Sitzung des Stadtrates vom 29. Januar 2019

Stadtrat verabschiedet Zahlenwerk trotz hoher Schulden

Der Stadtrat hat über den Haushalt 2019 abgestimmt: Mit 26:12 Stimmen wurde das 84 Millionen Euro schwere Zahlenwerk Ende Januar beschlossen. Gegen den Etat stimmten SPD, Grüne, FDP und ÖDP. In vier Sitzungen des vorberatenden Finanz- und Hauptausschusses waren Projekte in dem Papier auf den Prüfstand gestellt und nach Einsparmöglichkeiten durchforstet worden. Ob dies ausreichend war, wird sich zeigen. Denn das letzte Wort hat die Kommunalaufsicht im Landratsamt. In den Haushaltsreden wurde OB Erich Raff (CSU) scharf kritisiert.

„Es ist ein Haushalt, der keine Spielräume enthält und mit dem ich persönlich meine Probleme habe, ihm zuzustimmen“, sagte OB Erich Raff (CSU). In zwei Bereichen sei dies nicht „sein“ Haushalt. Sein Sparvorschlag, das Wohnbauvorhaben Am Sulzbogen und den Kindergarten Nord mit Wohnungen extern, etwa an die geplante landkreisweite Kreis-Wohnbaugesellschaft zu vergeben und die Stadt damit um 8,4 Millionen zu entlasten, war von der Tagesordnung genommen worden. Er schrieb dies dem bereits anlaufenden Kommunalwahlkampf zu. Allerdings sei damit die Chance vertan worden, dass die Kommunalaufsicht den Haushalt mit den eingeplanten freiwilligen Leistungen genehmigt. Andernfalls würden wichtige Entscheidungen wie der Neubau der Feuerwehr II, die Sanitäreinrichtungen am Waldfriedhof, der Neubau der Schule West II oder des Horts verzögert.

Ein Ziel jeden Haushalts sollte sein, die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt heute und in Zukunft sicherzustellen. „Bei einer Neuverschuldung von 40 Millionen Euro in nur vier Jahren habe ich da erhebliche Bedenken“, betonte Kämmerin Susanne Moroff. Ihrer Meinung nach müsste einiges anders gemacht werden: Zum einen könnte den Wohnungsbau eine Wohnungsbaugesellschaft, die nicht an das aufwändige Vergaberecht gebunden sei, schneller und wirtschaftlicher realisieren. Alleine damit könnte die Stadt mindestens 8,4 Millionen Euro Schulden vermeiden. Zum anderen sollten Investitionen auf das Notwendige und Realistische beschränkt, Standards überprüft und kostengünstigere Lösungen gewählt werden. Allerletztes Mittel wäre die Erhöhung der Steuersätze. Aber vielleicht komme alles besser als erwartet.

Es ärgere ihn seit Jahren, „dass sachliche und fachliche Mängel in Haushalt nicht abgestellt werden“, sagte Finanzreferent Walter Schwarz (SPD). Beispiel seien die Ansätze der laufenden Betriebskosten bei städtischen Immobilien, die über Jahre unverändert, ohne dynamischen Entwicklung geführt werden. Auch vermisse er bei Investitionen die Darstellung der nachfolgenden Betriebskosten oder der Mieteinnahmen, etwa beim Sozialen Wohnungsbau. Auch steht Schwarz der Auslagerung des kommunalen Wohnungsbaus an eine noch nicht existierende Gesellschaft wegen fehlender Berechnungen kritisch gegenüber. Als „unausgegoren“ bezeichnete er die Splittung des Vorhabens am Sulzbogen in Wohnungsbau und Hort. Er kreidete dem OB an, dass dieser hier nicht eingreife.

„Die fetten Jahre sind vorbei“, stellte CSU-Fraktionschef Andreas Lohde fest. Erneut liege ein Haushalt vor, bei dem die Aufwendungen den Gesamtertrag übersteigen. Man lebe „seit Jahren auf Pump“. Er sprach das Personal als größten Posten an. Dieser sei seit 2014 von 17 Millionen Euro auf 23,6 Millionen Euro gestiegen. Und angesichts der Asylsuchenden bräuchte es für das Standesamt dringend weiteres Personal. Laut Einschätzung der Kommunalaufsicht von 2018 leiste sich die Stadt aber überdurchschnittlich viel Personal. Damit dringende Projekte wie die Umbauten am Friedhof, der Neubau der Schule West II und die Feuerwache im Osten nicht auf der Strecke bleiben, werde die CSU dem Haushalt zustimmen. Ziel sei, die Lebensqualität für die Stadt und die Bevölkerung zu verbessern.

BBV-Fraktionssprecher Tommy Beer erinnerte an eine „Herzensangelegenheit“ der BBV: die Umgestaltung des Viehmarktplatzes. In den vergangenen zwei Jahren sei hier nicht viel geschehen. Dies gelte auch für die Standortuntersuchung für die neue Eishalle. Und beim Sportzentrum III seien die Kosten auch durch Verzögerungengestiegen. Unverständnis äußerte er über den Beschluss zur Trennung von Wohngebäude und Hort Am Sulzbogen. Es mangle dem OB an „politischem Gespür“. Dies habe sich auch beim Thema Sparkassenfusion, der Erweiterung des Landratsamtes und bei den Zusatzschildern für die umstrittenen Straßennamen gezeigt. Letztlich ließ die BBV zunächst offen, ob sie dem Haushalt 2019 zustimmen werde.

SPD-Fraktionssprecher Philipp Heimerl wunderte sich über die Summe der Projekte, die so gar nicht umzusetzen seien. Er sprach von Wahnsinn: Im Wahn würden immer neue Projekt aufgenommen werden. Dann aber würden die Räte über die Jahre an deren Sinn zweifeln. Er sprach von einem Sammelsurium. Es fehle an einer klaren Linie. Der OB verfolge seine Lieblingsprojekte Rathaus-Neubau und Sportzentrum III. Andere Vorhaben wie die Eishalle würden dagegen geschoben. Der Haushalt sei „in vielen Teilen konfus“. Daher werde die SPD dem Etat nicht zustimmen.

„Das vergangene Jahr 2018 war ein solches mit Licht und Schatten“, sagte Christian Stangl (Grüne). Er beklagte, dass keine klare und gestaltende Linie zu erkennen sei. Einer mehr als Verdoppelung der Verschuldung bis Ende 2022 auf 67 Millionen Euro könne „auf keinen Fall die Lösung sein“. Der Stadtrat werde Schwerpunkte setzen müssen, um den Konsolidierungskurs fortsetzen und drängende Probleme lösen zu können. Wünsche und Ziele müssten in einem gesteuerten Prozess ausgehandelt und dann finanzpolitisch verantwortlich dargestellt werden. Aber wie läuft es wirklich, fragte Stangl. Das Viehmarktplatz-Projekt soll heimlich beerdigt werden, eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für die geplante Rathaus-Erweiterung fehle und das Wohnungsbauprojekt samt Schülerhort Am Sulzbogen soll trotz rund 600.000 Euro Planungsleistungen gestoppt werden. Seine Fraktion werde dem Haushalt nicht zustimmen und damit ein Zeichen gegen das „mutlose Weiter-So“ setzen.

Für Herwig Bahner, der für FDP und ÖDP sprach, war die Finanzplanung bis 2022 „erschreckend“. Der Haushalt 2019 sei kein Fortschritt gegenüber 2018, sondern eine „Bankrotterklärung der Brucker Stadtpolitik“. Die vergangenen Jahre seien geprägt von Stillstand. Investitionsmaßnahmen würden nur zu rund 30 Prozent realisiert – „echt rekordverdächtig“, so Bahner. Er beklagte, dass die Schulplanungen auf seinen Vorschlag hin nicht auf den Prüfstand gestellt wurden. Am Beispiel der Verlagerung Bauhof, des Umbaus Viehmarktplatz, der Planungen Sportzentrum III und der Eishalle sowie der Weiterentwicklung des Stadtwerkegrundstücks zeigte er auf, dass der Etat Stillstand, Plan- und Perspektivlosigkeit dokumentiere. „Wir diskutieren viel, beschließen wenig und realisieren fast nichts.“

Einen roten Faden vermisste Franz Neuhierl (FW). Der Haushalt hänge in der Luft. Er beklagte, dass die Informationspolitik der Verwaltung unbefriedigend sei. Manches erfahre man als Stadtrat nur zufällig. Die Kontrollmöglichkeit werde dem Stadtrat versagt. Was abzuarbeiten wäre, sei aber Sache des Gremiums. Aus seiner Sicht sei der Haushalt nicht realistisch. Weil dies nicht so schnell zu beheben sei, würden die Freien Wähler dennoch zustimmen.

Angesichts von 27 Millionen Schulden, einem Berg an Pflichtaufgaben und einer rasant steigenden Neuverschuldung, sagte Alexa Zierl (Die PARTEI & FREI): „Und täglich grüßt das Murmeltier.“ Sie gab sich aber optimistisch. In der Vergangenheit habe man zu „schwarz gemalt“. Es habe sich gezeigt, dass der Haushalt „des Guten zu viel“ geplant und dann zu wenig umgesetzt werde. Es würden aber durchaus Projekte realisiert werden wie etwa das Wohngebäude an der Parsevalstraße und die Erweiterung von Schule und Hort Nord. Sie werde dem Haushalt zustimmen, damit er möglichst schnell genehmigt und wie geplant Personal eingestellt weden kann und anstehende Projekte begonnen werden können. „Wir haben viel vor“, betonte Zierl.

Der Haushalt in Zahlen

Rückblick 2018

Die Einnahmen blieben hinter den Erwartungen zurück. Die Gewerbesteuer erreichte nur 15,4 Millionen Euro (alle Zahlen sind gerundet) anstatt der angesetzten 19 Millionen Euro. Trotzdem konnte eine außerplanmäßige Schuldentilgung in Höhe von einer Million Euro erfolgen. Der Schuldenstand Ende 2018 betrug 26,9 Millionen und damit sechs Millionen Euro weniger als geplant. Grund für diese Entwicklung ist laut Kämmerei die Verzögerung bei Baumaßnahmen.

Haushalt 2019

Im Ergebnishaushalt stehen Erträge von 84,3 Millionen Euro Aufwendungen von 84,5 Millionen Euro gegenüber. Dies bedeutet ein Minus von 150.000 Euro. Das Eigenkapital, also das Vermögen der Stadt verringert sich um diesen Betrag.

Die größten Einnahmen: Unsicherheitsfaktoren sind unter anderem die unsichere Zukunft der Grundsteuer und der unzureichende Ersatz für weggefallene Straßenausbaubeiträge.

Die Kämmerei rechnet mit Einnahmen aus der Einkommenssteuer von 26,4 Millionen Euro, 16,5 Millionen Euro an Gewerbesteuer und 4,4 Millionen Euro an Grundsteuer B. Das Aufkommen an Schlüsselzuweisungen des Freistaats wird mit 3,5 Millionen Euro prognostiziert.

Die größten Ausgaben: Für Personal sind (inklusive Versorgungsaufwendungen) 23,9 Millionen Euro angesetzt. Die Kreisumlage wird wohl 21,8 Millionen Euro betragen.

Im Finanzhaushalt wird mit Einzahlungen von 96,7 Millionen Euro und Auszahlungen von 110,7 Millionen Euro gerechnet. Die Kreditausnahme beträgt 10 Millionen Euro, die Tilgung 5,7 Millionen Euro und die Netto-Neuverschuldung 4,4 Millionen Euro. Der Schuldenstand wird auf 31,3 Millionen Euro steigen.

Der Anteil der geplanten Investitionen 2019 liegt bei 20,2 Millionen Euro. Die größten zehn Bauprojekte bis 2028 sind (in Millionen Euro, ohne Förderungen und Erlöse) Erweiterung/Sanierung Rathaus 9,3, Verlagerung Bauhof 8,9, Neubau Feuerwehr mit acht Wohnungen 5,7, Erweiterung Grundschule an der Philipp-Weiß-Straße 7,5, Neubau Schule West II samt Grunderwerb 26, Erweiterung Schule Nord 5,5, Neubau Kindergarten Nord mit JUZ/ASP 8,9, Sozialwohnungen Kindergarten Nord 4,6, Weiterentwicklung Waldfriedhof (Wohnungen/Verwaltung) 3,2 und Neubau Villa Kunterbunt 3,5.

Um das umfangreiche Investitionsprogramm bestreiten zu können, ist insgesamt eine Erhöhung der Verschuldung auf 67 Millionen Euro bis Ende 2022 geplant.

 

 

 

 

Kindergarten-Gebühren werden erhöht, Kosten für Hort und Mittagessen bleiben gleich

In den vergangenen 20 Jahren sind die Gebühren für die Kindertageseinrichtungen der Stadt nur zwei Mal marginal erhöht worden. Zwei Drittel der übrigen Träger sind zum Teil deutlich teurer als die Stadt. Um dem Defizit entgegen zu wirken, hat sich im November vergangenen Jahres der Ausschuss für Integration, Soziales, Jugend und Sport (ISJS) mehrheitlich für eine gestaffelte Erhöhung der Gebühren ausgesprochen (siehe RathausReport Dezember 2018). Zu der von der Verwaltung vorgeschlagenen Gebührenerhöhung waren im Vorfeld die jeweiligen Elternbeiräte der Einrichtungen angehört worden.

Die Gebührenanpassung sollte nach dem Vorschlag der Verwaltung stufenweise erfolgen. Bei den Kindergärten zum 1. September 2019 um 15 Euro und zwei Jahre später um weitere acht Euro. Wenn mehrere Geschwister eine Einrichtung im Stadtgebiet besuchen, gibt es eine prozentuale Ermäßigung.

Nachdem kurz vor der endgültig beschließenden November-Stadtratssitzung Alexa Zierl (Die PARTEI & FREI) umfangreiche, eigene Berechnungen vorgelegt hatte, wurde dieser Punkt nochmals zur Diskussion in den vorberatenden Ausschuss zurück verwiesen und stand im Januar erneut auf der Tagesordnung des ISJS und auch des Stadtrates.

Beide Gremien folgten der eingangs dargestellten Neuregelung der Gebühren, dem Änderungsantrag Zierl wurde damit nicht entsprochen.

Zierl hatte statt der linearen Erhöhung eine degressive vorgeschlagen, das heißt, dass die Eltern, die längere Buchungszeiten wählen, eine geringere Erhöhung, die Eltern mit kürzeren Zeiten eine höhere Gebührensteigerung zu erwarten gehabt hätten. Der Durchschnitt wäre bei 20 Euro gelegen. Mit dem nach ihrer Berechnung im Vergleich zum Vorschlag der Verwaltung höheren Überschuss sollten die Hortgebühren um 30 Euro gesenkt werden. Die Gebühren der Mittagsbetreuung sollten ihrer Ansicht nach ebenfalls reduziert werden. Die Stadt trägt das Defizit.

Der Ausschuss und Stadtrat folgten dem Vorschlag der Verwaltung für eine lineare Gebührenerhöhung, weil damit auch die vom Freistaat beabsichtigte gleichverteilte Gebührenentlastung in Höhe von 100 Euro monatlich für alle Eltern im Kindergartenbereich erzielt wird. Bei dem Zierl-Vorschlag fällt die Gebührenentlastung unterschiedlich hoch aus.

Bei den Horten war von der Verwaltung analog eine Erhöhung um fünf beziehungsweise acht Euro vorgeschlagen worden. Zudem sollten die Kosten der Eltern für die Verpflegung in den Einrichtungen zum 1. September 2020 angepasst werden. Je nach Anzahl der Tage wäre es eine Erhöhung zwischen 1,50 Euro und 2,50 Euro (beziehungsweise Hort 2 Euro) gewesen.

Es wurde mehrheitlich dem im Namen der BBV durch Andreas Ströhle gestellten Antrag entsprochen, eine Anpassung der Hort- und Essensgebühren derzeit nicht zu beschließen.

Damit erhöhen sich lediglich die Kindergarten-Gebühren um 15 Euro pro Monat und Buchungskategorie ab dem 1. September.




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Stand: 04/26/2024
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