RathausReport Mai 2020: Die Gründung der CSU

Nach dem Ende der NS-Diktatur wollten die drei westlichen Besatzungsmächte eine Demokratie errichten. Die Amerikaner strebten dabei eine „Demokratie von unten“ an, sie beabsichtigten, zunächst auf kommunaler Ebene demokratische Strukturen zu schaffen. Demokratische Parteien waren hierzu unverzichtbar. Als erstes wurden in Fürstenfeldbruck die CSU und die SPD gegründet beziehungsweise wiedergegründet. Heute soll es um den Gründungsprozess der CSU gehen.

Die Gründung der CSU in Bayern

Die „bayerische Frage“, das heißt die Frage nach der Stellung Bayerns in einem übergeordneten deutschen Staatswesen und nach seinen Einflussmöglichkeiten im nationalen Rahmen spielte bei der Gründung der CSU eine wichtige Rolle. Der neugegründeten CSU gehörten Protagonisten der bayerischen Eigenstaatlichkeit genauso an wie gemäßigte Befürworter eines deutschen Bundesstaates. In Oberbayern, Niederbayern und der Oberpfalz wurde mehrheitlich den staatlichen Rechten Bayerns erste Priorität eingeräumt, die nördlich der Donau erarbeiteten Parteiprogramme wiesen zumeist über die bayerischen Grenzen hinaus. Die Idee, Katholiken und Protestanten, Konservative und Liberale, Bürger, Arbeiter und Bauern in einer Partei der Sammlung auf der Basis des christlichen Sittengesetzes zusammenzuführen, war zentral und wurde von den allermeisten frühen Parteimitgliedern unterstützt. Es wurde eine breit angelegte Sammlungsbewegung angestrebt, die vor allem beide christlichen Konfessionen umfassen sollte. Auch die Furcht vor einem Linksrutsch und vor einer Radikalisierung der Bevölkerung spielte eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Die nationalsozialistische Diktatur und die Folgen des Zweiten Weltkrieges bildeten den Ausgangspunkt aller wichtigen programmatischen Texte aus den Gründungstagen der bayerischen Unionspartei. Die Ablehnung von Ideologie und Herrschaftspraxis des NS-Staates ging Hand in Hand mit einer Absage an jede Form von Militarismus, Expansionismus oder übersteigertem Nationalismus. Wichtige Parteimitglieder der ersten Stunde der CSU wie Franz Fackler, Franz Liedig, Josef Müller, Emil Muhler, Hans Nientimp und Franz Steber saßen für Monate oder Jahre in den Gefängnissen oder Konzentrationslagern der NS-Diktatur. Die Sozial- und Wirtschaftspolitik sollte sich an die Prinzipien der katholischen Soziallehre anlehnen. Es wurden weitgehende Forderungen nach einer evolutionären Umgestaltung der bestehenden Ordnung erhoben. Beispiele hierfür waren die Umverteilung des noch vorhandenen Volksvermögens, der Ausgleich der Kriegsfolgelasten zwischen den besitzenden und verarmten Bevölkerungsschichten, die Entproletarisierung der Arbeiterschaft und die Förderung von Eigentumsbildung sowie der Schutz von Ehe und Familie. Planwirtschaftliche Konzepte sozialistischer Prägung wurden weitgehend abgelehnt, zugleich wurden verschiedene Modelle innerbetrieblicher Mitbestimmung und Gewinnbeteiligung diskutiert. Wichtige Gründungsmitglieder der CSU waren beispielsweise Josef Müller, Fritz Schäffer, Michael Horlacher, Alois Hundhammer und Karl Scharnagl. Zum ersten Parteivorsitzenden der CSU wurde Josef Müller gewählt.

Die CSU in Fürstenfeldbruck

Ab Anfang Dezember 1945 bemühten sich Direktor Franz Wagner vom Überlandwerk, der Geistliche Rat Dr. Martin Mayer, der Benefiziat Dr. Heinrich Ostler und der Krankenhauschefarzt Dr. Andreas Stöckle, zukünftige Parteimitglieder für die CSU zu rekrutieren. Am 8. Dezember 1945 trafen sich die Interessenten für die Gründung einer Orts- und Kreisführung der CSU in Fürstenfeldbruck. Anwesend waren zum Beispiel der Kaufmann Hans Wachter, der Förster Albert Daubner, der Architekt Adolf Voll, der Kaufmann Anton Plonner, der Bäckermeister Max Wimmer, der Schreinermeister Jakob Asam, der Schlossermeister Hans Seeberger, der Metzgermeister Johann Kneißl, der Kaminkehrermeister Alois Eberl, der Gastwirt Nikolaus Kiening, der Regierungsoberinspektor Georg Schiller, der Kaufmann Fridolin Brück, der Schneidermeister Josef Manhart, der Schreinermeister Bernhard Pulfer und der Dentist Ferdinand Stanglmaier. Die erste Mitgliederversammlung hielt die Fürstenfeldbrucker CSU am 28. Dezember 1945 im Marthabräu ab. Dies war der Gründungstag der CSU in Fürstenfeldbruck auf lokaler Ebene.

Viele der Gründungsmitglieder der Fürstenfeldbrucker CSU waren bereits bis zum Jahr 1933 Mitglieder in der Bayerischen Volkspartei (BVP) gewesen. Josef Schwalber bekam den Auftrag, die ehemaligen BVP-Mitglieder anzuschreiben und für eine Mitarbeit in der CSU zu gewinnen. Zum ersten Vorsitzenden der Fürstenfeldbrucker CSU wurde Hans Wachter gewählt, diesem folgte Karl Huber, Prokurist bei der Firma Anton Uhl. Zur Gründung der CSU in Fürstenfeldbruck trugen wesentlich Ferdinand Stanglmaier, der Schlosser Willy Herrmann und der Ingenieur Willy Cremer bei. Bei der ersten freien Kommunalwahl im Jahr 1946 bekam die CSU über die Hälfte der Stimmen, zum Ersten Bürgermeister wurde Hans Wachter gewählt. Bei der zweiten Kommunalwahl im Jahr 1948 erlitt die CSU eine schwere Niederlage, Erster Bürgermeister wurde Michael Neumeier (SPD).

 

Dr. Gerhard Neumeier

Stadtarchivar




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