RathausReport Juli 2017: Die Anfänge der Volkshochschule nach dem Zweiten Weltkrieg

In der Erwachsenenbildung nahmen und nehmen die Volkshochschulen eine zentrale Rolle ein.

Die Vor- und Frühgeschichte der bayerischen Volkshochschulen gehen auf den Zeitraum vor der Reichsgründung zurück, es entstanden Volksbildungsvereine, die als Vorläufer der Volkshochschulen bezeichnet werden können. In der Weimarer Republik erhielt die Erwachsenenbildung Verfassungsrang und in den Jahren 1918 bis 1920 kam es zu einem regelrechten Gründungsboom von Volkshochschulen. In der NS-Zeit wurden die Volkshochschulen entweder gleichgeschaltet oder aufgelöst.

Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes konnten Neu- oder Wiedergründungen von Einrichtungen der Erwachsenenbildung nur im Rahmen von normativen Vorgaben der amerikanischen Militärregierung erfolgen. Oberstes Ziel der Militärregierung war die Reeducation, was bedeutete, dass aus den Deutschen gute Demokraten werden sollten. Im Dezember 1945 wurde in der amerikanischen Besatzungszone die Wiedereröffnung der Volkshochschularbeit zugelassen. In der nächsten Zeit setzte in Bayern eine Neu- und Wiedergründungswelle von Einrichtungen der Erwachsenenbildung ein, so nahm beispielsweise im Frühjahr 1946 die Münchner Volkshochschule den Betrieb auf.

Im Landkreis Fürstenfeldbruck hatte sich bereits seit September 1945 unter der Leitung von Gretl Bauer im Kinderheim in Neu-Esting ein „Arbeitskreis geistig interessierter Menschen“ zusammengefunden, der mit Vorträgen, Sprach- und Stenokursen, Musikveranstaltungen, Dichterlesungen und Diskussionen an die Öffentlichkeit trat.

Gretl Bauer wurde am 22. November 1894 in München geboren, ihr jüdischer Vater Josef Elkan war Bücherrevisor, die Mutter war staatlich geprüfte Kindergärtnerin. Gretl Bauer beantragte im Jahr 1911 die Errichtung eines Kinderheims in Neu-Esting für etwa zehn Kinder im nicht schulpflichtigen Alter. Im Jahr 1918 heiratete Gretl Elkan den Lehrer Josef Bauer, von dem sie im Jahr 1934 geschieden wurde.

Im Dezember 1925 übernahm Gretl Bauer-Elkan die Heimleitung. Das Heim hatte besonders in den 1930er Jahren mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die NS-Behörden interessierten sich für die parteilose Gretl Bauer und nach vielen Schikanen musste das Heim im Jahr 1938 geschlossen werden. Im Jahr 1945 gründete sie den „Arbeitskreis geistig interessierter Menschen“, aus dem die Volkshochschulen im Landkreis Fürstenfeldbruck entstanden sind. Die Gründung der Volkshochschule sollte die Arbeit dieses Arbeitskreises auf eine breitere Basis gestellt werden. In den Jahren 1947 bis 1952 war Gretl Bauer die Vorsitzende der Volkshochschule. Sie starb am 3. März 1984 und wurde im Waldfriedhof Fürstenfeldbruck bestattet.

Das Jahr 1947 war eine Zeit, in der die materiellen Nöte der Bevölkerung auf den Nägeln brannten, der Drang nach Überwindung der geistigen Unterdrückung jedoch auch zum Neuanfang beflügelte.

Am 12. März 1947 fand die erste Vorstandswahl der Volkshochschule statt, der erste Bürgermeister von Maisach, H. Wegmann, wurde zunächst Erster Vorsitzender, Gretl Bauer wurde Zweite Vorsitzende. Ausschuss mitglieder aus Fürstenfeldbruck waren der Zweite Bürgermeister Michael Neumeier (SPD) und Pfarrer Wilhelm Bayerl.

Die Eröffnungsfeier der Volkshochschule fand am 24. April 1947 im Jungbräusaal statt. Die Aufnahme in den Landesverband der Bayerischen Volkshochschulen und die Genehmigung des Kultusministeriums ermöglichten es, dass in der Mädchen- und in der Knabenschule Räume zur Verfügung gestellt wurden. Im Rathaus wurde ein Büro für Sprechstunden und Kurseinschreibungen eingerichtet.

Das erste Semester war mit zwölf Kursen und 558 Teilnehmern ein Erfolg, denn die Menschen sehnten sich nach der NS-Diktatur über Angebote in einem entstehenden demokratischen und freiheitlichen Staat. Es wurden beispielsweise Kurse in klassischer deutscher Dichtung, Englisch, Volkskunde, Radiotechnik, Philosophie des Alltags, Geschichte der Klaviermusik sowie europäische impressionistische Malerei angeboten. Eine Abschlussfeier mit Kammerschauspieler Gerd Fröbe und Lautensänger Besemfelder sowie dem Münchner Kammer-Trio beendete das auch finanziell erfolgreich angelaufene erste Semester.

Von Anfang an war die Volkshochschule Fürstenfeldbruck ein kommunales, öffentliches Dienstleistungsunternehmen im Bereich der Erwachsenenbildung, welches keiner Partei, Sozialgruppe, Weltanschauung oder Konfession verpflichtet war, sondern allen Bürgerinnen und Bürgern.

Das zweite Semesterprogramm im Winterhalbjahr 1947/48 umfasste 28 Kurse und 16 Vortragsveranstaltungen in Fürstenfeldbruck sowie Arbeitsgruppen in Olching und Eichenau mit elf beziehungsweise fünf Kursen, in Fürstenfeldbruck wurden bereits 676 Kursteilnehmer gezählt. Das Vortragsprogramm beinhaltete beispielsweise einen Vortrag von Stadtpfarrer Dr. Martin Mayer über die „Geschichte der Weltreligionen“ und Pfarrer Wilhelm Bayerl hielt Kunstführungen in Brucker Kirchen.

Die Währungsreform im Sommer 1948 traf die Volkshochschule Fürstenfeldbruck während ihres dritten Semesters und entwertete alles aus Hörergebühren und aus Spenden ersparte Geld über Nacht. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Volkshochschule ohne die Unterstützung von Stadt, Landkreis oder Staat gearbeitet. Dies war nur dadurch möglich, da alle Verwaltungs- und Organisationsarbeit ehrenamtlich geleistet wurde und die Kursleiter sowie Dozenten für minimale Vergütungen arbeiteten. Die Anfänge der Volkshochschule wurde in den Gründerjahren also allein vom Idealismus der Gründer sowie der Mitarbeiter und Zuhörer der ersten Jahre getragen.

Vom vierten Semester an gab es neben Olching und Eichenau auch schon in Maisach und Gröbenzell Kurse. Im Wintersemester 1948/49 gab es beispielsweise Kurse in Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch, Italienisch, Stenographie, Buchführung, Schriftverkehr, Rechtsfragen, Philosophie, Pädagogik, Literatur, Musik, Medizin, Mathematik, Technik, Chemie, Getriebelehre sowie Arbeits- und Sozialrecht. Vor allem die Sprachkurse waren Ausdruck für den Wunsch, sich geistig der Welt zu öffnen. Die Kurse in Philosophie, Pädagogik und Literatur waren ein Indiz für den Beitrag der Volkshochschule zur Demokratisierung.

Die Stundengebühr betrug 40 Pfennig, bei Bedürftigkeit gab es eine weitgehende Ermäßigung Im Jahr 1949 war Gretl Bauer die Erste Vorsitzende der Volkshochschule, Bürgermeister Leonhard Plonner (CSU) bekleidete das Amt des Zweiten Vorsitzenden, Ausschussmitglieder waren Bürgermeister Michael Neumeier, Bürgermeister H. Wegmann, Max Purkert, A. Gutschow und Kurat Wilhelm Bayerl.

Seit nunmehr 70 Jahren besteht die Volkshochschule Fürstenfeldbruck, sie hat in dieser Zeit unverzichtbare Leistungen auf dem Gebiet der Erwachsenenbildung erbracht und war zu allen Zeiten dem demokratischen Gemeinwesen verpflichtet. Von Anfang an war die Volkshochschule in Fürstenfeldbruck für Ortsansässige und Zuwanderer ein Ort der Begegnung und Wissensvermittlung. Sie stand seit ihrer Gründung für Vielfalt und unterstützte die Bildung sowie die Integration der Menschen in den entstehenden demokratischen, pluralistischen Rechtsstaat.

Für diese Werte standen die Gründer und Verantwortlichen der Volkshochschule wie beispielsweise Gretl Bauer oder Michael Neumeier.

Dr. Gerhard Neumeier




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