Juli 2015 - Die größten Unternehmen im Jahr 1948

Das Funktionieren der Wirtschaft gehörte in der Nachkriegszeit in den Jahren 1945 bis 1949 zu den wichtigsten Aufgaben in den Besatzungszonen. In Fürstenfeldbruck gab es im Jahr 1948 knapp 600 Unternehmen. Heute wollen wir uns denjenigen Unternehmen zuwenden, die am meisten Gewerbesteuer zahlten und die die größten Unternehmen in Fürstenfeldbruck im Jahr 1948 waren.

Die größten Unternehmen

Das Elektrizitätswerk, welches als Teilbetrieb zu den Stadtwerken gehörte, war das größte Unternehmen in Fürstenfeldbruck in der Nachkriegszeit, es bezahlte ca. 43 000 RM Gewerbesteuer. Die Stadtwerke wurden im Jahr 1892 gegründet und waren seither für die Energieversorgung von Fürstenfeldbruck verantwortlich.
Der zweitgrößte Gewerbesteuerzahler der Stadt war der Hotelier Ludwig Weiß an der Hauptstraße 7. Die Familie Weiß war seit etwa vierhundert Jahren in Fürstenfeldbruck ansässig, besaß über lange Zeit die Poststation und gehörte immer zu den größten Arbeitgebern des Ortes. Der Inhaber Ludwig Weiß wurde am 20. April 1909 in Fürstenfeldbruck geboren.
Das Eisenwarengeschäft von Anton Uhl an der Hauptstraße 5 war das drittgrößte Unternehmen in Fürstenfeldbruck. Es wurde im Jahr 1922 gegründet. Anton Uhl wurde am 4. Oktober 1877 in Öttingen bei Nördlingen geboren, er war in den Jahren 1929 bis April 1933 der Erste Bürgermeister von Fürstenfeldbruck und wurde im Juni 1945 von der amerikanischen Besatzungsmacht als kommissarischer Bürgermeister eingesetzt.
Das nächstgrößere Unternehmen war die Fahrzeughandlung von Leonhard Plonner. Das Plonnersche Unternehmen wurde bereits um die Jahrhundertwende gegründet. Leonhard Plonner wurde am 20. Juni 1891 in Fürstenfeldbruck geboren, sein Vater war der Unternehmensgründer und in der Weimarer Republik Erster Bürgermeister, Leonhard Plonner bekleidete in den Jahren 1948 bis 1952 das Amt des Zweiten Bürgermeisters von Fürstenfeldbruck. Das Geschäft hatte seinen Sitz in der Hauptstraße 24/28, hierzu gehörte auch die erste Tankstelle am Ort.
Das fünftgrößte Unternehmen war die Wirkerei von Heinrich Rosenblatt, der sein Geschäft in der Nachkriegszeit in Fürstenfeldbruck gründete, die Wirkerei lag am Wittelsbacherplatz 7. Heinrich Rosenblatt wurde am 22. November 1919 in Krakau im soeben wiedergegründeten polnischen Staat geboren. Die Unternehmen von Ludwig Weiß, Anton Uhl, Leonhard Plonner und Heinrich Rosenblatt zahlten zwischen 10 000 und etwas über 15 000 RM Gewerbesteuer. In der Hauptstraße war nicht nur die Gewerbedichte in der Stadt am höchsten, sondern in dieser Straße lagen auch die größten Unternehmen.

Die nächstgrößeren Unternehmen
Die Mitglieder der Gruppe mit den nächstgrößeren Unternehmen zahlten zwischen knapp 8000 und ca. 9000 RM Gewerbesteuer. Hierzu gehörten das Wasserwerk und die Aumühle, die beide Teil der Stadtwerke waren. Zu dieser Gruppe zählte auch die Gerberei von Bernhard Huber am Leonhardsplatz 6. Das Gerberhandwerk hatte eine lange Tradition in Fürstenfeldbruck und siedelte sich an der Amper an. Bernhard Huber wurde am 5. April 1894 in München geboren. An der Kirchstraße 9 lag die Apotheke von Hans Kolb, der ersten und bis dato einzigen Apotheke am Ort, die auf eine lange Geschichte zurückblicken konnte. Hans Kolb wurde am 18. Dezember 1902 in Fürstenfeldbruck geboren, er war in der NS-Zeit Beirat im Stadtrat und von 1952 bis 1962 Stadtrat, zunächst bei der Überparteilichen Wählergemeinschaft der Alt- und Neubürger und dann bei der Freien Wählerschaft 1956. Das Lebensmittel- und Gemischtwarengeschäft von Otto Müller lag an der Hauptstraße 36, also an der Ecke Haupt-Dachauerstraße, dieses Eckhaus wurde auch „Müllereck“ genannt. Otto Müller wurde am 4. November 1903 geboren. Rosina Huber war die Besitzerin der größten Bäckerei in Fürstenfeldbruck, die Bäckerei hatte in der Hauptstraße 21 ihren Sitz. Rosina Huber wurde am 12. Februar 1898 in Fürstenfeldbruck geboren.

Die Gruppe der drittgrößten Unternehmen
Diese Unternehmen zahlten von knapp 5000 RM bis ca. 6700 RM Gewerbesteuer. Das größte Unternehmen dieser Gruppe war die Buchdruckerei von Paul Sighart am Bahnhofweg 1. Sighart war auch der Verleger des Fürstenfeldbrucker Tagblatts. Anna und Wilhelm Kohl besaßen ein Gemischtwarengeschäft an der Hauptstraße 22. Wilhelm Kohl wurde am 29. September 1906 in Fürstenfeldbruck geboren. Weitgehend vergessen ist heute, dass es in Fürstenfeldbruck in der Nachkriegszeit ein Sägewerk gegeben hat. Das Sägewerk von Josef Festl lag in Fürstenfeld. Josef Festl wurde am 29. März 1906 in Weißenfeld im Landkreis Ebersberg geboren. Das Feinkostgeschäft von Josef Wallner lag an der Hauptstraße 20. Josef Wallner wurde am 3. Februar 1888 in Weigendorf im Landkreis Amberg-Sulzbach geboren. In der Schöngeisingerstraße 62 lag die Bäckerei von Martin Buchauer, die seit dem Jahr 1925 in Fürstenfeldbruck produzierte. Martin Buchauer wurde am 24. September 1887 in Wasserburg am Inn geboren. Ebenfalls in der Schöngeisingerstraße, Hausnummer 12, hatte Franz Hiedl einen Obst- und Gemüsegroßhandel. Franz Hiedl wurde am 9. Januar 1899 in Freystadt im Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz geboren. Die größte Schreinerei in Fürstenfeldbruck im Jahr 1948 war die von Bernhard Pulfer, die sein Vater im Jahr 1910 gegründet hatte. Die Schreinerei lag an der Augsburgerstraße 13, Bernhard Pulfer wurde am 8. April 1912 in Fürstenfeldbruck geboren. Karl Mayr war der Inhaber eines Gemischtwarengeschäftes an der Schöngeisingerstraße 7, er wurde am 2. März 1895 in Fürstenfeldbruck geboren. An der Hauptstraße 11 lag ein Unternehmen, welches seit dem 16. Jahrhundert in Fürstenfeldbruck ansässig war, die Marthabrauerei von Julie Mayr. Sie wurde am 13. Oktober 1868 in Fürstenfeldbruck geboren. Die Marthabrauerei hatte in der Nachkriegszeit durchschnittlich ca. 15 Beschäftigte. Zur Gruppe dieser Unternehmen gehörten auch noch die Amperwerke München und das Lichtspielhaus an der Maisacherstraße 7.

Zusammenfassung
Mehr als ein Drittel der größten Unternehmen hatten ihren Sitz in der Hauptstraße, dies war ein Hinweis darauf, dass die Hauptstraße der attraktivste Geschäftsstandort in der Stadt war. Zu den größten Unternehmen gehörten viele Geschäfte bzw. Handwerksbetriebe, die den Nahrungsmittelbedarf der Bevölkerung deckten oder andere Artikel des täglichen Gebrauchs verkauften. Die Inhaber der größten Unternehmen waren weit überdurchschnittlich häufig in Fürstenfeldbruck geboren. Dies bedeutete, dass es ein ökonomischer Vorteil war, am Ort geboren zu sein. Zudem handelte es sich bei diesen Unternehmen oft um alteingesessene Geschäfte oder Handwerksbetriebe, die bereits etabliert waren und auf einen Kundenstamm zurückgreifen konnten. Eine Vielzahl der Unternehmer/innen war um die Jahrhundertwende geboren und verfügte im Jahr 1948 also über einen beträchtlichen Erfahrungsschatz. 

 




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