Städtepartnerschaft - mehr als nur ein Straßenname

Über 50 Jahre ist es her, dass die beiden Städte Fürstenfeldbruck und Livry-Gargan ihre Freundschaft besiegelten. Eine lange Zeit, doch die Freundschaft hält an. Erst im vergangenen Jahr besuchten sich anlässlich des 50-jähirgen Jubiläums Delegationen beider Städte gegenseitig, um den Bund zu erneuern. Stadtjugendrat Jonathan Grundmann und ich hatten die Ehre, beim Besuch in Livry-Gargan dabei zu sein. Die Gastfreundschaft der Franzosen war kaum zu übertreffen und wir bekamen die Gelegenheit, die Stadt und ihre Bürger kennenzulernen. Eines fiel uns dennoch auf: Junge Menschen gab es außer uns keine, die am Programm teilnahmen. Wir erfuhren, dass sich zu früheren Zeiten regelmäßig zum Beispiel Sportteams gegenseitig für Freundschaftsspiele besuchten. Freundschaften entstanden, die zum Teil bis heute Bestand haben. Irgendwann fehlten dann Leute, die diese Art von Austausch organisierten und so schlief vieles ein. Um eine Freundschaft zwischen Städten am Leben zu erhalten, ist es aber notwendig, dass immer neue Freundschaften zwischen ihren Bürgern entstehen. Deshalb ist es wichtig, dass junge Menschen am Austausch teilhaben können.

Genau diese Überlegungen waren es, die uns dazu veranlassten, für dieses Jahr explizit eine Jugenddelegation zu uns einzuladen. Und so kam es, dass uns vom 18. bis 23. Juli acht Livryaner im Alter von 16 bis 18 Jahren besuchten, um die Stadt kennenzulernen, deren Namen sie bisher nur von einem Straßenschild – der „Rue de Fürstenfeldbruck“ – kannten. Wie früher schon die Sportler wurden sie in Gastfamilien untergebracht, um auch etwas vom ganz normalen Alltag mitzubekommen. Zu unserer großen Freude erklärte sich auch eine syrische Familie bereit, einen Franzosen aufzunehmen.

Dank der großen Unterstützung der Stadt war es uns möglich, ein umfangreiches Programm für unsere Gäste anzubieten, das stets auch von einigen Brucker Jugendlichen begleitet wurde. Es begann mit einem gemeinsamen Abendessen im Restaurant Venezia und einem Ausflug nach München am nächsten Tag bei schönstem Wetter. Der Focus lag aber natürlich auf Bruck: Neben einer Stadtführung und Freizeit am Pucher Meer besuchten die Franzosen gleich mehrfach das Altstadtfest. Trotz des teilweise schlechten Wetters waren die Jugendlichen hellauf begeistert. Etwas Vergleichbares gibt es in Livry-Gargan jedenfalls bisher nicht. Den krönenden Abschluss am Sonntag sollte eigentlich eine Schlauchboottour auf der Amper bilden. Die fiel leider im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser und stattdessen wurde an der Beachhalle in Alling gegrillt.

Schließlich ging es uns bei dem Projekt aber nicht nur darum, den Franzosen einen angenehmen und spaßigen Aufenthalt zu bereiten. Erklärtes Ziel war es auch, den Hintergrund der Städtepartnerschaft, ihren Zweck und ihre Bedeutung gerade in der heutigen Zeit den Jugendlichen näherzubringen und mit ihnen darüber zu diskutieren. Dazu fand am Samstag der „Europatag“ im Großen Sitzungssaal des Rathauses statt. Begonnen wurde mit kurzen Vorträgen zur europäischen Geschichte, den Institutionen und im Besonderen dem deutsch-französischen Verhältnis. Danach wurde in Kleingruppen diskutiert, was sich in der europäischen Gemeinschaft verändern müsste, damit Austausch gelingen und der europäische Gedanke fortgeführt werden kann. Schön war es zu sehen, dass sich alle einbrachten, auch wenn sich der Großteil mit dem Thema vorher kaum auseinandergesetzt hatte. Neben den Franzosen nahmen auch Mitglieder des Stadt- bzw. Stadtjugendrates und interessierte Brucker Jugendliche teil.  Sogar der Bürgermeister Livry-Gargans, Pierre-Yves Martin, war für den Europatag angereist, um gemeinsam mit dem Brucker OB Erich Raff einige Worte an die Runde zu richten. Beide äußerten den Wunsch, dass in Zukunft wieder mehr Austausch auf Jugendebene stattfinden solle und zeigten sich bereit, dies nach Kräften zu unterstützen.

Die Franzosen jedenfalls waren sehr zufrieden mit ihrer Zeit hier. In den Gastfamilien fühlten sie sich wohl und alle waren sich einig, dass sie gerne einmal wiederkommen würden. Zu kurz sei der Aufenthalt gewesen, lautete die einzige Beschwerde. Manch einer kann sich auch gut vorstellen, sich zukünftig selbst für den Erhalt der Städtepartnerschaften zu engagieren. Wer weiß, vielleicht gibt es also bald auch für ein paar Brucker Jugendliche die Gelegenheit, in die Stadt zu reisen, deren Namen sie bisher nur von einem Straßenschild – der Livry-Gargan-Straße – kennen.

 Juliana Talg



Städtepartnerschaft ist mehr als nur ein Straßenname: Jugendliche aus Bruck und Livry-Gargan haben sich im Juli getroffen. Foto: Jean-David Cadet



Stadtführerin Sabine Milmer-Kaufmann vermittelte den Jugendlichen Wissenswertes über Bruck. Foto: Jean-David Cadet



Interessiert verfolgte auch Livry-Gargans Bürgermeister, Pierre-Yves Martin (hinten Mitte), den Europatag im Rathaus.




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