Beitrag im RathausReport September 2024: "Die Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck: 100 Jahre Schaffen für die Kunst"

Im Jahr 1924 wurde die Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck gegründet. Sie blickt auf eine interessante und wechselvolle Geschichte zurück. Aus dem Kulturleben der Großen Kreisstadt war und ist die Künstlervereinigung nicht wegzudenken.

Vorgeschichte, Gründung und NS-Zeit

Im Jahr 1914 traten Künstler des Marktes und des Bezirks Fürstenfeldbruck zum ersten Mal im Brucker Rathaus mit einer Kunstausstellung an die Öffentlichkeit. Im Jahr 1924 formierte sich dann die Künstlervereinigung, die zunächst Kunstverein Fürstenfeldbruck genannt wurde. Die Künstlervereinigung spielte im kulturellen Leben des Ortes eine zentrale Rolle. Im Jahr 1933 löste sich die Künstlervereinigung selbst auf. Die ehemaligen Angehörigen der Künstlervereinigung verhielten sich in der nationalsozialistischen Diktatur sehr unterschiedlich. Die Maler Ernst Crasser und Alfons Schneider sowie andere Künstler drängten noch im Jahr 1933 darauf, die Künstlervereinigung in einen nationalsozialistischen orientierten „Fürstenfeldbrucker Kunstring“ umzuwandeln. Die in Schöngeising lebende Jüdin Johanna Oppenheimer (1872 – 1942) kam im Konzentrationslager Theresienstadt durch unterlassene Hilfeleistung zu Tode. Henrik Moor (1876 – 1940) starb eines natürlichen Todes in Fürstenfeldbruck, er konnte in seinen letzten Lebensjahren nur noch eingeschränkt arbeiten. Moor war mit dem Künstlerpaar Selma Des Coudres (1883 – 1956) und Adolf Des Coudres (1862 – 1924) eng befreundet. Den jüdischen Maler Henrik Moor und Adolf Des Coudres verband zum Beispiel die Liebe zur Musik. Selma Des Coudres stand auch mit Olaf Gulbransson in Verbindung. Zunächst beteiligte sie sich aus Protest nicht an den Ausstellungen des „Kunstringes“. Später verkaufte sie auf den Weihnachtsausstellungen wieder Bilder an die Stadt Fürstenfeldbruck. Einige Künstler schränkten ihre künstlerische Arbeit während der Zeit des Nationalsozialismus ein, andere arrangierten sich mit dem NS-Regime, aktiven Widerstand leistete keiner von ihnen. Der Bildhauer Wilhelm Donaubauer entwarf das Denkmal zur Stadtgründung.

Die Wiedergründung

Am 19. November 1948 konstituierte sich erneut eine Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck. Ihr 1. Vorsitzender wurde der Maler Alfons Schneider, der ehemalige Leiter des Brucker Kunstrings, das Amt des 2. Vorsitzenden übernahm der Maler Max Landschreiber. Die Verkaufsausstellungen hießen nun Weihnachtsdult und fanden hauptsächlich im Hotel Post statt. Nachdem die Künstlervereinigung im Jahr 1961 ihre beiden Vorsitzenden durch Tod verloren hatte, übernahm Karl Trautmann das Amt des 1. Vorsitzenden, der Maler Ernst Crasser wurde 2. Vorsitzender.
Im Jahr 1963 übernahm die Künstlervereinigung die Gestaltung der Jubiläumsausstellung zur 700-Jahr-Feier des Klosters Fürstenfeld. Nachdem der Rathaussaal wegen des Umbaus zur Verwendung als Ausstellungsraum ausschied, genoss die Künstlervereinigung zunächst in der Realschule und anschließend in der Kreisberufsschule gastliche Aufnahme.
Die Künstlervereinigung veranstaltete nach dem Zweiten Weltkrieg eine Vielzahl von Ausstellungen. Im Jahr 1949 konzipierte die Künstlervereinigung im Rahmen des Volks- und Heimatfestes eine Kunstausstellung. In der Einleitung des Programms schrieb Georg Herrmann: „Fürstenfeldbruck als äußerst dekorative Kleinstadt, war von jeher das magnetische Ziel der Künstlerwelt. Die farbigen Motive winkeliger Gassen, die verträumte Bescheidenheit an den hellen Ufern der Amper bildeten das unabweisbare Bedürfnis, diese Märchenbuchstadt durch malerische Impressionen dem Gemeingut über weite heimatliche Grenzen hinaus zu erschließen. Aber nicht nur Fürstenfeldbruck, sondern das gesamte Ampertal, vom Ammersee bis weit in die Dachauer Gegend, regte die Sinnenfreudigkeit der Künstlerschaft an“. Dies sagt viel über die Selbsteinschätzung und Selbstwahrnehmung der Fürstenfeldbrucker Künstlerschaft aus.
Die wichtigsten Künstler des Jahres 1949 waren: Alfons Schneider, Max Landschreiber, Ernst Crasser und Selma Des Coudres. Bei dieser Ausstellung im Hotel „Zur Post“ zeigten beispielsweise Erwin Birnmeyer, Hermann Broxner, Selma Des Coudres, Ernst Crasser, Georg Geiß, Johann Wilhelm v.d. Heide, Ludwig Herkommer, Liselotte Hewel, Kurt Hirschel, Max Landschreiber, Alfons Schneider, Ilse Schulze und Karl Trautmann ihre Werke, vor allem Ölgemälde, Aquarelle, Lithographien, Radierungen sowie Graphiken und Plastiken. Die Weihnachtsausstellungen gehörten bald zum Kanon des Fürstenfeldbrucker Kulturlebens.
Im Januar 1950 schrieb die Künstlervereinigung an Bürgermeister Michael Neumeier einen Brief, aus dem das Selbstverständnis der Künstler hervorgeht: „Ein großer Kunstschatz kann einer Gemeinde nur zum Vorteil gereichen und zeigt auf den ersten Blick den fortschrittlichen Geist in ihrer Verwaltung, der sich immer noch lohnen wird. Es wäre eine dankenswerte Aufgabe für einen Kunstausschuß, dem aber auch Künstler angehören müßten, den Bilderreichtum der Stadt zu sichten, Spreu vom Weizen zu scheiden und die Bilder richtig zu hängen. Es gibt in keinem Gewerbe so viele Menschen, die alles besser wissen, als in der Kunst. Die sogenannten Kunstsachverständigen drängen sich vor, reden von Kunst und Kultur und ahnen nicht, wie schwach ihr Fundament ist, auf dem sie sich sicher glauben. … Die Stadt Bruck hat für die Künstler bestimmt schon manches aufgewandt. Dafür mußten sie in den letzten Jahren restlos beiseite stehen; haben aber mit ihrer Kunst weiter für die Stadt geworben. Die Stadt hat noch so viel Platz für künstlerische Ausschmückung. Mit Ausnahme vom Rathaus sind doch alle städtischen Gebäude in bezug auf künstlerischen Schmuck so stiefmütterlich behandelt wie die Künstler selbst. In keiner Schule und in keinem Klassenzimmer ist ein Bild zu finden. Die nicht sehr schönen Zimmer im Krankenhaus könnten freundlicher gestaltet werden, und die Kranken wären sicher dankbar dafür. Auch die Insassen vom Alters- und Bürgerheim würden jede Neuerung auf diesem Gebiet begrüßen, und der Überschuß an Bildern wäre zur Freude vieler aufgebraucht. Wenn sich die Stadt noch zu der von Staat und den Berufsverbänden oft gemachten Anregung, ein Prozent von jedem Bauvorhaben für die Kunst abzuzweigen, zur Durchführung entschließen könnte, wäre ein großer Schritt auf sozialem und kulturellem Gebiet vorwärts getan und wären die Kunstschaffenden vieler Sorgen enthoben. Ein so großes Gemeindewesen wie Fürstenfeldbruck mit seiner gewiß fortschrittli- chen Verwaltung hat noch viele Gelegenheiten, seine Künstler sogar gewinnbringend heranzuziehen …“.

Die Stadt Fürstenfeldbruck trat immer wieder als Käufer von Bildern ortsansässiger Künstler auf. So erwarb sie beispielsweise im Jahr 1956 aus dem Nachlass der verstorbenen Selma Des Coudres einige Bilder. Einzelne Künstler stifteten der Stadt auch Bilder, beispielsweise vermachte Ernst Crasser im Jahr 1968 der Stadt vier Ölgemäde, verbunden mit der Auflage, dass diese Bilder stets im Besitz der Stadt verbleiben mussten. Im November 1950 fand im Gasthaus zum Bad eine Ausstellung „Gebirgsbilder“ von drei Fürstenfeldbrucker Künstlern statt, die Mitglieder der Alpenvereins-Sektion Oberland, Ortsgruppe Fürstenfeldbruck, waren. Alfons Schneider, Ernst Crasser und Direktor Geiß zeigten unterschiedliche Motive aus der Bergwelt. Diese Ausstellungen wurden oft vom Landkreis Fürstenfeldbruck unterstützt, auch einige Lehrer ermöglichten die Ausstellungen durch ihr Engagement, so zum Beispiel die Studienräte Dilger und Müller.

Die Künstlervereinigung war in den 1970er Jahren bestrebt, zur Dezentralisierung des in den großen Städten zusammengeballten Kunstbetriebs beizutragen. Im Jahr 1971 zeigte die Künstlervereinigung in der Berufsschule ihre Werke. In der Ausstellung wurden Gemälde, Skulpturen, Lithographien und emaillierte Kupferarbeiten gezeigt. Ausstellende Künstler waren u.a. Petra Bergner, Barbara Buchwald, Albert Fischer, Josef Fottner, Gerhard Gerstberger, Lotte Grundmann, Barbara Lindemann, Lily Linke-Koebner, Hildegard Mössel, Robert Scholz und Karl Trautmann. Im Jahr 1976 hingen im Rathaus insgesamt 47 Ölgemälde, beispielsweise von Franz-Xaver Wölfle, Franz Gräßel, Willy Reinhardt, Alfons Schneider und Keller-Reutlingen.
Die Förderung junger Künstler stand immer wieder auf der politischen Tagesordnung. Die BBV beantragte beispielsweise im Jahr 1985, Mittel in Höhe von 20.000 DM für den Ankauf von Kunstgegenständen bereitzustellen. Aus diesen Mitteln sollte auch der Ankauf von Werken jüngerer Künstler aus dem Stadtgebiet finanziert werden. Der Antrag wurde abgelehnt. Im Jahr 1990 überließ der Stadtrat Fürstenfeldbruck der Künstlervereinigung und der Interessengemeinschaft Kultur die Erdgeschossräume des Hauses 10 im Wirtschaftstrakt des Klosters Fürstenfeld zur Nutzung in gemeinsamer Trägerschaft. Dort finden seither ver- schiedenste Aktivitäten auf künstlerischen Gebieten statt.
Seit der deutschen Wiedervereinigung war und ist die Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck lokal, regional sowie zum Teil national aktiv und brachte einige herausragende Künstlerinnen sowie Künstler hervor.

Stadtarchivar Dr. Gerhard Neumeier




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