August 2014 - Der Rundfunk in Fürstenfeldbruck in den 1920er und 1930er Jahren
Die RundfunkteilnehmerRechtliche GrundlagenPolizei-FunksenderFazitIn den 1920er Jahren trat in Deutschland eine neue Technologie auf – der Rundfunk. Diese bahnbrechende technische Neuheit hatte große und vielfältige Konsequenzen für die politische und gesellschaftliche Entwicklung. Auch das Alltagsleben der Menschen blieb davon nicht unberührt. Heute soll es um die Anfänge des Rundfunks in unserer Stadt gehen.
Die Rundfunkteilnehmer
In der Mitte der 1920er Jahre, also bereits kurz nach Einführung des Rundfunks in Bayern, gab es in Fürstenfeldbruck bereits 63 Haushalte, die Rundfunkteilnehmer waren, dazu kam noch das Überlandwerk. Beispielsweise seien Georg Bichler, Georg Brunner, der Planinspektor Wilhelm Deihle, Gottlieb Faber, der Hilfsarbeiter Mathias Hirsch, der Baugeschäftsinhaber Leo Hoch, die Lederhändlerswitwe Anna Irlbeck, der Schlossermeister Josef Kellner, der Medizinstudent Franz Lederer, der Kunstmaler Henrik Moor, der Kolonial- und Schnittwarengeschäftsinhaber Otto Müller, der Kraftfahrzeughändler Leonhard Plonner, der Ingenieur Hans Schuster, der Buchdruckereibesitzer Paul Sighart, der evangelische Pfarrer Julius Stockmeier, der Direktor des Überlandwerkes Franz Wagner und der Buchdruckereibesitzer Josef Woderer genannt. Vor allem die Gewerbetreibenden und die Angehörigen der Oberschicht waren also die ersten Rundfunkteilnehmer in Fürstenfeldbruck.
Rechtliche Grundlagen
Neben den zentralen juristischen Grundlagen für das Rundfunkwesen in Deutschland erstellte der Marktgemeinderat Fürstenfeldbruck am 2. Februar 1925 ortspolizeiliche Vorschriften über die Ausführung von Hochantennen für private Funkanlagen. Darin hieß es u.a.: „Eine Antennenanlage darf nur dann errichtet werden, wenn hierzu von der Reichstelegraphenverwaltung die Genehmigung erteilt ist. Die Reichstelegraphenverwaltung macht von jeder Genehmigung dem Gemeinderat Fürstenfeldbruck Mitteilung. Die Benützung von öffentlichen Verkehrsflächen bei Errichtung von Antennen-Anlagen sowie die Führung von Abzweigleitungen von den Antennen zu den Empfangsapparaten an Gebäudefronten, die den öffentlichen Verkehrsflächen zugekehrt sind, ist verboten. Ausnahmen sind nur in besonderen Fällen nach vorheriger Genehmigung des Gemeinderates zulässig. Bei der Aufstellung von Antennenanlagen ist auf das Strassen- und Landschaftsbild gebührende Rücksicht zu nehmen. Die Antennenanlagen auf den Dächern müssen möglichst auf den von der Straßenseite abgelegenen Dachflächen so geordnet werden, dass sie von der Straßenseite aus dem Blick möglichst entzogen sind. Antennenanlagen, durch welche das Strassen- und Landschaftsbild gestört wird, müssen auf Verlangen des Gemeinderates durch den Eigentümer entfernt werden. Auf vorhandene Leitungsanlagen der Gemeinde, des Staates und des Reiches ist bei dem Bau der Antennen-Anlagen und bei Herstellung der Abzweigleitungen entsprechend Rücksicht zu nehmen. Die Antennen-Anlagen sind, wenn Leitungsanlagen gestört werden oder der weitere Ausbau dieser Anlagen beeinträchtigt wird, auf Verlangen durch den Eigentümer auf seine Kosten zu verlegen. Der Unternehmer hat vor Beginn und nach Fertigstellung der Arbeiten innerhalb 8 Tagen beim hiesigen Elektrizitätswerk Anzeige zu erstatten. Die Anordnung des auszuführenden oder der ausgeführten Antenne ist an einer Zeichnung zu erläutern. Der Eigentümer der Antennenanlage hat während der Dauer des Bestehens der Anlage für deren sachgemäßen Unterhalt zu sorgen. Für die Erfüllung der Verpflichtungen des Eigentümers der Antennen-Anlage nach § 3 Abs. 3 und 5, sowie nach § 5 ist auch der Hauseigentümer haftbar unbeschadet seines Rückgriffes gegen den Eigentümer der Antennen-Anlage. Die Bestimmungen des Telegraphenwegegesetzes v. 18.12.99 bleiben unberührt…“. Von der Seite eines Bürgers sah das Verfahren so aus: „Ich habe eine Antenne angelegt, die vom östlichen Kamin meines Hauses Nr. 3 an der Stadelbergerstrasse daher zum Kamin des schräg gegenüber liegenden Hauses Nr. 6 an der Feuerhausstrasse der Frau Woderer zieht, wobei wahrscheinlich zum Teil eine öffentliche Verkehrsfläche überspannt wird, auch an der der Feuerhausstrasse zugewendeten Front meines Hauses zum Empfangsapparat eine Leitung abzweigt. Irgend welche Leitungsanlage der Gemeinde wird durch die Anlage nicht gestört, das Strassen- und Landschaftsbild wird durch sie nicht beeinträchtigt, zumal die Antenne in sehr beträchtlicher Höhe angelegt ist. Aus diesen Gründen und da eine andere Anlage unmöglich ist, ersuche ich, die Genehmigung zur Belassung der Anlage zu erteilen“. Die Antragsteller reichten meistens Pläne oder Zeichnungen mit ein. Am 10. Februar 1925 hat die Geschäftsstelle des Bayerischen Städtebundes an seine Mitgliedsstädte geschrieben: „Die starke Zunahme der privaten und teilweise auch gewerblichen Rundfunkanlagen hat zu mehrfachen Anfragen der Bundesstädte geführt. … Im Allgemeinen ist das Gebiet des Rundfunkes der Regelung durch die Ortspolizei oder Verwaltungsbehörde entrückt und der Reichspostverwaltung vorbehalten, welche die Bedingungen der Teilnahme und die zu entrichtenden Gebühren festgesetzt hat. …. Diese allgemeine Zuständigkeit der Post ergibt sich aus den reichsgesetzlichen Bestimmungen, welche den gesamten drahtlosen Nachrichtenverkehr als ausschließliche Berechtigung des Reiches erklärt. Über die Anlage der Luftleiter (Antennen) können ortspolizeiliche Vorschriften auf Grund §§ … erlassen werden. Solche sind bisher nach unserer Kenntnis ergangen in München, Nürnberg und Würzburg.
Sie sind hinsichtlich der technischen Anforderungen an die Luftleiter im Allgemeinen gleichlautend mit den Leitsätzen, welche der Verband deutscher Elektrotechniker verfasst hat und welche in … abgedruckt sind. Außer diesen sicherheitspolizeilichen Vorschriften über die Beschaffenheit der Luftleiter kommen für die Gemeinden noch die sich aus dem Eigentum der Gemeinde an Grundstücken, Strassen und Plätzen ergebenden Verhältnisse in Betracht, wenn solche Grundstücke mit Luftdrähten überspannt werden sollen. … Für private Anlagen aber kommt die Wahrung des gemeindlichen Eigentums und teilweise auch die Verkehrsrücksicht in Betracht und steht daher der widerruflichen Genehmigung und der Festsetzung von Gebühren für den Luftraum über dem gemeindlichen Eigentum nichts im Wege. Die Festsetzung solcher Gebühren sollte, wo nicht besondere Verhältnisse obwalten nicht in zu drückender Höhe erfolgen, da dem Rundfunk beträchtliche kulturelle Bedeutung zukommen kann …“. Auch über die Höhe der Antennengebühren gab die Geschäftsstelle des Bayerischen Städtebundes ein Rundschreiben heraus. Die Einführung der neuen Rundfunktechnik wurde also von einer Reihe von rechtlichen Vorschriften und Maßnahmen begleitet. Das Postamt Fürstenfeldbruck teilte dem Marktgemeinderat jedes Mal mit, wenn die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Rundfunkanlage erteilt wurde, so beispielsweise am 20. Juli 1925, als Josef Hickel, Friedrich Häusele, Dr. Nichterlein und Gotthard Paul die Genehmigung erteilt wurde.
Polizei-Funksender
Am 20. Juli 1927 fand eine Ortsbesichtigung zur Prüfung des Bauplatzes für einen Polizei-Funksender statt, Teilnehmer waren der Vorstand des Bezirksamtes Dr. Schmidinger, Bürgermeister Plonner, 2. Bürgermeister Uhl, der Vorsitzende des Verschönerungsvereins Voll, der Schriftleiter des Fürstenfeldbrucker Wochenblattes Ragl, der Schriftleiter der Fürstenfeldbrucker Zeitung Müller, der Betriebsleiter des E-Werks Wagner und vom Landespolizeiamt die Herren Dr. Frank, Hörmann und Kispert. Bei der Ortsbesichtigung wurde zunächst dargelegt, welchem Zweck die Anlage dienen sollte, danach wurden die einzelnen Bauplätze besprochen. Gegen zwei Plätze erhoben der Vertreter des Bezirksamtes und die beiden Bürgermeister Einspruch, da diese Plätze zu nahe am Kloster gelegen gewesen wären und das Landschaftsbild, insbesondere den Blick auf das Kloster, ganz erheblich beeinträchtigen würden. Einen weiteren möglichen Bauplatz lehnte die Marktgemeinde ebenso ab, da er als künftiger Baugrund erhalten werden musste. Schließlich wurde noch über die Vor- und Nachteile eines Platzes auf dem „Amperfeld“ diskutiert. Der Platz lag von der Polizeischule ziemlich entfernt und zur Ermöglichung einer raschen polizeilichen Sicherung wäre die Anlage eines Laufsteges über die Amper und ein Zugangsweg durch eine Wiese notwendig gewesen. Zudem mussten erst die elektrischen Voraussetzungen geprüft werden, dies wurde von den Vertretern des Landespolizeiamtes zugesagt.
Fazit
Die neue Technik des Rundfunks fasste in Fürstenfeldbruck relativ früh und vergleichsweise umfangreich Fuß. Wie jede Technik war auch die Rundfunktechnik vielseitig einsetzbar, mit allen Vor- und Nachteilen. Am 25. Juni 1937 sendete der Reichssender München einen Bericht über Fürstenfeldbruck, der Redakteur war Alfred Kremer. Der Bericht beinhaltete einen historischen Rückblick zu Fürstenfeldbruck, der der heutigen Forschungslage selbstverständlich nicht gerecht wurde. Kremer ging dann darauf ein, „dass am 1. Oktober 35 unser Reichsstatthalter Ritter von Epp Fürstenfeldbruck zur Stadt erhob“. Ansonsten betonte der Bericht die Schönheit des Ortes und hob den Bau des im Jahr 1934 errichteten Verwaltungsgebäudes hervor. Der Bericht insgesamt kann vorwiegend als nationalsozialistische Propaganda bezeichnet werden. Die neue Rundfunktechnik fiel also bald dem Propagandaminister Josef Goebbels in die Hände und wurde ein unverzichtbares Machtinstrument der NS-Diktatur.