Die Polizeischule im Nationalsozialismus

Seit dem Jahr 1924 befindet sich in Fürstenfeldbruck die Polizeischule, alle Gebäude des Klosters Fürstenfeld gingen in den Besitz der Ordnungsmacht über. Ab diesem Zeitpunkt wurden dort Angehörige der Polizei ausgebildet. In der NS-Zeit fand in der Polizeischule die Offiziersausbildung der Ordnungspolizei statt. Zu diesem Thema liegt nun ein Buch von Sven Deppisch vor: „Täter auf der Schulbank. Die Offiziersausbildung der Ordnungspolizei und der Holocaust“, hierauf beruht dieser Artikel. Die Polizeischule stellte in der NS-Diktatur einen wesentlichen lokalen Machtfaktor in Fürstenfeldbruck dar.

 

Ausbildung und Verbrechen

Die Ausbildungsinhalte wurden in der NS-Zeit in Teilen aus der Weimarer Polizeiausbildung übernommen. Die Staatsgewalt ging auch in den Jahren 1919 bis 1933 davon aus, dass der Gegner links stand und sich zu bewaffneten Banden formierte, sie kämpfte gegen „Partisanen“ und fürchtete sich vor kommunistischen Terror. An dieses Feindbild konnten die Nationalsozialisten anknüpfen, zudem luden sie es antisemitisch und ideologisch auf.

Die Ausbildung in der NS-Zeit war sehr militärisch und während der NS-Herrschaft in den Jahren 1937 bis 1945 absolvierten fast 1700 Polizeioffiziere ihre Ausbildung in Fürstenfeldbruck. Es herrschte eine Kontinuität in der Ausbildung und Ausrichtung der Polizeioffiziere, die von der Weimarer Republik und in Teilen bis in die frühe Bundesrepublik Deutschland reichte.
Polizeiverbände unter dem Kommando von Offizieren aus Fürstenfeldbruck begingen zahllose Massenverbrechen, diese reichte von niedergebrannten Dörfern über Massenerschießungen von Zivilisten bis zur Deportation von Juden in die Vernichtungslager. Die Polizeischule Fürstenfeldbruck war eine Kaderschmiede von Heinrich Himmler. Sie war ein zentraler Täterort des Nationalsozialismus und ein wichtiger Knotenpunkt im Koordinatensystem des Holocaust. „Weder das NS-Regime noch der millionenfache Judenmord wären ohne die Polizei möglich gewesen“ (S. 585).

Himmlers Machtapparat beabsichtigte während des Krieges, „seine Vertreter noch stärker auf den „auswärtigen Einsatz“ vorzubereiten“ (S. 154). In den Polizeiverbänden gewann die weltanschauliche Schulung zunehmend an Gewicht, die Polizeibeamten sollten zu überzeugten Nationalsozialisten geformt werden. Nach Berlin-Köpenick avancierte die bayerische Polizeihauptschule in Fürstenfeldbruck ab Mai 1937 zur zweiten Kaderschmiede der uniformierten Staatsmacht, ab diesem Zeitpunkt hieß die Schule „Polizeioffizier- und Schutzpolizeischule in Fürstenfeldbruck“.
Nach und nach konzentrierte sich die oberbayerische Lehranstalt auf die Offiziersausbildung. Die Zugführerausbildung beinhaltete Waffen- und Exerzierausbildung, Geländeausbildung, Gelände- und Kartenkunde, Waffenunterricht, Schießlehrgänge, Schießdienst und Körperschulung, dieser Fächerkanon war rein militärischer Art. Im zweiten Teil der Ausbildung im Jahr 1941 bestand der lehrplanmäßige Unterricht u.a. aus Taktik, Luftschutz, Kriegsgeschichte, Nationalpolitik/weltanschauliche Schulung, allgemeines und besonderes Polizeirecht, Kriminalistik und Waffenwesen. Immer wieder klagte die Staatsgewalt über einen großen Personalmangel.

Die Ordnungspolizei benötigte dringend neue Führungskräfte in den besetzten Gebieten, deshalb musste sie in Kriegszeiten mit Kandidaten vorliebnehmen, die sie in den Vorkriegsjahren keinesfalls ausgewählt hätte. Die angehenden Polizeiführer sollten in Fürstenfeldbruck vor allem auf den „auswärtigen Einsatz“ vorbereitet werden.

Die Polizeischülerschaft stammte vorwiegend aus der unteren Mittelschicht und gehörte der Generation an, die den Ersten Weltkrieg als Kinder oder Jugendliche erlebt hatten. Über 83 Prozent von ihnen traten der NSDAP bei und mehr als 93 Prozent schlossen sich der SS an. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die Täter straflos davon, niemand wurde für seine Verbrechen angemessen bestraft, einige waren in der Ausbildung junger Polizisten tätig.

 

Die Rolle der Polizeischule in Fürstenfeldbruck

In ihrer dienstfreien Zeit repräsentierten die Offiziersanwärter die Schule und den nationalsozialistischen Polizeistaat. Lehrer und Schüler nahmen am lokalen Geschehen teil und interagierten mit Einwohnern sowie mit den hiesigen Funktionären des NS-Staates. Die Polizeischule hatte einen großen Anteil am Aufstieg von Fürstenfeldbruck. Einige Lehrkräfte lebten in der Stadt Fürstenfeldbruck.

Die Nationalsozialisten veranstalteten für ihre Propaganda seit dem Jahr 1934 den „Tag der Deutschen Polizei“, bei dem Polizisten auf der Straße unterwegs waren und Spenden für das Winterhilfswerk sammelten. „Die Ordnungsmacht stellte sich dabei als Institution freundlicher und kinderlieber Beamten dar, vor der sich keine anständigen Bürger, sondern nur jene fürchten müssten, die dem Regime schaden wollten“ (S. 396). Ein weiteres wichtiges Ereignis für die Polizeischule war die jährlich stattfindende Feier zum Heldengedenktag, bei der sie einen festen Bestandteil des Programms darstellte. Die polizeiliche Lehranstalt versteckte sich keineswegs vor der Außenwelt, so nahm sie beispielsweise an kommunalen Festen wie an dem Faschingsumzug teil. „Als agil, sympathisch und volksnah konnte sich die Schulgemeinschaft vor allem über den Sport inszenieren“ (S. 407). Beispielsweise lud sie die Turn- und Sportgemeinschaft Fürstenfeldbruck mehrfach zu Eissportfesten ein. Auch an weiteren Sportveranstaltungen von hiesigen Vereinen und Organisationen nahmen die Angehörigen der Polizeischule teil. Die Polizeischule beteiligte sich an den regelmäßig stattfindenden Kreistagen der NSDAP, so beispielsweise im Jahr 1940 in Fürstenfeldbruck.

Sie fungierte in Fürstenfeldbruck auch als wichtiger wirtschaftlicher Faktor, ihretwegen erzielten die Kommune und die ansässigen Gewerbebetriebe höhere Einnahmen. „An den Offiziersanwärtern dürften insbesondere Wirtshäuser, Metzgereien, Bäckereien, Wochenmärkte und Kramerläden verdient haben, wobei auch die schulische Kantine ihre Lebensmittel höchstwahrscheinlich aus der Region bezog“ (S. 411). Die Polizeischule beauftragte darüber hinaus Brucker Handwerksbetriebe und Bauunternehmen, um neue Gebäude zu errichten und die Schule zu sanieren. Der Lehrbetrieb beschäftigte auch einige Arbeiter und Angestellte, die aus der Stadt und der näheren Umgebung stammten. Die Polizeischüler und die Bevölkerung hatten also eine Reihe gemeinsamer Berührungspunkte.



Foto: Polizei-Offizier- und Schutzpolizeischule Fürstenfeldbruck/ Privatarchiv Sven Deppisch




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Stand: 04/24/2024
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