RathausReport Oktober 2019: Die Kanalisation des westlichen Viertels in den 1930er Jahren

Im Rahmen des sogenannten „Reinhardt-Programms“ führte die Stadt Fürstenfeldbruck in der Mitte der 1930er Jahre die Kanalisierung des westlichen Stadtviertels durch. Es handelte sich um ein Arbeitsbeschaffungsprogramm des NS-Regimes. Träger der Maßnahme war die Marktgemeinde Fürstenfeldbruck. Die Arbeiten begannen im März 1934 und endeten im August 1934.

Das „Reinhardt-Programm“
Dieses Programm war ein wirtschaftspolitisches Sozialprogramm zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit. Es wurde benannt nach Fritz Reinhardt, dem Staatssekretär im Reichsfinanzministerium. Bereits am Ende der Weimarer Republik empfahlen dem Keynesianismus zugeneigte Finanzexperten wie Fritz Reinhardt oder Carl Schmitt die Schaffung von wirtschaftspolitischen Anreizen, die darauf zielten, die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zu steuern und die Wirtschaft durch vermehrte Staatsaufgaben sowie durch eine expansive Geldpolitik zu beleben. Das „Reinhardt-Programm“ enthielt Gesetzgebungen zur Arbeitsbeschaffung, zur Steuererleichterung und Bestimmungen über den Einsatz von Arbeitskräften. Der Start  war am 1. Juni 1933. Damit hatte Deutschland im Jahr 1936 die Weltwirtschaftskrise überwunden, der Preis hierfür waren staatliche Schulden.

Die Kanalisierung des westlichen Viertels
Fürstenfeldbruck hatte im Jahr 1933 64 Straßen und Plätze, im Oktober 1933 gab es 92 Arbeitslose. Die Kanalisierung des westlichen Stadtviertels wurde am 2. Mai 1934 begonnen, betroffen waren die Aicher Straße, die Kaiser-Ludwig-Straße, die Ferdinand-Millerstraße, die Stiglmayrstraße, die Pucher Straße, die Unfaltstraße, die Goethestraße, die Bismarckstraße, die Schillerstraße und die Puchermühlstraße. Bereits im Juli 1933 stellte die Marktgemeinde Fürstenfeldbruck beim Landesarbeitsamt Bayern den Antrag auf ein Darlehen von circa 25.000 Reichsmark (RM). Im September 1933 beantragte der Hauptausschuss des Gemeinderates im Rahmen des Gesetzes zur Verminderung der Arbeitslosigkeit 28.000 RM zur Kanalisierung des westlichen Viertels von Fürstenfeldbruck. Im Hauptausschuss saßen Bürgermeister Adolf Schorer, Konditoreibesitzer Michael Härtl, Reichsbahninspektor Lorenz Mark, Fabrikant Fritz Paulin, Forstdirektor a. D. Otto Mang und Kaufmann Josef Holterhoff. Im Januar 1934 wurde durch das Landesarbeitsamt die Grundförderung genehmigt.
Letztlich erhielt die Marktgemeinde aus dem „Reinhardt-Programm“ ein Darlehen von 43.500 RM, die Gesamtkosten betrugen ca. 48.000 RM laut Endabrechnung der beteiligten Firmen. Die Summe von 43.500 RM wurde von der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten in Berlin bereitgestellt.
Der Marktgemeinderat begründete seinen Antrag beim Landesarbeitsamt Bayern mit der „volksgesundheitlichen und volkswirtschaftlicher Bedeutung“. Die Beschäftigten sollten 40 Stunden in der Woche arbeiten. Die Notstandsarbeit war nach Meinung der Gemeinde nicht ohne Förderung durchführbar, da die Maßnahmen eine außerordentliche Ausgabe darstellten, die aus laufenden Betriebsmitteln nicht gedeckt werden konnte. Facharbeiter sollten 81 Pfennige und Hilfsarbeiter 67 Pfennig pro Stunde erhalten. Im Februar 1934 wurde der Bauvertrag mit den Unternehmern abgeschlossen, die Arbeiten begannen am 15. März 1934. Am Bau beteiligt waren die Firmen Leo Hoch, Anton Schwarz und Anton Uhl. Die Firma Hoch beschäftigte 21 Arbeiter und die Firma Schwarz durchschnittlich 16 Arbeiter. Die Firma Leo Hoch erledigte den Erdaushub für den Rohrgraben, den Einbau von Einsteigschächten, den Einbau von Straßensinkkästen und die Rohrverlegung, desgleichen die beiden anderen Firmen. Nichtdeutsche Baustoffe kamen nicht zum Einsatz.

Stadtarchivar
Dr. Gerhard Neumeier

Die Hauptstraße 1909 vor der Kanalisation. //Foto: Stadtarchiv





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82256 Fürstenfeldbruck

Stand: 04/16/2024
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