Martin Höckenreiner, Spezialist für Altlasten und Mitglied des städtischen Umweltbeirats, informierte in der jüngsten Sitzung des Konversionsausschusses über Altlasten im Allgemeinen und die Situation auf dem Fliegerhorst-Areal.
Altlasten können sowohl bei Altablagerungen, wie beispielsweise stillgelegten Abfallbeseitigungsanlagen, als auch auf Altstandorten, wie Grundstücken, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde, auftreten. Entscheidend dabei ist, ob mit schädlichen Bodenveränderungen oder sonstigen Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit zu rechnen ist, erläuterte Höckenreiner. Unterschiede gebe es auch, wie mit den Altlasten umgegangen werden kann und muss – je nach Wirkungspfad. Denn während beim Wirkungspfad Boden – Pflanze und Boden – Mensch die kontaminierte Erde abgetragen werden kann, sei es beim Wirkungspfad Boden – Gewässer deutlich schwieriger. Und: Grundwasser ist immer zu schützen, betonte der Experte.
Die meisten Militärflugplätze wurden bereits auf Altlasten untersucht. Jetzt hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als Eigentümerin des Fliegerhorsts Fürstenfeldbruck den ersten Schritt zur Ermittlung möglicher Altlasten auf dem Areal getan und eine orientierende Untersuchung, die sogenannte Historische Erkundung (HE), in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse liegen wohl bereits vor, sind allerdings dem Landratsamt – als untere Bodenschutzbehörde – noch nicht bekannt. Für einen nächsten Schritt empfahl Höckenreiner, diese von einem Sachverständigenbüro sichten und analysieren zu lassen, um eine abschließende Gefährdungsabschätzung treffen zu können. Von der HE bis zum Sanierungsplan könne es im Übrigen fünf bis sieben Jahren dauern. Das bedeutet: Die Zeit drängt.
Insgesamt könnten vorhandene Altlasten, wie auch die Restriktionen durch Denkmal-, Arten-, Emissions-, Immissions- und Ensembleschutz die Nutzungsmöglichkeit auf dem Gelände also deutlich einschränken. Zweiter Bürgermeister Christian Stangl (Grüne) sprach von einer schwierigen Situation. „Eine freie Planung scheint aufgrund des eventuell belasteten Bodens kaum möglich“, vermutete er.
„Dennoch ist es an der Zeit, einen ersten Planungsschritt zu tun. Dann wird man immer wieder überprüfen müssen, ob unsere Vorstellungen so ausgeführt werden können. Planungen müssen immer wieder angepasst werden. So kommen wir langsam von einer groben Planung zu einem fertigen Konzept. Das wird ein langer, iterativer Prozess“, führte die Leiterin der Stabsstelle Konversion, Nadja Kripgans-Noisser, aus.
Planung war das zweite große Thema im Konversionsausschuss: Denn die Stadt wird, nach dem Stadtrats-Beschluss vom Dezember 2019, gemeinsam mit dem Planungsbüro bgsm einen städtebaulichen Realisierungswettbewerb für den Fliegerhorst vorbereiten.
Dazu hat die Verwaltung eine zweistufige Vorgehensweise vorgeschlagen, in die auch eine umfassende Bürgerbeteiligung integriert ist. Ziel sei es nicht, einen fertigen schönen Plan zu erhalten, der dann so umgesetzt wird, sondern ein Rahmenkonzept, so Nadja Kripgans-Noisser, die im Rathaus für die Konversion zuständig ist. Im Idealfall entsteht im Wettbewerb eine tragende Entwurfsidee, die in den folgenden Jahren als Leitgedanke aller weiteren Entwicklungen dienen könne. Eine solche tragende Entwurfsidee könne einerseits identitätsstiftend wirken und müsse andererseits so robust sein, dass sie auch Modifikationen bei sich ändernden Rahmenbedingungen ohne Qualitätsverlust verträgt. Dabei werde es wichtig sein, diese Anforderung im Auslobungstext klar auszuformulieren.
Der Vorteil eines zweistufigen Wettbewerbs liege in der intensiven Bearbeitung des Themas durch die teilnehmenden Büros, führte Kripgans-Noisser aus. Dadurch können Ideen bereits im Wettbewerbsverfahren relativ detailliert ausgearbeitet und durch die Jury geprüft werden. Eine begleitende Bürgerbeteiligung ermögliche eine frühzeitige Einbindung der Bürgerschaft und der Nachbarkommunen. Die Berücksichtigung deren Belange und die transparente, öffentliche Diskussion erscheint gerade bei der Entwicklung des Fliegerhorsts wichtig, um Akzeptanz für das entstehende Quartier zu schaffen. Aufgrund der Größe und Bedeutung des Projektes für die Stadt wurde beschlossen, für die professionelle Begleitung und Durchführung der Bürgerbeteiligung ein externes Büro zu beauftragen.
„Mit einem Rahmenplan befinden wir uns auf einem guten Weg“, meinte Philipp Heimerl (SPD). Da er sich beruflich selbst mit Bürgerbeteiligung beschäftigt, wünschte er sich neben der Einbindung aller Interessensgruppen vom auszuwählenden Büro auch ein Dialog- und Beteiligungskonzept. Christian Stangl (Grüne) schloss sich den Ausführungen von Heimerl an und erklärte: „Planungswettbewerbe gewährleisten die Wahl der besten Lösungen der Planungsaufgabe und sind gleichzeitig ein geeignetes Instrument zur Sicherstellung der Planungsqualität und Förderung der Baukultur. Genau um das geht’s. Wir wollen hier etwas Qualitatives erreichen.“
Andreas Rothenberger (BBV), ehemaliger Referent für Bürgerbeteiligung, und Dieter Kreis, von der ÖDP und aktuell im Stadtrat für das Thema zuständig, sprachen sich explizit für einen Bürgerrat aus. Zur Erklärung: Der Bürgerrat ist ein Bürgerbeteiligungs-Instrument, bei dem aus dem Einwohnermelde-Register Bürger gelost werden. Dabei sollen die Teilnehmenden nach Geschlecht, Altersgruppe und Bildungsgrad ein möglichst genaues Abbild der Bevölkerung darstellen.
Der Konversionsausschuss hat jetzt über die Errichtung eines Zukunftscampus Wasserstoff und Energie auf dem Fliegerhorst diskutiert. Die Stadtratsfraktion der Freien Wähler hatte dies in einem Sachantrag gefordert. Auch besteht mit der bayerischen Wasserstoffstrategie eine übergeordnete Strategie des Freistaates Bayern, die sich einer Förderung der Wasserstofftechnologie verpflichtet hat.
Demnach sollen bis 2023 bayernweit 100 Wasserstofftankstellen errichtet werden. Da die Bundeswehr ihren Abzug jedoch auf das Jahr 2026 terminiert hat, erschien es den Ausschuss-Mitgliedern eher unwahrscheinlich, bereits bis 2023 eine Tankstelle auf dem Brucker Fliegerhorst errichten zu können.
Die Verwaltung wurde aber beauftragt, im Rahmen des Gewerbeflächenentwicklungskon- zeptes insbesondere die Möglichkeit zur Ansiedlung von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen und Unternehmen aus der Wasserstoff- und Greentechnologie zu prüfen.
Auf der Tagesordnung des Konversionsausschusses stand Anfang September der von einem Stadtrat angeregte Ergänzungsband zu der vor drei Jahren herausgegebenen Publikation „Historisches Erbe“ über Gebäude auf dem Fliegerhorst.
Nach Erscheinen des Buches wurden weitere Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. So wurden 2018 die Offiziersschule als Ackermann-Bau sowie das Heizkraftwerk und der Landschaftsgarten mit Parkplätzen in die Bayerische Denkmalliste aufgenommen. Daher sind diese nicht im ersten Band zu den Denkmalwerten und Denkmalqualitäten des Fliegerhorstes aufgeführt.
Im Ausschuss war man sich einig, dass es sich beim „Blauen Palais“ um eine qualitätsvolle Architektur handelt und eine zukünftige Dokumentation ausdrücklich wünschenswert wäre. Allerdings wurde kontrovers diskutiert, ob ein weiterer Band zum jetzigen Zeitpunkt erstellt und publiziert werden sollte. Letztlich wurde die Verwaltung beauftragt, zunächst Experten zu suchen, die die fachliche Untersuchung durchführen könnten. Die Publikation eines Ergänzungsbandes soll vorbehaltlich der Förderung durch die Regierung von Oberbayern vorbereitet werden. Eine mögliche Realisierung wurde, auch aufgrund der angespannten Haushaltslage, allerdings frühestens ab 2022 angedacht.
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Stand: 12/04/2024
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