Beitrag RathausReport November 2022: Zuwanderer aus dem Ausland in Fürstenfeldbruck im Jahr 1988

Fürstenfeldbruck hatte im Jahr 1988 circa 33.000 Einwohner. Die Bevölkerung war vor allem in den 1960er und 1970er Jahren aufgrund von innerdeutschen Zuwanderungen stark angewachsen, in den 1980er Jahren hatte sich der Bevölkerungsanstieg verlangsamt. Seit dem Jahr 1955 wanderten Menschen aus Italien nach Deutschland, auch nach Fürstenfeldbruck. In den 1960er Jahren kamen ebenso Menschen aus Griechenland, Spanien, Marokko, Tunesien, der Türkei und Jugoslawien aufgrund von Anwerbungsabkommen in unsere Stadt. Diese Menschen arbeiteten zunächst oft in schlecht bezahlten Berufen und hatten mehrheitlich schwierige Arbeitsbedingungen, die Unterbringung war häufig mangelhaft.

Aufgrund des Zuwanderungsstopps in Deutschland im Jahr 1973 holten viele Arbeitskräfte aus diesen Ländern ihre Familienangehörigen nach. Seit spätestens den 1970er Jahren wanderten auch Menschen aus anderen Staaten nach Fürstenfeldbruck, im Jahr 1988 lebten Angehörige von 65 Nationen in Fürstenfeldbruck. Die meisten Zuwanderer, die in diesem Jahr hier lebten, stammten aus der Türkei, es waren knapp 600 Personen, die aus diesem Land kamen. Jeweils fast 300 Menschen waren aus Österreich, Jugoslawien und Italien zugewandert. Aus den vier Mittelmeerländern stammten circa 60 Prozent aller Migranten.

Der Ausländeranteil in Fürstenfeldbruck betrug am 31. Dezember 1988 insgesamt 6,4 Prozent, dies waren 2.109 Menschen bei einer Gesamtbevölkerung von 32.947 Personen. Die Hauptursache der Migrationen war die schlechtere wirtschaftliche Situation in den Herkunftsländern und der boomende Arbeitsmarkt in Deutschland. Die Zuwanderer arbeiteten sowohl in Fürstenfeldbruck und vor allem in den großstädtischen Teilarbeitsmärkten von München. Innerhalb der Herkunftsländer gab es regionale Abwanderungs- schwerpunkte, so stammten die Migranten aus Italien vor allem aus Süditalien, aus Jugoslawien in erster Linie aus dem heutigen Kroatien und aus Marokko vorwiegend aus den großen Städten, die Türkei wies ebenfalls regionale Schwerpunkte auf. Auch politische Gründe spielten bei einzelnen Herkunftsstaaten eine Rolle, so beispielsweise bei den Migranten aus dem Iran, aus Polen und der Sowjetunion. In Fürstenfeldbruck lebten auch Zuwanderer aus Großbritannien, Frankreich und den USA, die oftmals in sehr gut dotierten Berufen arbeiteten. Weitere Herkunftsländer waren beispielsweise Ägypten, Belgien, Bulgarien, China, Indien, Luxemburg, Niederlande, Philippinen, Rumänien, Schweiz, CSSR und Tunesien.

Der Großteil der Migranten war in jungen Jahren zugewandert, die Altersstruktur der ausländischen Bevölkerung entsprach daher nicht der Gesamtstruktur der deutschen Bevölkerung. Zunächst wanderten vor allem Männer zu, Frauen als Arbeitskräfte kamen erst im Lauf der Zeit und vor allem aufgrund der Familienzusammenführungen in den 1970er Jahren. Die Mehrheit der Migranten hatten eine christliche Religion, vor allem Katholiken aus Italien und Spanien. Erstmals in der Geschichte von Fürstenfeldbruck kam eine größere Anzahl von Muslimen in die Stadt, vor allem aus der Türkei und in geringerem Ausmaß aus Tunesien und aus Jugoslawien. Das Zusammenleben der Migranten mit der deutschen Bevölkerung war weitgehend problemlos, vereinzelt gab es Schwierigkeiten aufgrund von Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen unterschiedlicher Nationalität. Die Verhältnisse zwischen den verschiedenen Zuwanderungsgruppen sind noch nicht erforscht. Innerhalb der Stadt Fürstenfeldbruck konzentrierten sich die Migranten in einigen Stadtvierteln und Straßen, beispielsweise Am Drudenbogen, in dieser Straße betrug der Ausländeranteil knapp 25 Prozent der Anwohner. Auch in der Augsburger Straße, in der Buchenauer Straße, in der Dianastraße, in der Pucher Straße, in der Theodor-Heuss-Straße und in der Heimstättenstraße wohnten überdurchschnittlich viele Migranten. Migranten aus den einzelnen Herkunftsländern ließen sich überdurchschnittlich oft in Straßen nieder, in denen bereits Migranten aus diesen Ländern wohnten. Zudem handelte es sich häufig um Straßen, in denen die Mieten im innerstädtischen Vergleich relativ niedrig waren. Die Migranten brachten neben ihrer „normalen“ Arbeitskraft auch ihre Küche und Restaurants nach Fürstenfeldbruck, dies war und ist eines von vielen bleibenden sowie offensichtlichen Ergebnissen ihrer Zuwanderungen.

Stadtarchivar

Dr. Gerhard Neumeier