Lustiges Miteinander
Zu meiner Jugendzeit lebten in Bruck noch zwei kleinwüchsige Mitbürger, Olga und Richard Krüger. Beide waren sehr gesellig und fühlten sich in ihren Vereinen sehr wohl: Olga im Gesangverein und Richard im Turnverein. Sie machten gern bei Späßen mit, aber auch mit ihnen trieb mancher Mitbürger seinen Spaß.
Richard besuchte gerne die Maskenbälle. An einem Faschingssonntag war er als Schulbub im Matrosenanzug und einem Schulranzen auf dem Rücken maskiert. Er blieb bis zum Morgengrauen und genoss ausgiebig das süffige Marthabräu-Bier. Das machte ihn übermütig. Am Montag früh stellte er sich in seinem Aufzug und seiner Größe als Schüler beim Apothekerhaus am Beginn des Schulweges hin und wartete. Als eine ältere Bruckerin vorbeikam, begann er bitterlich zu weinen, zwickte die Beine zusammen und krümmte sich wie einer der dringend Wasser lassen muss. Natürlich ging die Frau mitleidsvoll auf den kleinen Schulbuben zu und fragte ihn nach dem Grund seines Kummers. Der schluchzte nur und stotterte, er müsse pieseln, könne es aber alleine nicht. Hilfsbereit half ihm die Frau sein Hosentürl zu öffnen und das ,,Bieserl" hervorzuholen. Jetzt erst bemerkte die Frau, dass kein Schulkind, sondern ein erwachsener Mann vor ihr stand. Sie stieß einen entsetzlichen Schrei aus und zeigte den Richard, den sie nun erst erkannte, bei der örtlichen Obrigkeit an. Bei seiner Vernehmung gestand er die „Tat“. Der Vernehmende gab dem vor ihm stehenden kleinwüchsigen, aber erwachsenen Mann eine schallende Ohrfeige und meinte: „Strafe muss sein, aber ein Hundling bist du schon.“
1945 hatten die amerikanischen Besatzungstruppen auf der Lände im Rahmen ihres Umerziehungsprogramms für die deutsche Jugend GYA (German youth aktivity) für die Buben ein Jugendheim eingerichtet. Dorthin ging ich an einem November – Abend, es war schon dunkel, mit einem Kameraden aus der Nachbarschaft zum Basteln. Er war lieb, aber etwas einfältig. Vor dem Anwesen von Schmied Heid in der Schöngeisinger Straße befand sich die Zapfsäule der dortigen Tankstelle. Wir blödelten so dahin und als ich die Zapfsäule vor mir sah, ging ich auf sie zu, klopfte daran und forderte sie auf mir aus dem Weg zu gehen. Mein Kamerad fand das furchtbar lustig und suchte eine Gelegenheit es mir nachzumachen. Die sah er, als uns ein kleiner Bub entgegenkam. Auf diesen ging er nun geradewegs zu und forderte ihn schroff auf ihm aus dem Weg zu gehen. Zu unserer Überraschung war es aber kein kleiner Bub, sondern ein erwachsener kleiner Mann - der Krüger Richard. Ehe sich's mein Kamerad versah, zog Richard Krüger aus und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Nun war es für uns an der Zeit, das Weite zu suchen.
Olga Biermeier war ebenfalls kleinwüchsig, trotzdem aber sehr kontaktfreudig und lustig. Sie war eine eifrige Sängerin beim Männergesangverein (heute Chorgemeinschaft). Ihr heiteres und fröhliches Wesen machte sie zur allseits beliebten Sangesschwester. Bei jedem Scherz und Ulk war sie mit dabei, auch wenn es sie selbst wegen ihrer Kleinwüchsigkeit betraf. Solange es ihre Gesundheit zuließ, feierte sie jeden Faschingsball der Sängerrunde mit - natürlich kostümiert. Eines Tages verkündete sie ihren Sangesbrüdern und -schwestern im Zuge der Vorbereitungsarbeiten für den Faschingsball: ,,Heuer werde ich mich so kostümieren, dass kein Mensch mich erkennen wird!" Das löste natürlich allgemeine Heiterkeit aus, denn als einzige Kleinwüchsige in der Stadt konnte sie sich keinesfalls so verkleiden, dass niemand sie hätte erkennen können. Da musste sie dann auch herzlich mitlachen.
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