Der Pucher Bigockl
1946 brach ein gewaltiger Orkan über Bruck herein, der unter anderem den ganzen Rothschwaiger Forst umlegte. Bei den Aufräumarbeiten hatte mein Vater die Aufgabe, den Bauern Daxen zuzuteilen, die damals zum Einstreuen im Stall gebraucht wurden. Scheinbar hat er die Pucher Bauern besonders gut bedient, denn so konnte mein Vater immer samstags mit dem Radl nach Puch zum „Hamstern“ fahren, wo er von den Bauern Milch und „etliche Oar“ bekam. Mich nahm er immer auf dem Gepäckträger mit und weil ich als kleines Kind wohl recht dünn war, bekam ich manchmal extra ein oder zwei Eier von mitleidigen Bauersfrauen zugesteckt.
Zu Puch bekam ich dadurch eine besondere Verbindung – zudem wohnten wir damals in Bruck in der Pucher Straße und freuten uns immer über den Bittgang, der einmal im Jahr von Puch nach Fürstenfeld an unserem Haus vorbei ging.
Vielleicht war es Bestimmung, dass meine Frau und ich bei der Suche nach einer neuen Wohnung in Puch gelandet sind. Das war 1981 und Puch war damals noch ein richtiges Dorf. Die Wohnung lag in einer sehr ruhigen Sackstraße, in der sechs Familien wohnten, zwischen denen sich eine besonders herzliche Nachbarschaft entwickelt hatte. Die drückte sich auch dadurch aus, dass es nie einen besonderen Anlass brauchte, um sich gemütlich zu einem kleinen Festerl zusammen zu finden – was häufig der Fall war. Von den „echten“ Puchern – wir blieben ja trotz allen Bemühungen auch nach über 20 Jahren immer nur „akzeptierte Neubürger“ – haben wir herrliche Anekdoten aus Alt-Puch erfahren, so zum Beispiel folgende Geschichte:
Der Lehrer hatte beim Gemeinderat eine Badewanne für seine Wohnung im Schulhaus beantragt. Bei der Diskussion über die Genehmigung meldete sich der Schmied zu Wort:“ Waaas – für was braucht da Lehra a Badwanna, der hat ja gar koa dreckate Arbat! Schaugts mi o – i bad mi as ganze Jahr net und bin trotzdem a sauberna Bursch!!“ Der Antrag wurde abgelehnt.
Irgendwann einmal haben wir uns aus Hamburg einen 7 kg schweren geräucherten Truthahn schicken lassen. Nach drei Stunden im Herd kam er auf den Tisch und wurde – man glaubt es kaum – bis auf das Gerippe verspeist. Zwei Nachbarinnen hatten sich schon zuvor ausbedungen, das „G`ripp“ vom Bigockl zum Abfieseln mit nach Hause nehmen zu dürfen, was ihnen gerne zugestanden wurde.
Am nächsten Vormittag traf man sich zur „Nachbesprechung“ auf der Straße, allerdings waren die beiden „G´ripp-Nachbarinnen“ abgängig. Wir machten uns schon ernsthaft Gedanken, denn beide waren eigentlich immer in ihren Vorgärten zu sehen. Erst am späten Nachmittag zeigte sich dann gottlob eine der Beiden. Kleinlaut gestand sie, total verschlafen zu haben. Sie hätten sich mit Genuß über das „G’ripp“ hergemacht. Im Keller hatte sie noch eine große Flasche griechischen Wein gehabt, die hätten sie dazu leer gemacht. „ An dem kanns aber nicht gelegen haben, des war nämlich a b’sonders guter, sogar 5 Sterne hat er g’habt – i glaub „METAXA“ hat er g’heißn!“
Man sieht – manche Pucher sind zwar nicht unbedingt gute Weinkenner, auf jeden Fall aber haben sie eine gute Kondition.
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