RathausReport Mai 2018: Straßenbenennungen und Umbenennungen 1918 bis 1948

Die jüngste gesellschaftliche und politische Diskussion zur möglichen Umbenennung von Straßennamen verlief äußerst kontrovers. Auch in der Zeit der Jahre 1918 bis 1933, der NS-Diktatur und der amerikanischen Besatzung war das Thema Straßennamen Teil der politischen Kultur und Auseinandersetzung, deshalb wollen wir aus aktuellem Anlass einen Blick darauf werfen.

Die Weimarer Republik

Im April 1918 beantragte der Magistratsrat Martin Lampl, die Schöngeisingerstraße in Hindenburgstraße, die Kirchstraße in Ferdinand-von-Miller-Straße und die Feuerhausstraße in Stiglmairstraße umzubenennen. Zur Begründung schrieb er: „Es empfiehlt sich den heroischen Generalfeldmarschall, der mit seiner Strategie gegen zahlreiche Feinde den Sieg erfochten hat durch Nennung einer Straße nach seinem Namen zu ehren. Die beiden Männer Ferdinand von Miller und Stiglmair sind in Fürstenfeldbruck geboren und ziemt es sich auch ihrer durch eine Straßenbenennung zu gedenken.“ Der Magistrat von Fürstenfeldbruck bezog kurz darauf Stellung: „Dem Antrag des Herrn Magistratsrates Martin Lampl wegen Ehrung des Generalfeldmarschalls von Hindenburg, der Erzgiesser Stieglmeier und Ferdinand von Miller durch Benennung von Strassen steht der Magistrat sympathisch gegenüber. Doch kann er sich nicht entschliessen, alte bestehende Strassen umzubenennen, glaubt aber dem Antrag recht bald nach dem Kriege durch Strassenbenennungen in neuen Bauquartieren stattgeben zu können.“ Im Juli 1921 wurde nach Ferdinand von Miller und nach Stieglmaier eine Straße benannt, und im Jahr 1932 wurde eine Straße nach von Hindenburg benannt. Im Jahr 1924 schlug der Historische Verein für den Bezirk Fürstenfeldbruck vor, Straßen nach Sebastian Wall (ehemaliger Universitätsprofessor), Jakob Klar (ehemaliger Bürgermeister von München), Balduin Helm (ehemaliger Abt von Fürstenfeld) und nach Maria von Brabant zu benennen. Später wurde eine Straße nach Balduin Helm benannt. Im Juli 1932 beschloss der Gemeinderat nach Vorschlag des Gemeinderats und des Oberrealienlehrers Kraus zwei Straßen im Siedlungsgelände Buchenau zu benennen, die Hochrainerstraße und die Buchenauerstraße. Am 30. Januar 1933 wurde die Dirnagl-Straße so benannt.

Die NS-Zeit

Bald nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten benannte der Gemeinderat einige Straßen nach NS-Größen um. Das bekannteste Beispiel war die Umbenennung des Marktplatzes (= heutige Hauptstraße) nach Adolf Hitler. In der Zeit bis zum Jahr 1939 wurden Straßen benannt oder bestehende Straßennamen in folgende Straßen umbenannt: Die Kapuzinerstraße in Adolf-Wagner-Straße, die Schöngeisinger Straße in Hindenburgplatz, die Angerstraße in Ritter-von-Epp-Straße, die Jupiterstraße in Dr.-Goebbels-Straße, die Rißfeldstraße in Ernst-vom-Rath-Straße, die Milchstraße in Gauleiter-Klausner-Straße, die Marsstraße in Hans-Schemm-Straße, die Mondstraße in Julius-Schreck-Straße, die Sternstraße in Wilhelm-Gustloff-Straße, die General-Litzmann-Straße, die General-Ludendorff-Straße, die Mackensenstraße, die Nordendstraße in Herbert-Norkus-Straße, die Hermann-Göring-Straße, die Höhenstraße in Horst-Wessel-Straße (1. Januar 1935), die Werftstraße in Ritter-von-Tutschek-Straße, die Buchenstraße in von-Richthofen-Straße, die Gartenstraße in Franz-Hellinger-Straße. Benannt wurden außerdem die Bürgermeister-Schorer-Siedlung und die Schlageter-Anlage. Der nur noch aus Nationalsozialisten bestehende Gemeinde- beziehungsweise Stadtrat benannte also viele Straßen nach nationalen, regionalen und lokalen NS-Größen. Diese Umbenennungen waren eindeutig politische Instrumente, um den Nationalsozialismus im Straßenbild zu zeigen und die nationalsozialistische Ideologie zu festigen. In der NS-Zeit gab es jedoch auch Straßenbenennungen, die unpolitisch waren, beispielsweise wurde im März 1933 die Verbindungsstraße zwischen der Aicher- und der Bismarckstraße nach dem Physiker Röntgen benannt und im Juni 1935 wurde die Straße „Am Sulzbogen“ so benannt. Ab dem 1. Januar 1935 hieß die Rupprecht-Straße nun Bahnhofstraße.

Die amerikanische Besatzungszeit

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa am 8. Mai 1945 blieben die von den Nationalsozialisten benannten Straßen zunächst bestehen. Erst durch die Durchführung der Kontrollratsdirektive Nr. 30 der amerikanischen Besatzungsmacht wurden folgende Umbenennungen vorgenommen: Adolf-Hitler-Platz in Hauptstraße, Adolf-Wagner-Straße in Kapuzinerstraße, Hindenburgplatz in Schöngeisinger Straße, Ritter-von-Epp-Straße in Angerstraße, Dr.-Goebbels-Straße in Jupiterstraße, Ernst-vom-Rath-Straße in Rißfeldstraße, Gauleiter-Klausner-Straße in Milchstraße, Hans-Schemm-Straße in Marsstraße, Julius-Schreck-Straße in Mondstraße, Wilhelm-Gustloff-Straße in Sternstraße, General-Litzmann-Straße in Rosenstraße, General-Ludendorff-Straße in Tulpenstraße, Mackensenstraße in Nelkenstraße, Herbert-Norkus-Straße in Nordendstraße, Hermann-Göring-Straße in Fichtenstraße, Horst-Wessel-Straße in Jägerstraße, Ritter-von-Tutscheck-Straße in Werftstraße, von-Richthofen-Straße in Buchenstraße, Franz-Hellingerstraße in Gartenstraße, Bürgermeister-Schorer-Siedlung in Rißfeld-Siedlung und Schlagester-Anlage in Gerblkeller-Anlage. Die amerikanische Besatzungsmacht wollte alle NS-Symbole aus dem öffentlichen Raum verbannen, auch die nach Nationalsozialisten benannten Straßennamen.

Stadtarchivar
Dr. Gerhard Neumeier




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