Gegenstimmen grünes Licht. 
Das Areal umfasst eine Gesamtfläche von etwa acht Hektar. Für den südlichen rund sechs Hektar großen Teil soll es einen Realisierungs- und für die restliche zwei Hektar große Fläche einen Ideenteil geben. Ziel des Wettbewerbs ist die Entwicklung eines „verkehrsarmen, verdichteten, aber dennoch klimagerechten, ökologisch nachhaltigen Wohnquartiers mit starker Durchmi-schung (unterschiedlichste Wohnformen und Wohnungsgrößen) und qualitätsvollen weitläufigen Grünstrukturen“. Die wesentlichen Eckdaten waren vom Stadtrat bereits im Oktober 2021 festgezurrt worden. Demnach ist auf dem Gelände ein Anteil von 70 Prozent im Geschosswohnungsbau mit bis zu fünf Stockwerken geplant. 30 Prozent können als verdichteter Reihenhausbau errichtet werden. Ziel sind Angebote für alle Generationen und Einkommensgruppen. Auch genossenschaftlicher Wohnungsbau soll möglich sein.  
Die Rede war von insgesamt rund 330 Wohneinheiten. Frühere Planungen waren noch von etwa 270 Wohnungen ausgegangen. Christian Götz (BBV) wunderte sich im PBA über die dichte Bebauung. „Wir stapeln dort ganz schön viele Leute hin.“ Er empfand dies als grenzwertig. Zudem wünschte er sich mehr Fahrradstellplätze. Auch Georg Jakobs (CSU) war bezüglich der Nachverdichtung skeptisch. Andreas Lohde (CSU) trat für ein Einheimischen-Modell in den Mehrfamilienhäusern ein. Wohnungen müssten für die Menschen finanzierbar sein, so sein Credo. 
Markus Droth (FW) erinnerte an die Geothermie, die seiner Meinung nach in den Auslobungstext mit aufgenommen werden sollte. Außerdem schlug er mit Blick auf die hohen Baupreise statt ei-ner Tief- eine Hochgarage vor, die gleichzeitig als Lärmschutz dienen könnte. Mit Blick auf die Aufenthaltsqualität hinterfragte Mirko Pötzsch (SPD) die überwiegend oberirdisch geplanten Stellplätze. Laut Alexa Zierl (ÖDP) sollte der Klimaschutz konkreter gefasst werden. Sie trug eine ganze Liste an Änderungsvorschlägen vor. Jennifer Jakob vom städtischen Bauamt warnte jedoch vor zu vielen konkreten Forderungen. Jan Halbauer (Grüne) sprach sich ebenfalls dagegen aus, zu sehr ins Detail zu gehen. Er lobte den Wettbewerbstext und trat dafür ein, diesen Weg weiterzugehen. Aufgenommen wurde letztlich der Vorstoß, die Zahl der Fahrradstellplätze von einem je 40 Quadratmetern auf einen pro 30 Quadratmeter zu erhöhen.  

Diskussion im Stadtrat 

Trotz der intensiven Vorberatung wurde auch im Stadtrat nochmals längere Zeit diskutiert. Eingangs stellte Stadtbaurat Johannes Dachsel in Anbetracht der Berichterstattung in den Medien nach der Ausschuss-Sitzung und der zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer aus dem Umfeld des geplanten Bauvorhabens nochmals das kommende Verfahren und den Ablauf vor. Er betonte, dass aufgrund der Bedeutsamkeit der Maßnahme der vorgesehene Prozess deutlich umfangreicher sei als im Normalfall. „Wir wollen, dass sich die Leute gleich am Anfang einbringen“, so der Bauamts-Chef. Es gebe eine Notwendigkeit, dieses Areal zu entwickeln, der Bedarf sei da. Eine entsprechende Grundsatzentscheidung sei gefallen, über das Wie werde man sich abstimmen. 
Alexa Zierl (ÖDP) trug in Vertretung für den erkrankten Referenten für Bürgerbeteiligung und Fraktionskollegen Dieter Kreis dessen Rede vor. Die hohe Verdichtung, massive Bebauung und der damit einhergehende zunehmende Verkehr werde skeptisch gesehen. Es handele sich um eine „investoroptimierte Bebauung“. Gefordert wurde eine Tiefgarage. Starke Kritik gab es an der geplanten Bürgerbeteiligung: Man sollte vor dem Beschluss über den Auslobungstext diesen zunächst mit den Anwohnern diskutieren – analog der Vorgehensweise zum Areal Aumühle/Lände. So sei es eine „Alibi-Bürgerbeteiligung“. Ein entsprechender Änderungsantrag zum Beschluss wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. 
Dachsel war über diesen Beitrag sichtlich verärgert: „Ich bin irritiert über die Unterstellungen.“ Das politische Gremium sei in verschiedenen Sitzungen zu diesem Thema seiner – auch gesamtstädtischen – Verantwortung nachgekommen und habe Beschlüsse gefasst. Ein Vorgang, der so voll-kommen richtig gewesen sei. In dem Arbeitskreis, dem auch Zierl angehörte und wo sie stets eingebunden war, sei man einvernehmlich zu dem nun vorliegenden Ergebnis gekommen. Gespräche mit dem Investor seien erst danach geführt worden. „Jetzt das Verfahren anzugreifen, finde ich unanständig“, empörte sich Dachsel. Gegen die Bezeichnung „Alibi-Bürgerbeteiligung“ verwehrte er sich. Das Gegenteil sei der Fall, man nehme die Einbeziehung der Anwohnerinnen und Anwohner sehr ernst. „Wir stellen uns der Öffentlichkeit.“ Er äußerte sein Unverständnis darüber, dass am Ende dann in öffentlicher Sitzung längst diskutierte Themen wieder auf das Tableau gebracht werden. 

Christian Götz (BBV) bezeichnete die Einlassungen Zierls als arg populistisch. In den vielen Abstimmungen zuvor habe er bislang von ihr solche Aussagen nicht gehört. Auch wenn das Vorha-ben in seiner Fraktion zum Beispiel wegen der Erschließung kontrovers diskutiert worden sei, sollte man es nun auf den Weg bringen. Es werde dadurch nichts in Stein gemeißelt. Man sei ganz am Anfang eines langen Prozesses und am Ende werde es einen Kompromiss geben, mit dem alle gut leben können. Er warb dafür, Vertrauen in den Prozess zu haben. 
Mit ihrem Redebeitrag unterminiere Zierl das Vertrauen in das Verfahren, befand auch Philipp Heimerl (SPD). Eine frühere Beteiligung der Bevölkerung bewege sich im luftleeren Raum, weil man nicht wisse, über was man rede. Da es sich um kein städtisches Grundstück, lediglich um eine städtische Planung handele, müsse beachtet werden, dass der Investor diese auch wirtschaftlich umsetzen kann. Sonst komme am Ende wie beim nördlichen Viehmarktplatz nichts dabei heraus. „Das Verfahren wird uns jahreslang beschäftigen. Es gilt nun, den Prozess als Chance zu begreifen und sich gemeinsam auf den Weg zu machen“, so Heimerl. 
„Ich bin enttäuscht über die Einlassung von Frau Zierl, die entweder aus Unwissenheit oder ganz bewusst erfolgt – zweites ist noch schlimmer“, konstatierte Andreas Lohde (CSU). Diese stelle den bisherigen Prozess von Stadtrat und Verwaltung in Misskredit. Auch in seiner Fraktion habe es rege Diskussion über die 330 Wohneinheiten gegeben. Man stehe aber erst am Beginn einer Entwicklung und habe zunächst die Rahmenbedingungen geschaffen. Und natürlich werde es ein Verkehrsgutachten geben. Wenn es rechtlich möglich ist, gebe die CSU einen ihrer Jury-Plätze zugunsten eines Vertreters der Anwohnerschaft ab. 
Christian Stangl (Grüne) ergänzte, dass die späteren Entwürfe auch nach der Dichte der Bebauung bewertet würden, Anpassungen noch jederzeit möglich seien. Der Politik und der Verwaltung zu unterstellen, dass sie sich von dem Investor instrumentalisieren lassen würde, befand er als kühn, bezeichnete dies als Verunglimpfung und populistisch angesichts der anwesenden Bürgerinnen und Bürger. 
Abschließend erläuterte Dachsel, warum man im Sinne der Klimafolgenanpassung Hoch- statt Tiefgaragen vorgeschlagen habe, obwohl diese dem Investor Geschossfläche wegnehmen würden: Große Bäume seien auf einer Tiefgarage nicht möglich, das Prinzip „Schwammstadt“ funktioniere sonst nicht und mit einer unterirdischen Garage werde dort viel Graue Energie gebunden. 

Und so geht es weiter 

Vor Beginn des Wettbewerbs wird es eine Informationsveranstaltung geben. Die vorgebrachten Bedenken, Anregungen und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger werden der Auslobung als Anlage beigelegt. Diese sollen von den Planungsbüros berücksichtigt werden. Nachdem dann eine Jury Arbeiten für die zweite Phase ausgewählt hat, hat die Bevölkerung erneut das Wort. Die Er-gebnisse sollen ebenfalls in die Entwürfe einfließen. Die Verwaltung geht davon aus, dass die Wettbewerbssieger im Winter 2023 feststehen. Wenn über die Planung Einigkeit besteht, beginnt das Bebauungsplanverfahren, in dessem Zuge im Rahmen der vorgeschriebenen öffentlichen Beteiligung die Bevölkerung noch zwei Mal Gelegenheit hat, ihre möglichen Bedenken vorzubringen.




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