März 2016 - Der Turn- und Sportverein (TuS) 1885 bis 1950

Im Jahr 1885 wurde der Turnverein Fürstenfeldbruck gegründet, die ersten Turnaktivitäten mit einer eigenen Vereinsgründung, des Vorläufers des Turnvereins, entfalteten sich jedoch bereits 1866, deshalb blicken wir heute auf 150 Jahre Turnen in unserem Ort zurück.

Die Bedeutung des Sports im späten 19. Jahrhundert

Zu den großen Umwälzungen der modernen Lebens- und Erfahrungswelt im Zusammenhang mit der Abgrenzung der freien Zeit von der Arbeitszeit gehörte der gewaltige Aufstieg aller sportlichen Betätigungen und Unternehmen – sie wurden eine Macht, formten eine eigene Sprache und kreierten ihre eigenen Helden und Stars. Ab den 1880er Jahren fiel die außerordentliche Zunahme des Sports ins Auge: Es wurde immer mehr Sport in immer mehr Sportarten getrieben, Sportvereine und Sportveranstaltungen nahmen zu, nationale und internationale Verbände entstanden und Wettkämpfe kamen auf, Turnhallen (seit 1880) und Sportplätze (seit 1900) wurden gebaut. Neben die Aktiven traten die Zuschauer, mehr Leute waren beteiligt, mehr Zeit wurde aufgewandt, mehr Geld ausgegeben, und alles wurde vor allem durch die Vereine organisiert. Sport wurde, unterschiedlich noch nach den einzelnen Sparten, populärer, volkstümlicher, demokratisiert, Sport wurde ein Massenphänomen. Die Turner waren von ihrer Entstehungsgeschichte her immer auch politisch: Ehedem demokratisch-national, wurden sie nach 1870 nationalliberal, aber nicht antisemitisch. Sie waren größtenteils bürgerlich-kleinbürgerlich.

Vereine im späten 19. Jahrhundert

Die Vereine waren für die freie Zeit, das tägliche Leben, das Miteinanderleben jenseits von Familie und Beruf, Nachbarschaft und Kirche im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ganz zentral. Sie waren die Orte von Geselligkeit wie von unendlichen Aktivitäten. Der Verein als der freie Zusammenschluss von Menschen zu unterschiedlichen und zumeist spezialisierten Zwecken, dies wurde im späten 19. Jahrhundert das Lebenselement zuerst der bürgerlichen und dann auch der nicht-bürgerlichen, der bäuerlichen und der proletarischen Welt. Das Leben lief ab in einem Netz von Vereinen, sie waren der Ort außerprivater und außerberuflicher Aktivitäten, zahllose Bürger jedenfalls waren Mitglieder vieler und mannigfaltiger Vereine. Die Kommunalpolitik war weitgehend mit dem Vereinsnetz eines Ortes verbunden.

Die Gründung 1885 und die ersten Jahre

Im Jahr 1885 hatte Bruck 3.399 Einwohner, es war Sitz eines königlichen Bezirksamtes, eines Landgerichtes, eines Rentamtes, eines Pfarramtes, eines Forstreviers, eines Notariats und einer Postexpedition mit Telegraphenstation. In Fürstenfeld befand sich ein Landwehrbezirkskommando, eine Remontedepot (Pferdedepot), die „Reconvalescenten“-Anstalt sowie die ständige Garnison eines Bataillons Infanterie. Am Ort befanden sich fünf Brauereien und es gab fast 20 Wirtshäuser, in deren Nebenräumen die Vereine tagten. 1885 gründeten einige lokale Honoratioren den Turnverein, nach einem ersten Versuch 1866, der an lokalen Widerständen der Obrigkeit gescheitert war. Paul Schröder wurde 1885 von Würzburg an das Rentamt Fürstenfeldbruck versetzt und hatte die Idee zur Gründung eines Turnvereins, der Buchdruckereibesitzer Albert Sighart und der Kunstmaler Karl Robiczek gründeten dann zusammen mit einigen weiteren Männern den Verein. In den ersten Jahren nach der Vereinsgründung stand alleine der Turnsport im Mittelpunkt des Vereinsgeschehens. Der Verein fand einen schnellen Zulauf aus allen Bevölkerungsschichten und bereits im Jahr 1896 wurde ihm in Anerkennung seiner bisherigen Leistungen das Gauturnfest des Gaues Weilheim-Werdenfels übertragen. Seit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg trugen die Turner auch zum Gelingen des Volksfestes bei, so beispielsweise im Jahr 1900. 1910 richtete der Turnverein das Turnfest des Amper-Würmtal-Turngaues aus und feierte sein Stiftungsfest, zwei Jahr später erhielt der Verein von der Marktgemeinde östlich des Friedhofs an der Dachauer Straße den Spielplatz als Sportplatz zur Verfügung gestellt. Während des Ersten Weltkriegs verloren 17 Vereinsmitglieder auf den Schlachtfeldern ihr Leben.

Die Jahre 1919 bis 1945

Am Ende des Revolutionsjahres 1918 beging der Verein eine Kriegerheimkehrfeier. 1919 wurde das Frauenturnen eingeführt, in diesem Jahr konnte der Turnverein auch das Gauturnfest des Amper-Würmtal-Turngaues ausrichten. Ein Jahr später bekam er erstmals ein eigene Turnhalle, die ehemalige Maschinenhalle des Kraftwerks Obermühle. Im Jahr 1922 hatte der Verein circa 500 Mitglieder, das waren etwa zehn Prozent der Einwohner Fürstenfeldbrucks. Das 40jährige Vereinsjubiläum wurde in der Marthabräu-Sommerhalle begangen. Im Jahr 1929 veranstaltete der Turnverein das Oberbayerische Bezirksturnfest und 1935 organisierten Vereinsmitglieder das 1. Zugspitzkreisturnfest. Nach und nach wurden auch andere Sportarten, wie zum Beispiel Schach im Jahr 1926, Handball im Jahr 1929 und Schießen im Jahr 1931, in den Verein aufgenommen. Der Turnverein und die Marktgemeinde Fürstenfeldbruck waren in der Weimarer Republik bemüht, ein gegenseitiges gutes Einvernehmen zu haben, der TuS bekam in dieser Zeit einige Zuschüsse von der Gemeinde. Bei der von der NSDAP erzwungenen „Führerwahl“ im September 1933 wurde der bisherige Vorstand „Hardi“ Plonner einstimmig bestätigt. 1936 begannen Vereinsmitglieder mit dem Bau der Jahnhalle an der Philipp-Weiß-Straße, im Zweiten Weltkrieg ging die Halle an die Stadt Fürstenfeldbruck über, nachdem bereits im Juni 1939 zwangsweise alle Sportvereine zur Turn- und Sportgemeinschaft fusioniert worden waren.

Vereinsvorsitzende des TuS

Langjährige Vorsitzende des TuS waren beispielsweise Karl Robiczek, Hans Aichmiller, Georg Schlemmer, Michael Schwinghammer, Hans Huber und Leonhard Plonner (Hauptvorstand 1923 – 1945). Einer der Gründer des Vereins war Karl Robiczek (1837 – 1918), Sohn eines mährischen Mühlenbesitzers. Er studierte Malerei an den Kunstakademien in Wien und München, zog 1880 nach Fürstenfeldbruck und war 1885 bis 1889 sowie 1893 bis 1894 Erster Vorsitzender des Turnvereins.

Robiczek starb in Fürstenfeldbruck. Hans Huber, Hauptvorstand des Turnvereins in den Jahren 1919 bis 1921, wurde am 23. Februar 1886 als Sohn des Taglöhners Franz Xaver Huber, der von Kottgeisering nach Fürstenfeldbruck zugewandert war, geboren. Seine Mutter war Thekla Pöltl aus Gilching. Hans Huber besuchte die Volksschule in Fürstenfeldbruck und erlernte den Beruf des Buchdruckers. In den Jahren 1906 bis 1908 und im Ersten Weltkrieg von 1914 bis 1917 leistete er seinen Militärdienst ab, im Jahr 1917 heiratete er in Fürstenfeldbruck die Münchnerin Josefa Kleber. Nach dem Ersten Weltkrieg gründete er ein Geschäft in Fürstenfeldbruck. Am 26. März 1939 starb er in München. Huber bekleidete die Ämter des Oberturnwartes und des Vorsitzenden des Amper-Würm-Gaues. Er organisierte mit seinen Vorstandsmitgliedern zudem das Gauturnfest im Jahr 1919. Ein Jahr nach seinem Tod, am 14. April 1940, wurde erstmals der Hans-Huber-Gedächtnis-Lauf, ein Waldlauf am Weiherhaus, durchgeführt.

Die Zeit Mai 1945 bis 1950

Das Vereinsleben nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erwachte erst allmählich wieder und war von der materiellen Not der Nachkriegszeit geprägt. Ende 1945 erhielt der Verein seinen bis heute gültigen Namen: Turn- und Sportverein. 1949 bestand die Vorstandschaft des TuS aus Anton Eberl und Georg Heid, Schriftführer war Max Buchwieser, das Amt des Kassenwarts übte Martin Spannagl aus. In diesem Jahr hatte der TuS die Abteilungen Turnen, Leichtathletik, Handball, Schwimmen und Radsport, dort war Hans Dillitzer technischer Leiter. Bereits 1950 richtete der TuS wieder das Bezirksturnfest aus. Hieran nahmen 20 Vereine des Amper-Würm-Kreises und über 400 Sportler teil. Ab 1951 war der TuS wieder im Besitz seines eigenen Sportplatzes „Auf der Lände“. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten entwickelte sich der TuS zur heutigen Größe und Bedeutung, der Verein ist aus Fürstenfeldbruck nicht wegzudenken.
 

Dr. Gerhard Neumeier



Das Kraftwerk Obermühle um 1900, später Heim des TuS „Auf der Lände'.




zurück zur Übersicht


» nach Oben

Stadt Fürstenfeldbruck
Hauptstr.31
82256 Fürstenfeldbruck

Stand: 04/30/2024
Quelle: